die Menscheiinatur erst eintretenden Wesen, noch wie Kinder
durch Hinweisung auf Belohnungen angereizt werden müssten,
oder überhaupt unter den allegorischen Ausmalungen der Himmel
und Höllen zu erziehen sein. Wenn von irgend einer Beligion,
würde es sich gerade von der buddhistischen sagen lassen, dass
das Gute seiner selbst willen zu üben sei, denn die sonst immer mitwirkende
Verführung der himmlischen Belohnungen kann im
Buddhismus um so weniger in Frage kommen, da die wirklich
Tugendhaften absichtlich dahin streben, dieser nicht theilhaft
zu werden, sie vielmehr zu vermeiden, um desto ungestörter im
Guthandeln zu verharren und desto rascher das erstrebte Ziel
des vollkommenen Gutseins zn erreichen. Hier kann insofern von
einem Guten um des Guten willen geredet werden, da hier allein
der sonst stets störende Zwiespalt gleichzeitiger Belohnungen,
mit denen man liebäugelt, fortfällt, obwohl natürlich auch dann
das Gute nur deshalb des Guten wegen geschieht, weil es die
Belohnung in sich selbst findet (oder zugleich geistige Freuden,
die den an sinnliche allein Gewöhnten unverständlich sind,
in Aussicht stellt). Jene rettende Weisheit*), des Buddhismus,
die die Avixa oder Dummheit vernichtet, begreift aber nicht
etwa die Gelehrsamkeit, deren mit irdischem Tand beschäftigtes
Vielwissen der nach Abstraction strebenden Seele vielmehr
mancherlei Hindernisse in den Weg legt, sondern einfach
die normale Gesundheit des Menschenverstandes, die dem Grössten
und Kleinsten, für den Armen leichter für als den Reichen, zugänglich
ist. Die Scala der guten und bösen Handlungen**),
*) Mangel an Belehrung (neben Vernachlässigung des Guten und Hinneigung
zum Bösen) führt nach den Triaden in den Strudel der Prüfungen zurück.
**) Laotse leitet das Böse aus der Erkenntniss des Guten ab, die Abgrenzung
des Guten lässt das Laster erst hervortreten (Plänckner). In Leibnitz’ bester Welt
stützt sich das Böse nicht auf positive Ursache, sondern auf einen Mangel (causa
deflciens). Dem damaligen Weltsystem gemäss lag für Plato das Gute in der
massvoll beschränkten Idee gegenüber dem Bösen des Apeirou oder Unbegrenzten,
oder der verdienstlichen und verdienstwidrigen, gliedert sich nun
im Buddhismus nach der natürlichen Anlage der Menschennatur,
nach dem Widerstreit des sexuellen "'und psychischen Poles, der
schon im Embryo hervortretenden Doppelheit der Geschlechtsorgane
und der Gehirnentwicklung, die nach der Geburt mit den
Jahren der Mannbarkeit in eine neue Phase eintritt. Die Handlungen
der Thiere werden vorwiegend aus der Geschlechtssphäre
regiert, und den sinnlichen Trieben, die mehr oder weniger eng
damit Zusammenhängen. Aehnlich verhält sich die eben erst
aus dem Thierischen abgelöste Menschenexistenz auf ihrem untersten
Stadium, wo geistige Ueberlegung noch ziemlich machtlos
ist, eine Determination zu erzwingen, wenn ihnen gegenüber
auf der ändern Seite die schwerer wiegenden Gründe materieller
Sinnlichkeit die Wagschale hinabziehen. Die ganze Erziehung
des Menschengeschlechts beruht darauf, die Entwicklung und
Ausbildung des psychischen Poles*) möglichst zu fördern und zu
begünstigen, so dass die Wesenheit in jeder neuen Existenz**)
mit abgeschwächter Sinnlichkeit und dagegen mit stärkerer und
vermögenderer Geistesthätigkeit geboren wird, um schliesslich
während später im Ewig-Unendlichen die Gottheit gesucht wurde. Wir werden
uns des Guten als sittlicher Anforderung, als Pflicht und Gesetz immer nur an
seinem Gegensatz (dem Bösen) bewusst (s. Zeller).
*) Bonas enim animas (xa ia Hhaxcova) supercoelesti loco relicto, sustinuisse
venire in hunc tartarum et corpore suscepto, malorum omnium, quae ex genera-
tione contrahuntur, fuisse participes existimant (Gl. Al.). Animae per angelos in
uterum immittuntur.
**) Kes autem haec, quae mors vocatur, non est mors, quippe quae nihil
perire facit, sed resolutio (Servius). Plato betrachtet den als Gewinn zu ersehnenden
Tod als einen traumlosen Schlaf. Auch das im Laufe der geistigen F o rtbildung
erworbene Denken ist wieder zu überwinden, denn qui äuget scientiam,
anget et dolorem (Koheleth). In Leibnitz’ Optimismus besteht die grösste Steigerung
der Thätigkeit und also das höchste Glück und die Vollkommenheit des
Menschen d a rin , dass sie zu einer erhabeneren Erkenntniss gelange. Dès que
l’âme a reçu l’instruction par l’intelligence, elle désire se détacher des biens mondains
(El-Chathibi) nach den Harrauiteu (Schmölders).
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