umgiebt. Hier verharrt der junge Wurm nur kurze Zeit; er schlüpft sehr bald durch die Yulva aus und
macht dann als echter Schmarotzer innerhalb der Wurzel eine zweite Entwicklungsphase durch, vermöge
deren er sich von der geschlechtslosen Larve zum Geschlechtsthiere umwandelt.
Die postembryonale Entwicklung.
Die postembryonale Entwicklung unserer Heterodera geschieht, wie die der meisten Nematoden,
vermittelst einer Metamorphose. Allein während dieser Bildungsprozess gewöhnlich in ziemlich einfacher
Weise verläuft, indem die geschlechtslosen Formen unter mehr oder minder zahlreichen Häutungen direkt
in die geschlechtlichen Individuen übergeführt werden, gestaltet sich hier die Metamorphose wesentlich
komplizierter. Denn nicht nur, dass wir aus den freilebenden beweglichen Larven eine weitere sessile und
parasitäre Form hervorgehen sehen, auch die Art und Weise, wie sich aus dieser letzteren die Geschlechtsthiere
hervorbilden, ist eine so eigenthümliche, dass wir uns vergeblich nach einem Analogon bei den übrigen
Rundwürmern umschauen. Wie die nachfolgende Darstellung zeigt, entwickelt sich das Weibchen unserer
Heterodera niemals über die zweite Jugendform hinaus. Es behält deren Charaktere in Bau und Lebensweise
bei, und kann demgemäss als ein Geschöpf aufgefasst werden, das bereits auf einer larvalen Stufe
zur Geschlechtsreife gelangt und sich fortpflanzt. Beim Männchen vollzieht sich die Metamorphose anders
und weniger einfach. Hier folgt auf die zweite Larve noch ein der Insektenpuppe vergleichbares Ruhestadium,
und erst daraus entsteht das agile, schlanke Geschlechtsthier. "
Die erste freilebende Larvenform,a) der wir uns zunächst zuwenden, stellt ein kleines, ca. 0,36 mm.
langes und 0,16 mm. dickes Würmchen dar, das die gewöhnliche cylindrische Nematodengestalt besitzt.
Sein hinteres Ende läuft in eine ziemlich lange, hinten etwas abgerundete, kegelförmige Schwanzspitze aus;
dem Vorderende hingegen sitzt die Kopfkappe auf, die in ihrem Baue mit defjenigen des Männchens völlig
übereinstimmt. Die Cuticula ist schön geringelt und zeigt zwei breite Lateralfelder, deren linkes das einfache
Exkretionsorgan aufnimmt. Durch die weite Leibeshöhle, die jedoch die Schwanzspitze nicht erreicht,
sondern bereits in einer Entfernung von etwa 0,04 mm. davor endet, zieht gestreckt der Darmtraktus mit
seinen drei Abschnitten, dem Oesophagus, dem eigentlichen Darme und dem Rectum. An seinem Anfänge
trägt derselbe einen Stachel,4) der hier, bei der Larve, gemäss seiner Aufgabe-eine sehr bedeutende Ausbildung
erfahren hat. Er hat durchschnittlich eine Grösse von 0,023 min., ist hohl, veijüngt sich nach vom
und verdickt sich an seiner Basis zu drei deutlichen knopfformigen Anschwellungen, die durch ihre hakenartigen
Krümmungen nach oben von den entsprechenden Gebilden am Stachel des Männchens und Weibchens
deutlich verschieden sind. In seinem morphologischen, wie histologischen Verhalten zeigt der Digestionsapparat
sonst keine wesentlichen Differenzen von dem des männlichen Geschlechtsthieres. Nuf mag hier
hervorgehoben werden, dass das innere Chitinrohr des ersten Oesophagealtheiles noch mehr als beim
Männchen spiralig aufgewunden erscheint, und der Darm, wie bei anderen kleinen Nematoden, aus zwei
Reihen Zellen zusammengesetzt ist, die durch das in ihnen angehäufte Dottermaterial ein glänzendes, gelbes
Aussehen haben. Meist ist auch die Leibeshöhle mit runden, bräunlichen Körnchen erfüllt, so dass oft
durch diese Trübung die Analyse der inneren Organisation erschwert wird. Besonders ansehnlich ist
dieser Kömerreichthum, wenn die Larve eben erst die Eihülle verlassen hat; später dagegen verlieren sich
die Körnchen mehr und mehr. — Was die Muskulatur anbelangt, so bestehen deren Elemente, wie später,
aus spindelförmigen Zellen mit Mark- und kontraktiler Substanz, die in vier Feldern sich anordnen, und zu
fünf in je einem solchen Felde auftreten. Der deutliche Schlundring liegt in Form eines gleichmässig breiten
Bandes direkt hinter dem Bulbus. Den Poms excretorius trifft man in der Mittellinie des Bauches
ungefähr in der Höhe des hinteren Oesophagealendes. Ebenso findet sich auch die Genitalanlage auf der
ventralen Seite des Darmes etwas hinter der Körpermitte. Sie hat, wie schon früher bemerkt, eine ovale
Gestalt und erweist sich als eine Protoplasmamasse mit ursprünglich zwei Kernen, die sich sehr bald zu
einer grösseren Anzahl vermehren.
Die Larve hat somit eine grosse Uebereinstimmung mit dem ausgebildeten Männchen, wie denn
überhaupt bei den dimorphen Nematoden das letztere gewöhnlich die Charaktere der geschlechtslosen Form
weit mehr bewahrt, als das Weibchen. Nehmen wir von dem Genitalapparate Abstand, so bestehen die
Unterschiede hauptsächlich in der Grösse, der Form des Schwanzes und der Gestalt des Stachels.
Die Zeit, in der unser so organisiertes Würmchen der mütterlichen Brutkapsel entschlüpft, hängt
nicht allein, wie selbstverständlich, von der Ausbildung desselben ab, sondern auch von äusseren Umständen.
Wärme und Feuchtigkeit scheinen die Hauptfaktoren für sein Wanderleben zu sein. Erst wenn
diese Bedingungen erfüllt sind, verlässt es die schützende Hülle und windet sich unter schlängelnden Bewegungen,
beständig den Stachel vor- und rückwärts stossend, durch die Erde, um eine geeignete Nährpflanze
zur Weiterentwicklung aufzusuchen. — Bei dem 'hohen Interesse, welches män schon seit langer Zeit
den Existenzbedingungen der Anguilluliden geschenkt hat, insbesondere auch der Fähigkeit einzelner Arten,
nach dem Austrocknen wieder aufzuleben — eine Erscheinung, die zuerst von Baker 1775 bei Tylenchus
tritici entdeckt wurde, und die Davaine11) später einer eingehenden Untersuchung unterwarf hielt ich es
für angemessen, auch den Rübennematoden auf diese merkwürdige Eigenschaft zu prüfen.
Unsere Heterodera ist im Gegensatz zu vielen kleinen Rundwürmern, die an Pflanzen schmarotzen,
ein echter Wurzelparasit, der nur ganz kurze Zeit bei seiner Wanderung in der Erde verweilt, also nie
direkt dem wechselnden Feuchtigkeitsgehalte der Atmosphäre ausgesetzt ist, vielmehr gewöhnlich in
einem Medium lebt, dem eine gewisse Wassermenge zukommt. Wohl schon daraus lässt sich a priori
erschliessen, dass, wenn dieselbe überhaupt dem Mangel an Feuchtigkeit zu trotzen vermag, diese Fähigkeit
bei ihr an weit engere Grenzen gebunden sein wird, als bei ihren Verwandten. Und die Versuche
scheinen das zu bestätigen.
In der Voraussetzung, dass die Anwendung einfacher Mittel mir schon genügende Aufklärung über
diesen Punkt zu geben vermöchte, stand ich von der Benutzung einer Luftpumpe ab, zumal sehr eingehende
derartige Untersuchungen eine längere Zeit erfordern, als die war, über welche ich verfügen konnte.
Wie Pouchet bereits bei früheren anderweitigen Experimenten, bediente ich mich zunächst bei meinen
Versuchen eines einfachen Objektträgers. Auf diesen brächte ich das sich lebhaft schlängelnde Würmchen
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