Embryo auf irgend eine Weise wiederum in die Schnecke gelangen müsse, um da zu dem Leucochloridium
auszuwachsen, ergab sich dann von selbst.
Mit Ausnahme einiger Referate über die Zeller’sche Arbeit sind nun bis heutigen Tages keine
weiteren Mitteilungen erschienen, welche thatsächlich Neues zu dem bereits Bekannten hinzufügten.
Meine eigenen Untersuchungen nun, zu deren Darstellung ich jetzt übergehe, haben vor allem den
Zweck gehabt, das bis jetzt Bekannte einer erneuten Kritik zum Teil mit Hülfe ausgebildeterer Untersuchungsmethoden
zu unterwerfen, das bis jetzt nur Vermutete aber durch Experimente und Versuche zu
begründen, und so unseren Parasiten auf seinem gesammten Lebenswege zu verfolgen. Wenn über einige
Punkte hierbei die völlige Klarheit noch nicht erzielt werden konnte, so hat das seinen Grund in der zum
Teil ausserordentlichen Kleinheit und Zartheit der Objecte, welche die Beobachtung allenthalben erschwerten,
Lücken, die aber durch spätere Beobachtungen noch auszufüllen sein werden.
Bei der Darstellung werde ich im allgemeinen chronologisch vorgehen, d. h. nach einander zunächst
das Leucochloridium, das geschlechtsreife Tier, darauf Embryonalentwicklung, Entstehung der Sporoyste
und schliesslich Keimballenbildung behandeln.
Die gesammte Untersuchung nahm mit kleinen Unterbrechungen die Zeit vom November 1885 bis
zum Dezember 1887 in Anspruch, nachdem Sommer und Herbst 1885 fast ausschliesslich zu biologischen
Beobachtungen, sowie zur Beschaffung von Material verwendet worden waren. Letztere wurde zuerst so
betrieben, dass möglichst viele Schnecken gesammelt und zu Hause die infizierten ausgesondert wurden; da
bei diesem Verfahren jedoch die Gefahr nahe lag, durch zu starke Verminderung der Zahl der Suecineen
ein häufiges Fortbestehen des Parasiten in Frage zu stellen, so wurden später die'Schnecken gleich an Ort
und Stelle angesehen und nur die infizierten zurück behalten, ein Verfahren, welches zwar langwieriger
war, bei einiger Übung aber immerhin genügende Resultate ergab.
Von den anfänglich eingesammelten Schnecken erwies sich unter ungefähr 500 Stück eine als mit
Leucochloridium behaftet; auf einem kleinen sumpfigen Terrain, das nachmals von mir hauptsächlich als
Jagdrevier benutzt wurde, fand sich dagegen schon unter 50—70 Individuen der Schnecke ein infiziertes
Exemplar.
Es erübrigt nun noch, einiges über die von mir angewandten Methoden zu sagen; wohl von selbst
versteht es sich, dass die Beobachtung intra vitam den ersten und hauptsächlichsten Platz einnahm; erst wo
diese im Stiche liess, sowie zur Controle der auf diese Weise erlangten Resultate wurde zur Behandlung
der Objecte mit Reagentien, sowie zur Conservierungs- und Schnittmethode geschritten.
Die Abtötung und Conservierung der Tiere geschah vermittelst einer kaltgesättigten Sublimatlösung
von Stubentemperatur; nach ausgiebiger und sorgfältiger Auswässerung des Quecksilbersalzes wurden die
Objecte in 96% Alkohol aufbewahrt. Die Färbung geschah vermittelst verschiedener Färbeflüssigkeiten;
die besten Resultate hatte ich mit Hämatoxylin, sowie mit nicht saurem Boraxkarmin, welches mit Säurealkohol
ausgezogen wurde. Das Einbetten geschah nach der Entwässerung mittelst Alkohol, nach Überführung
der Objecte durch Nelkenöl und Terpentin, zumeist in . Paraffin.
Da die zarten Elemente unseres Tieres nach dem Schneiden jedoch nicht immer in einheitlich guter
Weise erhalten wurden, so verwendete ich Celloidin zur Fixierung derselben. Ich brachte die Objecte dann
aus dem absoluten Alkohol in ein Gemisch von gleichen Teilen Alkohol und Äther, darauf in reihen Äther
und aus diesem in eine dickflüssige Lösung von Celloidin in Äther. Nachdem dieselben hier mehrere Tage
gelegen, überführte ich sie in Origanumöl und dann in Paraffin.
Die so eingeschmolzenen Objecte wurden jedoch, wahrscheinlich in Folge der Behandlung in der
Wärme, so hart und spröde, dass ein Schneiden derselben unmöglich ausführbar war. Es wurden deshalb
die Präparate in reinen Äther von dem 10—20 fachen Volumen zurückgeführt und so das Celloidin bis auf
wenige Reste völlig ausgezogen. Diese geringen Überbleibsel aber genügten, um ein Schrumpfen sowohl,
wie ein Reissen der zarten Gewebselemente zu hindern und so recht brauchbare Bilder zu liefern.
Die Schnitte wurden zuerst nach der Giesbrecht’schen Schellackmethode auf dem Objectträger geordnet
und befestigt; da man hier jedoch vor einem schliesslichen Davonschwimmen der Schnitte nie ganz
sicher ist, so verwendete ich später mit recht gutem Erfolge das Mayer’sche Eiweissglycerin; dasselbe bot
vor allem neben der absolut sicheren Wahrung der Lagerungsverhältnisse selbst der kleinsten Teilchen die
Möglichkeit des Nachfärbens auf dem Objectträger.
Wenn übrigens gewisse Resultate mittelst einer besonderen Methode erlangt wurden, so wird dieses
Verfahren an der betreffenden Stelle eingehend geschildert werden; es ist wohl kaum nötig, zu erwähnen,
dass dies für die objective Beurteilung und Controlierung einer Arbeit und ihrer Resultate .von^ entschiedenster
Bedeutung ist.
Vorkommen und Verbreitung.
Das Vorkommen des Leucochloridium paradoxem ist unseren jetzigen Erfahrungen zu Folge an
das Vorhandensein der Suecinea amphibia gebunden; bis heutigen Tages wenigstens liegen keine Mitteilungen
vor, dass eine andere Schneekenart als Träger unseres Parasiten- beobachtet worden wäre; auch hat es mir
trotz verschiedener Versuche njeht gelingen wollen, eine andere der bei uns häufig vorkommenden Gasteropoden-
arten künstlich mit Leucochloridium zu infizieren.
Keineswegs ist aber da, wo die Suecinea vorkommt, überall auch das Leucochloridium zu Hause;
im Gegenteil scheint; dieses keine allzu weite Verbreitung zu haben. Eine weitere Existenzbedingung für
dasselbe is t natürlicherweise auch das 'Vorkommen. der betreffenden Vogelarten, welche die Träger des ausgebildeten
Distoumms sind; dies können andererseits wiederum nur solche sein, welche Wie die Succmea
in feuchten und sumpfigen Wäldern vorzugsweise ihren Aufenthalt haben. Nurfan derartigen Stellen sind
die Bedingungen für die Weiterentwicklung der Distomenbrat gegeben, ganz abgesehen davon, dass nur
an dem Wohnort der Schnecke, selbst die Infection der Vögel stattfinden kann. Es können nämlich,
wie sich durch mehrfache Versuche -.ergeben hat, die Eier des Distomum macrostomum ein Eintrocknen
nicht vertragen; in je höherem Maasse also an einem Orte die mit. dem Kote der Vögel abgegangenen
Eier der'Eventualität des Austrocknens ausgesetzt sind, um so .geringer wird für sie die Wahr-
scheinlichkeit sein, in lebens- und entwicklungsfähigem Zustande in die Schnecken übertragen zu werden.
In Folge dessen werden feuchte Laubwaldungen, wie sie vielfach die Niederungen von Flussthälern
begleiten, die vorzüglichsten Fundorte des Leucochloridium sein, da sie einerseits den Schnecken passende
Aufenthaltsorte, den Vögeln, aber gute Nistplätze, sowie r e ic h lÄ Nahrung gewähren, so dass hier Existenz-
und Entwicklungsbedingungen für dasselbe in denkbar günstigstem Maasse Zusammentreffen. Dass dies in