Die kleinen Kerne dei Bindegewebszellen treten deutlich durch Ihre starke Färbung hervor, weniger
deutlich sind- die Kerne der hellen Zellen, doch erkennt man auch sie leicht hei einiger Aufmerksamkeit.
Das System der P a i e n c h y m m u s k e in zeigt wie der ganze Hautmuskelschlauch im allgemeinen
bei unserem Wurme keine besonders mächtige Entwicklung. Die einzelnen Fasern sind dünn und schwach
und durchziehen in verschiedenen Abständen von einander die Masse des Tierleibes. Nur die nach den
Haft- und Locomotionsorganen, das ist den Saugnäpfen, hinziehenden Faserzüge zeigen eine bedeutendere
Entwicklung, namentlich was ihre Zahl anlangt. Es lassen sich hier verschiedene Gruppen unterscheiden.
Vor allem mächtige und zahlreiche Muskeln laufen von dem Vorderteile des Mundsaugnapfes aus schräg
nach hinten nach der Körperwand; durch ihre Contraction ziehen sie den Vorderteil des Wurmkörpers
lippenartig über die Ränder des Mundsaugnapfes empor. -
Eine Insertion der Fasern an der Hautschicht nach vorhergehender pinselförmiger Auflösung, wie
dies verschiedentlich (Kerbertl) Looss aj) beschrieben worden ist, scheint bei diesen Muskeln nicht statt zu
finden, während ich es bei den übrigen Parenchymmuskeln nicht selten beobachten konnte; dagegen setzen
sich dieselben mit den Längs- und Diagonalzügen des Hautmuskelschlauches in Verbindung.
Auch von dem Umfange des Bauchsaugnapfes aus geht ein Complex von Muskelfasern nach der
Rückenfläche des Körpers empör, die in der Hauptsache in der Mantelfläche eines Kegels ungeordnet liegen,
ohne -jedoch zu einer geschlossenen Muskelhaut zusammen zu treten. Was die Verbindung aller dieser
Parenchymfaserzüge mit den Saugnäpfen resp, deren Muskulatur anbelangt, so ist „ein directer Übergang
dieser Muskeln in die Muskulatur des Saugnapfes bei Distomen nur selten zu constatieren“.») Und das um
so mehr, als die betreffenden Verhältnisse fast nur an Schnitten studiert werden können, auf denen natürlicherweise
die in den verschiedenen Richtungen des Raumes verlaufenden und mannigfach sich kreuzenden
Muskelzüge nicht in längerem Verlaufe getroffen werden können. Was aber durch sorgfältige Berechnung
und bewusste Absicht nicht erzielt wird; -düs- gibt vielfach der Zufall an die Hand; so auch hier; auf einem
Schnittpräparate vöü Distomum hepaticum, das ich der Güte des Herrn Geheimrat Leuckart verdankte,
konnten zwei breite Muskelbärid'or bis weit hinein in den Saugnapf verfolgt werden-, wo sie am Rande des
Lumens hin nach vorn verliefen und schliesslich zwischen den Saugnapfmuskeln endigten. Auch bei unserem
Distomum. macrostomum war ein solches-Verhalten der in Rede stehenden Parenchymfaserzüge nicht selten
nachzuweisen, wenngleich es mir niemals glücken wollte, ein derartig schönes Präparat, wie das von Distomum
hepaticum zu Gesicht zu bekommen.
Dass durch ein solches Eindringen in die Saugnäpfe die gegenseitige Verbindung der betreffenden
Elemente nicht unbedeutend erhöht wird, bedarf wohl kaum des Nachweises.
Der V e r d a u u n g s ap p a r a t entspricht in seinem Baue vollständig dem der übrigen Trematoden.
An den äusserst stark und kräftig entwickelten Mundsaugnapf schliesst sich ein ebenfalls ansehnlicher
Pharynx an, der fast unmittelbar in-die beiden einfachen Darmschenkel überführt. In histologischer Hin-
sicht dürfte noch das Folgende erwähnenswert sein.
Der M u n d s a u g n a p f ist, wie gesagt, ein sehr kräftiger Hohlmuskel, welcher den grössten Teil
*) 1. c. pag. 514.
8) 1. c. pag. 401.
*) Leuckart. Die Parasiten des Menschen. 1886. IL TeiL pag. 21.
des vorderen Körperendes einnimmt. Er ist 0,35 mm lang, 0,3 dick und besitzt ein grösstes Lumen von
0,13 mm. Seine Wandungen (durchschnittlich 0,09 mm dick) sind am Rücken etwas höher gewölbt als am
Bauche; es ragt auch die dorsale Wand etwas über die] ventrale vor, so dass, wie bereits an anderer Stelle
(cf. pag. 29) hervorgehoben, die Öffnung desselben nicht nach vorn, sondern sehr nach unten gerichtet erscheint.
Nach aussen wird der Mundsaugnapf begrenzt von einer zarten Membran (0,0007), innen von einer
etwas dickeren Haut (0,0012), welche den Eindruck einer Cuticula macht, da zellige Elemente in ihr nicht
wahrnehmbar sind und sie sich ausserdem mit Farbstoffen stark und homogen färbt.
Von dieser inneren und äusseren Begrenzungshaut umschlossen finden sich dieselben Muskelgruppen,
wie sie auch sonst bereits bekannt sind; die Äquatorial- und Meridionalfasern sind schwächer ausgebildet,
während die Radiärzüge auch hier die grösste Mächtigkeit besitzen. Nur an den Lippen nehmen auch die
Ringmuskelzüge eine etwas stärkere Entwicklung (0,006 mm) an.
Die Radiärfasern stehen nicht an allen Stellen gleich dicht; namentlich da, wo sie am spärlichsten
gelagert erscheinen, tritt auch das die Grundmasse des Saugnapfes bildende Gewebe deutlich hervor; es entspricht
dasselbe in seiner Ausbildung völlig demjenigen, welches wir auch als die Grundmasse des übrigen
Körpers keimen; indem zwischen die Maschen des aus den kleinen und dunkel sich färbenden Zellen zusammengesetzten
Netzwerkes die grossen blassen und membranlosen Zellen sich eingelagert finden (cf. Fig. 18 u. 19).
Die eben geschilderten Verhältnisse gelten in gleicher Weise natürlich auch für den Bauchsaugnapf,
nur dass dieser etwas grösser ist (er misst 0,3 mm in der Länge, 0,4 in der Breite bei einem grössten
Lumen von 0,38 mm, die Wandungen sind 0,08—012 mm dick) und im ganzen einen etwas festeren und
kräftigeren Bau erkennen lässt.
Die Lippen des Mundsaugnapfes sind beim lebenden Tiere, so lange es keinen passenden Fixationspunkt
hat (was ja gewöhnlich während der Beobachtung unter dem Mikroskope der Fall ist) in einer fortwährenden
Bewegung, die sich auch der kragenartigen Hervorragung der Körpermasse am vorderen Leibesende
mitteilt und dadurch wahrscheinlich das von Zeller beobachtete Undulieren desselben hervorruft.
In histologischer Hinsicht zeigt die Muskulatur dieser Lippen einen etwas abweichenden Aufbau.
Man sieht nämlich auf einem in der Meridionalebene des Saugnapfes geführten Schnitte (cf. Fig. 19) von dem
äussersten Rande desselben aus nach rechts und links unter 45° nach der äusseren und inneren Grenzmembran
des Mundsaugnapfes hin Muskelbündel verlaufen, von denen das nach der inneren Wand hmziehende stets
stärker ist, als das andere. Da die unteren Enden dieser Faserzüge durch die ersten Radiärmuskeln verbunden
werden, so erblickt man gewöhnlich auf einem solchen Schnitte in dem oberen Rande des Saugnapfes
ein durch die erwähnten Lippenmuskeln und die obersten Radiärfasem gebildetes Dreieck, welches,
da sein Innenraum von Muskeln völlig frei ist, die Zellen des Grundgewebes deutlich erkennen lässt.
An dem Bauchsaugnapfe findet sich eine Lippenmuskulatur in dem ausgesprochenen Maasse, wie
bei dem Mundsaugnapfe, nicht vor, dagegen kann man auch hier des öfteren die ganz der übrigen Korper-
masse gleichende Struetur des Grundgewebes erkennen.
Es scheint dieses letztere eine ganz ausgesprochene elastische Function zu haben, indem es beb
seiner augenfällig weichen Beschaffenheit bei einer Contraction der Saugnapfmuskeln zusammengedrüokt
werden kann, bei einem Nachlassen der Muskelkraft aber durch seine Elastizität die ursprüngliche Form
von selbst wieder herstellt.