zweige redueirt ist, herrscht in der Zahl und Anordnung der Individuen völlige Uebereinstimmung.
Während aber bei Plumatella die Zweige rings vom wohl entwickelten Integument umgeben sind, haben wir
in der Cristatella-Yigur statt der lateralen Partien nur die gespaltenen Septen vor Augen, und hier wird
es offenbar, dass die Septen nichts Anderes sind als rudimentär angelegte Cystidtheile, Reste der Kolonialwand,
die unter dem Einfluss gegenseitigen Druckes schliesslich nur noch als mesodermale Duplicatur
unter gänzlichem Wegfall des Ectoderms auftrat und so scheinbar zu einem blossen Diaphragma der
Leibeshöhle herabsank.
Halten wir diese Deutung, die auch mit den entwickelungsgeschichtlichen Thatsachen übereinstimmt,
fest, so erscheint uns die Kolonie Fig. 57 in einem neuen Lichte. Da jede' Knospe auf eine
ältere und alle zusammen auf die drei ersten Individuen eines ausschlüpfenden Embryo zurückgehen, die
auch wieder in engerem Verein ihre Entstehung nahmen und wahrscheinlich durch die Polypide I, II,
HI repräsentirt werden, so bildet der ganze Stock einen Complex dicht gedrängter, radial sich verbreitender
Zweige, welche ihm nahezu den gleichen morphologischen Werth verleihen, wie der in Fig. 20,
Taf. II, dargestellten Kolonie von Alcyonella. Durch Verkürzung sämtlicher Glieder derselben könnte
man sich leicht ein Stadium herbeigeführt denken, wo die Cystide lateral mit einander verschmelzen, und
die Aehnlichkeit eine' augenfällige würde.
Auch bei den verwandten Formen treten Bildungen auf, welche man als „Septen“ zu bezeichnen
pflegt und die nicht einer gewissen Analogie, wohl aber der Homologie mit denen von Cristatella entbehren.
Es sind ringförmige Diaphragmen, welche bis auf eine mittlere Oeffnung das Muttercystid von dem
Tochterthier trennen (Taf. II, Fig. 21, 22, s) und Einschnürungen der Leibeswand darstellen, deren Ec-
toderm auch hier die Secretion der Cuticula fortsetzt. Der Septalfalte des Integuments entspricht
daher eine Duplicatur der Chitinhülle (Fig. 23, c'). Diese Septen entstehen erst auf später Entwickelungsstufe
der Einzelthiere. Erst wenn Mutter und Tochter ihre volle Ausdehnung erlangt und sich mit
einem festen Panzer umgeben haben, bedingt das nachträgliche Wachsthum ihrer cystidalen Zellen eine
Verschiebung der Gewebe in der durch die Pfeile in Fig. 23 angedeuteten Richtung, und da die Cuticula
(c) nicht mehr nachgiebig genug ist, um dem resultirenden Druck zu weichen, so setzt sich die
Bewegung nach innen fort, wo die Septalfalte erzeugt wird, die zu gleichen Theilen beiden Individuen
angehört. — An den kriechenden Zweigen treten die Septen meist als Halbringe auf, welche nach Art
eines Thores auf der Fläche des Podiums ruhen.
Es ist klar, dass diese Bildungen nur einem kleinen Stück der Cristatella-Septen entsprechen,
immerhin aber war damit schon der Weg bezeichnet, auf dem bei stärkerer Contraction der Cystide
deren Wandung mehr und mehr ins Innere der Kolonie verlegt werden konnte. Und dieser Weg
wird, wenn auch nur ausnahmsweise, in der That schon bei Plum. fungosa weiter beschritten. Zuweilen
sieht man hier zwischen Mutter und Tochter, bald nachdem sie sich von einander getrennt haben, eine
Scheidewand auftauchen (Taf. HI, Fig. 55, s), welche lediglich eine Duplicatur des Mesoderms darstellt,
das dem Ectoderm im Wachsthum voraneilte. Man wird dieselbe als eine verfrühte Anlage jener
Diaphragmen aufzufassen haben, die normalerweise erst sehr viel später und dann unter Betheiligung
beider Blätter gebildet werden. Ich beobachtete sie häufig oberhalb der Ovarien und Ei-Schläuche
(Fig. 56, s). Sie erreicht stets nur eine geringe Ausdehnung, ist aber trotzdem den jugendlichen Septen
von Cristatella direct zu vergleichen, da sie in ihrer Beziehung zu ben denachbarten Knospen und im
Bau mit denselben ganz und gar übereinstimmt. Dächte man sich ihr Wachsthum fortgeführt und im
Uebrigen die Cystidbildung unterdrückt, so würde die Analogie eine vollkommene sein. —
Angesichts einer jungen Cristatella von rundlicher Form, wie der eben betrachteten Fig. 57,
drängt sich die Frage auf, wie hieraus schliesslich jene bandförmigen, bei einer Breite von 5—7 mm.*)
zuweilen fusslangen Kolonien hervorgehen mögen. Ich glaube ein hinreichendes Material in Händen
zu haben, um diesen Entwickeilungsprocess klar legen zu können.
Taf. III, Fig. 47 ist eine dem Statoblasten soeben entschlüpfte Kolonie abgebildet. Sie enthält ein
ausstreckbares Polypid, zwei andere, ungleichen Alters, erst als Knospen. Sie ermöglicht auf diesem Stadium
noch ohne Weiteres den Vergleich mit einer Plumatella, wie sie in Fig. 47b wiedergegeben ist. Bei
beiden bemerken wir in der Mitte das Primärpolypid A, links davon die erste, rechts die zweite jüngere
Knospe, B und B'.
Im Lauf der Entwickelung nimmt nun die junge Cristatella eine mehr rundliche Gestalt an, wie
aus Fig. 48—52 zu ersehen ist. Die an der Oralseite der älteren sich entwickelnden Tochterthiere
häufen sich immer mehr und breiten sich tangential in der Richtung der Pfeile — Fig. 49, 50 -— aus,
bis sie hinter dem Primärpolypid A den Kreis der Knospungszone zum Abschluss bringen (Fig. 52).
Schon jetzt, wo man noch deutlich den hinteren Zipfel des Embryo (z, vgl. Fig. 47) erkennen kann,
tritt an dieser Stelle zuweilen ein Einschnitt auf, zu dessen Seiten der Kolonialrand sich etwas hervorwölbt.
Im Allgemeinen aber stehen die Knospen vor der Hand noch weitläufig genug, um für sich
und ihre Nachkommen Raum zu finden, und so wächst die Kolonie eine Zeit lang unter Wahrung ihrer
bisherigen Form weiter. Das dauert fort, bis sie etwa den Durchmesser von 3—4 mm. erreicht hat
(Taf. II, Fig. 25, 26).
Auf diesem Stadium stehen die Knospen und Polypide bereits so dicht, dass sie vielfach in
ihrer freien Entwickelung gehemmt erscheinen, und wir beobachten dann, dass jener Einschnitt, falls
er nicht jetzt erst auftritt, sich immer schärfer markirt (Taf. II, Fig. 27, 28; Taf. IV, Fig. 57) und zuweilen
ausserordentlich tief wird (Taf. II, Fig. 29). Ich habe ihn fast an allen Kolonien vom be-
zeichneten Umfange nachweisen können. Die Maximalgrösse, bis zu der die rundliche Form überhaupt
gedeihen kann, dürfte das Fig. 31 abgebildete Exemplar so ziemlich erreicht haben. Möglicherweise
ist dasselbe jedoch nicht unmittelbar aus einem Embryo, sondern durch Abschnürung von einer älteren
Kolonie entstanden.
Da die Entwickelung der jungen Knospen im Sinus der Falte nur eine beschränkte sein kann,
während sie andererseits an den beiden Vorsprüngen den freiesten Raum zu ihrer Verfügung hat, so
werden diese Vorsprünge immer mehr anwachsen und als breite Lappen sich abgliedem, wie wir es schon
in Fig. 29 wahrnahmen. In Folge der B ew e g l i c h k e i t der Kolonie, welche auf einer schlüpfrigen Secret-
fläche langsam dahingleitet, werden dieselben sich aber allmählich von einander entfernen (Fig. 30,1), und in
dem von ihnen eingeschlossenen Gebiet werden die Knospen, aus ihrer Zwangslage befreit, nun um so
rascher das Versäumte nachholen. Mehr und mehr wird sich das Gleichgewicht in der Kolonie
herstelleu und der Gegensatz zwischen der concaven und convexen Seite der Kolonie verschwinden.
*) In extremen Fällen mehr, anch weniger.
Bibliotheca Zoologie». Heft VI.