Ausserdem gehen aber seitlich unter spitzen Winkeln zahlreiche dünne Fasern ab, welche bald an die
Ring-, bald an die Längsfaserschicht herantreten.
Eine weitere Reduction der Zahl der Nerven hat bei den übrigen hier in Betracht kommenden
Species: Echinorhynchus trichocephalus, Echinorhynchus strumosus, Echinorhynchus porrigens, Echinorhynchus
haeruca und Echinorhynchus cmgustcitus stattgefunden, insofern nämlich der Nervus medianus anterior mit
dem Nervus ventralis anterior verschmolzen ist. Diese höchst merkwürdige Erscheinung wird wohl ohne
Weiteres ihre Erklärung linden, wenn wir in Betracht ziehen, dass infolge der Ausschaltung der Protrusores
der Rüssel nur noch als einheitliches Ganzes bewegt werden kann. Am einfachsten ist der Verlauf bei
Echinorhynchus trichocephalus und Echinorhynchus strumosus, woselbst der nur aus wenigen dicken Fasern
bestehende vordere Mediannerv. zwischen den Fasern des Retractor proboscidis geraden Weges zum
Rüsselkolben emporsteigt. Complicirter gestalten sich die Verhältnisse schon bei Echinorhynchus porrigens.
Von den seitlichen Rändern des vorderen Ganglionrandes und der Ganglionspitze entspringen hier drei dicke
Nerven (s. Tafel 10, Fig. 14 nmax, nma'), welche man bis zum Ende des ersten Rüsselscheidendritt-
theiles zwischen den Fasern des grossen Retraktors erfolgen kann. Hier biegen sie plötzlich nach der
Rückenfläche um und vereinigen sich zu einem Bündel von 6 bis 8 Fasern, das nun genau in der dorsalen
Medianlinie an der Wand des Receptaculum emporzieht. Am oberen Rande der Scheide löst sich
das Bündel auf, und die einzelnen Fasern werden alsdann theils zwischen den Refraktoren, theils an der
Rüsselwand wieder gesehen.
Eine weit kräftigere Ausbildung erreicht der vordere Mediannerv bei Echinorhynchus haeruca
und Echinorhynchus angustatus. Er nimmt vermittelst dreier Wurzeln aus der vorderen Region des
Ganglion seine Entstehung. Die mittlere der drei Wurzeln, die durch ihre Lage an den Nervus medianus
anterior des Riesenkratzers erinnert, besteht aus einem Bündel von 5—7 dicken Fasern, das zunächst
eine kurze Strecke zwischen den Reträktores proboscidis hinläuft (s. Tafel 5, Fig. 15 nma ')• In der
Höhe der dorsalen Rüsseltaschenkerne biegt es plötzlich nach der Rückenfläche um. Die beiden laterälen
Wurzeln des Nervus medianus anterior, die offenbar dem Nervus ventralis anterior des Echinorhynchus
gigas homolog sind, kommen aus Zellen des dachförmig abgeschrägten Vorderrandes des Ganglion
cephalicum hervor und setzen sich speciell bei Echinorhynchus haeruca je aus 8 fast gleich dicken
eylindrischen Fasern zusammen (s. Tafel 5, Fig. 15 nla). In gleicher Höhe mit d e r. Umbiegesteile des
medianen Astes findet, nachdem zuvor sich die Faserzahl durch dichotomische Theilung verdoppelt hat,
eine Spaltung beider Stämme statt. Drei bis vier Fasern begeben sich nach vorn und endigen zwischen
den Retractores proboscidis (s. Tafel 5, Fig. 16 nla x). Die übrigen Fasern aber biegen nach rückwärts
um und verschmelzen mit der mittleren Wurzel des vorderen Mediannerven zu einem sehr dicken
Bündel, das sich beständig an der Dorsalwand des inneren Rüsselsackes hält (s. Tafel 5, Fig. 16 nda)..
Nachdem das Receptaculum sich an der Rüsselbasis angeheftet hat, strahlen die Fasern auseinander,,
vertheilen sich gleichmässig über die ganze Peripherie und versorgen die rücklaufenden Refraktoren.
Nur zwei Fasein behalten ihren dorsalen Verlauf bei und lassen sich bis zur Rüsselspitze verfolgen. Hier
angelangt, biegen sie nach unten um, dringen seitlich vom Markbeutel in die Ringmuskelplatte ein und
endigen in Form einer schwach entwickelten Tastpapille.
Auch die vorderen Seitennerven, welche den Nervi laterales medii des Echinorhynchus gigas
entsprechen, sind bei allen vier Species vorhanden und bisweilen sogar stärker entwickelt als bei
Echinorhynchus gigas. Man kann sie bei Echinorhynchus angustatus und Echinorhynchus haeruca schon
durch die Körperdecken als Stränge von 4 bis 5 Fibern an den Seiten der inneren Scheide empor-
ziehen sehen (s. Tafel 5, Fig. 16 nlm).
Bei Echinorhynchus porrigens treten die beiden kräftigen lateralen Nervenbündel dicht neben den
grossen hinteren Seitennerven aus dem Ganglion cephalicum hervor (s. Tafel 10, Fig. 14 nla), laufen
zunächst eine kurze Strecke zwischen den Fasern des Refraktor proboscidis nach vorn, biegen dann aber nach
den Seiten um und gleiten, die Laterallinien einhaltend, an der Innenfläche des inneren Receptaculum
zum Rüsselkolben empor.
Die hinteren Lateralnerven zeichnen sich auch bei den kleineren Arten durch ihren Faserreichthum
aus. Bei Echinorhynchus haeruca zähle ich in jedem Retinaculum nicht weniger als 14 gleich
dicke Fasern, während Echinorhynchus angustatus sogar deren 16 bis 18 aufweist. Die Fasern liegen
dicht gedrängt neben einander und sind oft durch den gegenseitigen Druck etwas abgeplattet. Sie
werden, gleich den übrigen Nervenfasern, von einer dünnen, festen Neurolemmascheide umhüllt, die sich
mit Karmin intensiver färbt als die hyaline Gallertsubstanz des eigentlichen Nerven (s. Tafel 5, Fig. 12
NIp). Die Nervi laterales posteriores entspringen nicht nur aus den die beiden hinteren Ecken des
Ganglions bildenden Nervenzellen, sondern auch aus solchen der gegenüberliegenden Flächen (s. Tafel 5,
Fig. 14 Nlp). Es findet also auch hier im Centrum des Hirnes eine Kreuzung der Nervenfasern statt.
Nachdem nun die austretenden mächtigen Lateralnervenbündel sich durch die Muskelwände der Rüssel-
seheide hindurchgebohrt haben, erhalten sie einen muskulösen Ueberzug, der sie bis zu ihrer Insertion
an der Leibeswand in Form eines geschlossenen Rohres umhüllt (s. Tafel 5, Fig. 12 Mrt, Mrtnc). Das
distale Ende der unter dem Namen Retinaculum bekannten Muskelscheide befestigt sich, indem seine
Fasern den Longitudinalfibern der Leibesmuskulatur sich beimischen. Der Nervenstamm aber spaltet sich
in zwei Aeste. Der vordere derselben enthält nur drei Fasern; er läuft auf der Innenfläche der Längsmuskulatur,
und zwar genau in den Laterallinien, nach vorn und versorgt die Muskelwand des Vorderleibes.
Der Hauptstamm aber gleitet, und zwar zwischen der Ring- und Längsfaserlage, bisweilen aber
auch zwischen den Fasern der letzteren selbst, in entgegengesetzter Richtung abwärts, giebt grössere
Aeste an die Retractores colli (s. Tafel 5, Fig. 18 nrc) und an den Retractor receptaculi ab und lässt
sich bei beiden Geschlechtern bis zur Schwanzspitze verfolgen. Der Verlauf der einzelnen Fasern, die
überdies ohne ein Bündel zu bilden, in wechselnder Anzahl nebeneinander herziehen, ist eben so unregelmässig,
wie wir dies schon bei den gleichen Bildungen des Riesenkratzers constatiren konnten. Ueber-
dies scheint es, dass die einzelnen Fasern nicht in ganzer Länge isolirt sind, sondern auf die mannigfachste
Art unter sich Zusammenhängen. Nach beiden Seiten zweigen dünne Fibern ab, welche theils
sofort an die Ring- oder Längsfasern der Hautmuskulatur heran treten, theils aber mehr oder minder
grosse Strecken zwischen den letzteren dahinlaufen. Daher kommt es, dass man auf Querschnitten an
den verschiedensten Stellen der Muskulatur die Nervendurchschnitte vorfindet.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich nochmals hervorheben, dass alle diese frei verlaufenden Nerven-
stärnme, sowie die zahlreichen Zweige derselben eine dünne, aber scharf conturirte Neurolemmahülle
besitzen. Diese Hülle tingirt sich mit den meisten Farbstoffen, besonders aber mit Säurekarmin und
Boraxkarmin, viel intensiver als der gallertartige Inhalt. Und in der That müssen wir zugeben, dass