umzieht.- Vor dem Munde stossen bald die Rinnen resp. Leisten jeder Seite zusammen. . . . Durch
spätere Vertiefung dieser Rinne und durch Verwachsung ihrer Ränder wird daun der Ringkanal ausgebildet.“
Was ich dem hinzufügen möchte, betrifft lediglich das Detail des Vorgangs, der mir nicht
ganz so einfach erschienen ist, wie Nitsche ihn schildert. Ich sehe in der Anlage des Ringkanals,, die
ich vorzugsweise an Statoblastenthieren studirt habe, nicht bloss eine Rinnenbildung. Der Sagittalschnitt
Taf. XIII, Fig. 149a hat den Kanal einseitig getroffen. Man erkennt letzteren in dem spitz zulaufenden
Winkel rk, welcher nach Ausweis des Querschnitts Fig. 150b einer horn- oder trichterförmigen Einsenkung
des mesodermalen Blattes entspricht, die, von Dottermasse erfüllt, bei s blind zu endigen scheint. Dass
dies wirklich der Fall ist, lehrt der zugehörige Medianschnitt Fig. 149, welcher noch keine Spur von
Kanalbildung, am wenigsten eine rinnenartige Vertiefung der Aussenseite bemerken lässt Auf den
benachbarten Schnitten ist aber ein Stück des Ringkanals schon wieder sichtbar, eine kleine Anzahl
von Zellen hat sich an der Oralseite des Mundes zwischen das äussere, und innere Blatt der Knospe
geschoben. Offenbar haben wir es mit der äussersten Spitze jener Einstülpung zu thun, die in Fig. 149a
der Länge nach getroffen war und die, den Pharynx umgreifend, etwas abseits von der Mediane ihr
Ende erreicht. Demnach glaube ich die Entstehung des Ringkanals in folgender Weise denken zu
müssen. Die Lophophorhöhle .setzt sich in Form einer dem Mundrande parallel laufenden Furche- bis
auf die Seitenwände des Pharynx fort (Fig. 150c, lh). Indem sie hier, immer schärfer einschneidend und
sich gleichzeitig verjüngend, die beiden Blätter der Knospe mehr und mehr einbiegt, nähert sie die
Ränder der Furche schliesslich derart, dass die benachbarten Theile des äusseren (mesodermalen) Knospenblattes
sich berühren und mit einander verwachsen (Fig. 150b, rk). Sie endigt dann jederseits mit einer
kurzen Düte, bestehend aus Mesodermzellen und ausgefüllt von dem nachdringenden Dotter, welche
zwischen die ursprünglichen Oonstituenten der Knospe eingesetzt ist. Diese Düte bezeichnet den Anfang
des Ringkanals. Die Weiterentwickelung desselben geschieht nun nicht mehr im Wege der Rinnenbildung,
sondern durch allmähliche Verlängerung der beiden Düten, welche unterhalb des mesodermaleü Epithels
das Ectoderm des Schlundes umwachsen und endlich, hornförmig gekrümmt, in der Mediane gegen einander
stossen. Nachdem dann unter Durchbohrung der an ihrer Spitze gelegenen Scheidewand die
beiderseitigen Hohlräume in Communication getreten sind, stellen sie einen continuirlichen Kanal in
Form eines Halbringes dar, der zur Linken und Rechten des Pharynx in die Lophophorhöhle einmündet.
Schon bevor der Ringkanal zum völligen Abschluss gelangt ist, zeigen sich an der Oralseite des
Pharyngealrandes ganz leichte, zackige Erhebungen des Ectoderms, welche sich bis an die Basis der
Lophophorarme fortpflanzen, um sich dort in einer einfachen Leiste zu verlieren. Sie treten bald deutlicher
auf, und nach Fertigstellung des Kanals beginnt sich das Lumen desselben zunächst in die der
Mediane benachbarten Zinken hinein zu erstrecken, dann folgen der Reihe nach die übrigen. In diesen
Neubildungen haben wir die Anlage der Tentakeln vor Augen. Nitsche hat ihre Entstehung vollkommen
treu geschildert, indem er sie „an der vor dem Munde, d. h. an seiner abanalen Seite gelegenen Lopho-
phorleiste, und zwar als einfache Ausstülpungen der beiden Blätter dieser Anlage sich bilden“ lässt.*)
„Die Höhlung der Tentakeln steht also in directer Verbindung mit der Höhlung des Lophophors, und
jeder Tentakel besteht aus einer inneren dünnen Zellauskleidung, die der äusseren Schicht der Knospen*)
Knospung S. 136 f.
anlage entstammt, und einer äusseren Zellbekleidung, von der sich späterhin die Wimperzellbekleidung
der Tentakeln auf der dem Munde zugewendeten Seite differenzirt.“ Die Tentakelbildung schreitet nun
am Aussenrande des Lophophors von der Basis bis zur Spitze der Arme vor, und die basalen Tentakeln
sind bereits weit entwickelt, wenn die an der Spitze eben erst angedeutet erscheinen. „Am spätesten
bilden sich die Tentakeln an den einander zugewendeten Kanten der Lophophorarme“, hier aber nich
von der Basis an aufwärts, sondern umgekehrt von der Spitze zur Basis herab, derart, dass die Tentakeln
über dem Epistom die Reihe schliessen und als die letzten von allen erst nach der Geburt des Thieres
zum Vorschein kommen.
Durch die Bildung des Epistoms ist in der Lophophorregion mittlerweile ein Hohlraum eingeschaltet,
der zur Lophophorhöhle selbst in keiner Beziehung steht und vielmehr wie diese direct von
der Leibeshöhle ausgegangen ist. Das Epistom, eine Vorstülpung des analen Mundrandes (Taf. V, Fig. 61, ep),
die bei Fredericella kegelförmig, bei Cristatella breit zungenförmig erscheint, nimmt das äusserste Ende
eines grösseren Hohlraumes (eh) in sich auf, der allseitig geschlossen hinter dem Nervenknoten herabläuft
und dicht unter demselben, zwischen den beiden Oeffnungen der Lophophorhöhle, in die Leibeshöhle
einmündet. Er wird von der Lophophorhöhle jederseits durch eine senkrecht gestellte Duplicatur des
äusseren Knospenblattes (Mesoderm) geschieden, welche den Rücken des Ganglions mit der über dem
After gelegenen Leibeswand verbindet (Fig. 62, I, es). Die Entstehung dieser Lamelle habe ich nicht
beobachtet. Vermuthlich findet eine Verwachsung der betreffenden Partien der Ganglienhülle mit dem
anal gegenüberliegenden Epithel statt, zur Zeit, wo diese noch eng benachbart sind. Die Epistomhöhle
selbst erscheint als Fortsetzung desjenigen Theils der Leibeshöhle, welcher in Form eines schmalen
Spaltes den Vorderdarm und das Nervensystem vom Afterdarm trennte. Sie ist bereits deutlich von
der Lophophorhöhle abgegrenzt, wenn der eigentliche Munddeckel, der erst kurz vor Vollendung des
Polypids angelegt wird, noch nicht sichtbar ist.
Durch die Einschaltung der Epistomhöhle inmitten des Lophophorraumes entsteht nun eine
Schwierigkeit bezüglich derjenigen Tentakeln, welche als die mittelsten der inneren Bucht des Hufeisens
anal über dem Munddeckel zur Bildung gelangen sollen. Denn da die Tentakelhöhlen insgesamt
Derivate der Lophophorhöhle sind, der Platz zwischen Mund und After jetzt aber gegen die letztere
gleichsam- abgedämmt erscheint, so ist diese genöthigt, in irgend einer Weise die Epistomhöhle zu umgehen
und sich über dieselbe hin einen eigenen Weg zu bahnen. Dies geschieht vermöge eines Kanals,
für den ich an anderer Stelle*) die Bezeichnung „Gabelkanal“ vorgeschlagen habe, weil er nach Art
einer Klammer oder Gabel die Epistomhöhle überbrückt. Nach den Figuren der Tafel V wird man
sich leicht über den Bau und die Lage desselben orientiren können. Die Lophophorhöhle (Fig. 62, III, lh)
verengert sich zu' beiden Seiten der Epistomhöhle (eh) zu zwei kurzen Kanälen (gk), welche über die
Epistomhöhle hin (Fig. 62, IV) aufwärts und gegen einauder streben und sich in der Medianebne zu einem
unpaaren Abschnitt (Fig. 61, gk) vereinigen. Nach oben führt der Gabelkanal in die Tentakelhöhlen,
welche der Reihe nach in ihn einmünden, in der Weise, wie es das Schema III der folgenden Seite
darstellt und auch aus den Figg. 61 und 63 zu ersehen ist. Die Wand des Kanals ist eine directe
Fortsetzung der inneren Auskleidung der Lophophorhöhle und erscheint als solche bei Fredericella und
!) Zool. Anz. 1889, Nr. 324.