sichtbar wird. Oft mündet schon auf diesem Stadium die Tochterknospe mittels eines feinen Kanals
nach aussen. Derselbe entspricht einem Theil jenes Ganges, durch welchen früher die Communication
mit der Mutter hergestellt wurde. Man sieht in diesem Fall mit besonderer Deutlichkeit, dass der Hals
der ursprünglichen Doppelknospe (Fig. 107) 108, h) nicht nur völlig in die Leibeswand übergeht, sondern
dass er schliesslich sogar den bei h' gelegenen Zellen Platz macht, die in Fig. 109 bereits, in den Verlauf
des Integuments eingeschaltet sind. Sie bewirken durch lebhaft fortgesetzte Theilung, dass die
Knospen A und B immer mehr auseinanderrücken und allmählich in das Verhältnis der Knospen C und
D in Fig. 44, Taf. III, treten. Auf diesem Stadium bemerkt man oberhalb der ersten Tochterknospe D
bereits die Anlage einer zweiten D', die scheinbar von der Wandung der Kolonie ausgeht, in Wirklichkeit
aber ans^em Material der Hauptknospe herrührt, nämlich aus den in Fig. 107—109 mit h' bezeichnet®!
Zellen, welcte sogar länger als die der ersten Knospe mit der Mutter vereint blieben. Ferner sieht man,
dass dieser ganze Knospcncomplox dadurch, dass sich die Halszellen der ursprünglichen Doppelknospe
CD ringsum zu Zellen der Leibeswand umformten, von dem älteren Individuum B abgehoben und. in einen
besonderen Hohlraum gerückt ist, welcher durch den dem Polypid C speciell zugehörigen Theil der Kolonialwand
begrenzt wird. Dieser Theil, das jugendliche Cystid C, ist an der Analseite weit schwächer entwickelt
als oral, wo es von der Mündung des Polypids bis über den Funiculus hinausreicht, hinter dem
es, etwa bei *, endigt. Wir finden hier also bestätigt, was wir schon bei Cristatella constatirt haben, dass
nämlich oral von der Knospenanlage das Integument viel kräftiger unterstützt wird als hinter derselben.
Unter Vermehrung und Abplattung seiner Zellen bei gleichzeitigem Wachsthum des Polypides
gewinnt das Cystid allmählich die Dimensionen von B, dessen Mündung dann durch die Entwickelung
der jüngem Individuen emporgehoben und in die Richtung von A gebracht wird. -
Die Betrachtung älterer Zweige lehrt, dass die Längsaxen der Einzelthiere nur selten in gleicher
Richtung verlaufen, sondern bald rechts, bald links von der Hauptaxe des Zweiges abweichen (Taf. I u. II).
Dieses Verhältnis ist schon in der Doppelknospe zuweilen ausgeprägt*), indem bald nach dem Auftreten
des Tochtersprosses derselbe sich etwas seitwärts zur Mutter stellt und dann durch die Medianebne der
letzteren nicht mehl- genau halbirt wird. Im Gegensatz zu Cristatella ist jedoch hierin keinerlei Gesetz-
mässigkeit zu beobachten.
Die zweite Tochterknospe, welche der Medianknospe bei Cristatella entspricht, nimmt .ihren Platz
meht wie dort neben und vor der älteren Schwester ein, sondern hinter ihr in derselben Flucht. Sie
entsteht aus dem embryonalen Material, welches der Mutterknospe enstammt und sieh noch nicht definitiv
dem Integument eingefügt hat. Bei allen Plumatellen sowie bei Fredericella sind die Zellen der Leibeswand
sehr viel geringeren Modificationen unterworfen, als es in der oberen Decke von Cristatella der
Fall ist. Nur ein Theil derselben erfährt in den ältern Partien die Umwandlung zu Blasenzellen. Es
schemt, dass diese überall da entstehen, wo lebenskräftige Ectodermzellen in Folge ihrer verdeckten Lage
kerne Gelegenheit finden, an der Cuticularbildung mitzuwirken, indem das Secret, welches sich nicht nach
aussen ergiessen kann, genöthigt wird, im Innern der Zelle selbst sich abzulagem. Im Uebrigen gestaltet
sieh das Gewebe zu einem Plattenepithel von geringer Dicke, indem die einzelnen Zellen an Höhe zu
Gunsten der beiden anderen Dimensionen verlieren. Im Umkreis der Knospungspunkte bleibt das Cylinder-
*) Namentlich bei Ale. fung.
epithel durch successive auftretende Neubildungen erhalten. Hier entstehen in geregelter Folge die
jüngeren Knospen so lange, als das mütterliche Material die Fähigkeit behält, durch einfache Theilung
die Baustoffe für die Anlage neuer Individuen zu liefern. In Fig. 104 ist ein sehr jugendliches Stadium
einer zweiten Tochterknospe (B') wiedergegeben. Man sieht, wie sich dicht hinter B — dasselbe wäre
auf der Stufe von Fig. 109, A zu denken -— eine Gruppe auffallend hoher, cylindrischer, theilungsfähiger
Mesodermzellen erhalten hat, während ringsumher die gleichfalls dem äussern Blatt der Hauptknospe A
entsprungenen Zellen zur Bildung der Leibeswand verwerthet wurden. Diese mesodermale Gruppe wird
bereits deutlich aufgetrieben von einer ectodermalen, dem innern Blatt der Mutter entstammenden, über
welcher die benachbarten Zellen spitzbogenartig zusammenschliessen. Indem dieses Gebilde in Folge
reger Vermehrung seiner Zellen immer mehr anschwillt, wobei durch centrifúgales Auseinanderweichen
der Constituenten des inneren Blattes ein mittlerer Hohlraum entsteht, erreicht es das Stadium Fig. 105.
Oft ist eine solche jugendliche Anlage nicht wie hier von der Aussenwelt völlig abgeschlossen, sondern
sie steht, wie es Nitsche beschrieben hat, in offener Verbindung mit ihr*), so dass sie dann gleich der
Tochterknospe Nr. I als einfache Ausstülpung der mütterlichen Gewebe erscheint, die jedoch hier bereits
in das Gebiet der Kolonialwand gelangt sind. Nur die Cuticula hindert in diesem Fall, dass der Hohlraum
der Knospe direct vom Wasser des Wohnorts erfüllt wird. Die weitere Entwickelung kann im
Sinne der Figg. 106—109 zur Anlage einer neuen Gruppe von Individuen führen. Aber nicht unter allen
Umständen. Zuweilen, und das gerade bei den linear entwickelten Zweigen der typischen repewa-Formen,
wird die zweite Tochterknospe zwar regulär angelegt, wie es auch in Fig. 44, Taf. III, bei D', C' und
B' geschehen ist, aber ihre Bildung schreitet nur langsam vorwärts und führt vielleicht nie zur Vollendung
der Polypide. So sieht man an dem in Fig. 21, Taf. II, abgebildeten Exemplar, dass der Primärpolyp
A zwei kräftige Sprossen B und B' getrieben, und dass unter diesen der ältere sich in gleicher
Weise vermehrt hat (C, C'). Noch bei der IV. Generation D ist dies der Fall (E, E'). Von da ab
aber finden wir immer nur die erste Tochter entwickelt, und dasselbe gilt von der gesamten Nachkommenschaft
des Polypen B'. Auch hier sind die zweiten Glieder überall angelegt, sie verharren aber
sämtlich im Knospenstadium, ohne eine neue Generation oder auch nur ein einzelnes Polypid zu begründen.
Wenn sich auch von den Zwischenknospen der Fig. 44 nicht unbedingt das Gleiche behaupten
lässt, so ist doch so viel klar, dass ihre Entwickelung eine bedeutend langsamere ist als die der
Hauptglieder A B C u. s. w., und keinesfalls ist es zweifelhaft, dass die Nachkommenschaft der letzteren
mit der Erzeugung des zweiten Tochtersprosses ihr Ende erreicht. Denn wir sehen, dass der Knospe B'
eine dritte B2 nicht gefolgt ist, sondern das sich an ihrer Stelle das Ovarium entwickelt hat, welches
auch bei C' und D' schon angelegt ist. Oberhalb C' bemerken wir ein im Uterus-Schlauch befindliches
Ei, an welchem die ersten Theilungsvorgänge bereits zum Abschluss gekommen sind.
Es geschieht indessen sehr häufig, dass nicht allein die zweite Tochterknospe sich rasch zum vollen
Zweige entwickelt, sondern dass ihr auch noch eine dritte, vierte und weitere folgen, so lange, als das
Material der Mutter hinreicht, ausser den Anforderungen, die das Wachsthum der Leibeswand stellt,
noch denen der Fortpflanzung zu genügen. Es wäre z. B. möglich, dass, nachdem die Knospe B1 in
*) Ich war also im Irrthum, als ich in der Vorl. Mitth. Nr. 288 des Zool. Anz. (1888) die bezügliche Angabe
Nitsches glaubte ableh^en zu müssen.