vorüber. Die Schleifen spalten sich $j| ihrer ganzen Länge, und. die hierdurch entstehenden Tochtersterne
wandern nun den Polen des jetzt schlanken, spindelförmig gestreckten Sameninutterzelleibes zu. Auf diesem
Wege verkürzen sich die Chromosomen in so beträchtlicher Weise, dass ihre Schenkel schliesslich kaum noch
ein Drittheil ihrer ursprünglichen Länge besitzen (s. Taf. 9 Fig. 44). Je weiter die beiden Tochtersterne sich von
einander entfernen, um so näher rücken die sie bildenden Schleifen an einander. Die Abstände werden schliesslich
so gering, dass man die einzelnen Chromosomen als solche kaum noch zu unterscheiden vermag. Während
diese Veränderungen sich abspielen, wird am Rande des Zellleibes, und zwar mitten zwischen den beiden
Toehtersternen eine Rmgfurche sichtbar, die ziemlich rasch in das Innere vordringt und schliesslich den
Zellenleib in zwei annäherd grosse Stücke zertheilt. Die auf diese Weise entstehenden Tochterzellen
können wir mit L a V a l e t t e S t. G e o rg e als Spermatiden'1. Ordnung (Spermatocyten van Beneden)
bezeichnen. Die Verkürzung der Chromosomen hat jetzt ihr Maximum erreicht. Die beiden Tochtersterne
gleichen zwei rundlichen Chromatin ballen, die in gleichen Abständen nach vier Richtungen hin
kurze, abgerundete Ausläufer entsenden. Wollen wir trotz der geringen GrösSe der betreffenden Objekte
einen Einblick in den Bau der chromatischen Figur, so wie in deren Metamorphose gewinnen, so sind
starke Vergrösserungen allein nicht hinreichend. Wir müssen vor allem unser-Augenmerk darauf richten;
sehr distinkt gefärbte Präparate zu erzielen. Die besten Resultate erhielt ich dadurch, dass ich sehr
düune, höchstens l l 2—l 3 4 « dicke Schnitte in der Brutofentemperatur mindestens 48 Stunden mit
alkalischer Safraninlösung färbte und darauf nach Anwendung der Gram’schen Methode mit völlig neutralem,
absolutem Alkohole sorgfältig auszog. Bismarckbraun und Gentianaviolett in der gleichen
Weise angewendet, lieferten mir keine sehr brauchbaren Objekte. Der Grund dieser merkwürdigen
Thatsache scheint darin zu liegen, dass mit den beiden letztgenannten Farbstoffen die Chromosomen und
die sie einliüllenden Lininmassen sich gleich intensiv imprägniren.
Auf solchen distinktgefärbten Safraninpräparaten erweist sich jeder Tochtei stern aus zwei gesonderten
Partien bestehend, deren jede ihrerseits wiederum aus zwei Chromosomen sich zusammensetzt.
Die Chromosomen selbst haben eine kurze hantel- oder bisquitähnliche Form und sind so gestellt, dass
sie der Längsachse der Mutterzelle ihre konvexe Fläche zukehren. Bei schwächerer Vergrösserung
scheint daher das Chromosomenbündel aus einem einfachen dicken Mittelstücke, das nach oben und unten
sich in vier gekrümmte Fortsätze auf löst, zu bestehen. Die zu einem Paare gehörigen Chromosomen
sind so dicht auf einander gerückt, dass ihre' etwas abgeflachten konvexen Flächen sich unmittelbar
berühren.E
ine Zeit lang liegen die beiden Schleifenpaare mit parallelen Achsen noch dicht nebeneinander,
sodass wenigstens vorläufig noch die ursprüngliche Sternform (Diaster) erhalten bleibt. Späterhin aber
ändern sich die Verhältnisse: die Schleifenpaare trennen sich von einander, d. h. die aus den Spermatocyten
entstandenen Spermatiden 1. Ordnung schicken sich zu einer Theilung an, ohne dass jenes durch
den grossen bläschenförmigen Kern mit weitmaschigem Chromatingerüst gekennzeichnete Ruhestadium
eintritt. Es werden also die vier aus der ersten Theilung hervorgehenden Chromosomen direkt zur
Bildung der zweiten Kenifigur verwandt. Die Veränderungen,' die hierbei die Kernfigur erleidet, sind
ziemlich komplizirter Art. Leider ist es mir nicht geglückt, diese Metamorphose in lückenloser Serie
zur Anschauung zu bringen.
Die ersten Veränderungen, die die zweite Theilung einicitcn, bestehen, wie schon erwähnt
warde; darin, dass die beiden Ghromosonienpaare auseinanderrücken. Hierbei drehen sie sich um ihre
Längsachse, sodass schliesslich alle vier Chromosomen in eine Ebene zu liegen kommen. Die Theilungs-
phasen folgen nunmehr in raschem Tempo auf einander. Die vier parallelachsigen. Chromosomen erfahren
paarweise eine Drehung in entgegengesetzter Richtung, bis ihre Längsachsen zu zwei und zwei
in eine Linie und parallel zur. ersten Theilungsebene zu liegen kommen. Das Endergebniss dieser
merkwürdigen Umlagerung mögen die 30. Figur (Gentianaviolettfärbung) und die 31. Figur (Safranin-
färbung) der 9. Tafel veranschaulichen. Zwischen den proximal en; in Spitzen auslaufenden Enden spannen
sich ziemlich dicke Lininfäden aus, deren tinktionsfähige Substanz in demselben Masse schwindet, als
die Chromosomen nach den als zwei helle Pünktchen erkennbaren Centrosomen hin auseinander weichen.
Schliesslich gehen die Konnektivfäden gänzlich verloren, und nun beginnt der Zellleib in der Mitte
zwischen den beiden, je aus zwei Chromosomen gebildeten Tochtersterne sich einzuschnürreu (s. Taf. 9,
Fi«-. 32, 42). Das Endresultat bildet der Zerfall des Spermatidenleibes in zwei gleich grosse Plasmaballen.
Die im Zentrum dieser als Spermatiden 2. Ordnung zu bezeichnenden Zellen gelegenen Chromosomen
haben sich inzwischen wieder abgerundet und sind dicht an einander gerückt (s. Tafel 9,
Figur 32). Trotz alledem lassen sich die beiden Chromosomen doch noch gut unterscheiden. Sie
sind ziemlich homogen und, wahrscheinlich in Folge einer inzwischen .eingetretenen Verdichtung ihrer
Substanz, viel intensiver gef&rbt, als früher. Ihre Oberfläche ist vollkommen glatt und bietet den
Plasmasträngen keine Angriffspunkte. Eine Kernhülle konnte ich nirgends mit Deutlichkeit nach weisen
(s. Tafel 9, Fig. 32). Der Zellleib besteht nach wie vor aus dem bekannten engmaschigen Wabengerüste;
er tingirt sich zwar schnell und stark mit den alkalischen Lösungen der Azofarbstoffe, giebt
aber selbige ebenso rasch an den zur Auswaschung dienenden Alkohol wieder ab. Die äussere Begrenzung
ist bei allen Spermatiden 2. Ordnung sehr scharf, ohne dass . aber selbige einer besonderen
substanziellen Schicht (Zellmembran) zuzuschrciben wäre.
Die Umwandlung der Spermatiden 2. Ordnung in die definitiven Spermatosomen lässt nun nicht
mehr lange auf sich warten. Sie beginnt mit der Auflockerung der chromatischen Substanz. Die beiden
eiförmigen Chromosomen wachsen um ungefähr die Hälfte ihrer ursprünglichen Grösse und treiben nach
liinten zwei konisch sich einengende Zapfen, sodass nunmehr ihre äussere Gestalt sich wohl am besten
mit der eines Apfelkernes vergleichen lässt (s. Tafel 9, Fig. 29). Während dieser Formenwandel vor
sich geht, haben die Chromosomen ihre zentrale Lage aufgegeben und sind an die Zelleuoberflächc
herangetreten. Man findet sie jetzt unmittelbar unter der äusseren Begrenzung des wabigen Zellenprotoplasmas
wieder. Nun beginnen auch die vorderen, noch abgerundeten Enden der apfelkernähnlichen
Chromosomen in konisch sich zuspitzende Fortsätze auszuwachsen, die nun allmählich ganz das
nämliche Aussehen gewinnen, wie die nach hinten gerichteten Ausläufer. Von oben gesehen gleicht die
, äussere Form der chromatischen Elemente in dieser Entwickelungsphase der einer dünnen, schlanken
Spindel, welche axial von einem hellen Streifen (dem Lückenraum zwischen beiden Chromosomen) unterbrochen
ist (s. Tafel 9, Fig. 37). Die Seitenansicht dagegen gestattet ©ine leichte Unterscheidung der
beiden Enden. Die vorderen Partien der chromatischen Figur, aus denen wir späterhin das zugespitzte
Kopfende des Spermatosomen hervorgehen sehen werden, krümmen sich während ihres Wachstlmmes so,
dass ihre äusseren Konturen sich mit denen der Zelle decken (s. Tafel 9. Fig. 38h Die hintere Hälfte
der Chromatinspindel dagegen wächst in gerader Richtung fort, sodass ihre Achse schliesslich mit der