im ersten Beginn der Entwickelung (Stadium der Fig. 141) mit den Elementen der Keimscheibe auch
die der Knospenzone in einen gewissen Gegensatz zu den übrigen Theilen der Statoblastenwand traten,
und dass beide zusammen eine Einheit bildeten, die erst durch die Zusammenziehung der Keimscheibe
zum Primärpolypid definitiv gelöst wurde.
Wie dem auch sein mag, so werden wir doch in jedem Fall annehmen müssen, dass die Zellen
der Knospenzone von vorn herein für ihre spätere Aufgabe ausersehen waren, und dass es nicht etwa
dem Zufall oder äusseren Einwirkungen überlassen blieb, ob dieser oder jener Theil der Peripherie die
Tochterknospen erzeugte. Wir müssen annehmen, dass ebenso nothwendig, wie sich das Primärpolypid
in dieser bestimmten Weise, mit dieser bestimmten Seite als Oralseite, im Statoblasten orientirte, ebenso
nothwendig auch die Tochterknospen an dieser bestimmten Stelle ihre Entstehung nähmen.*)
Die Wandlungen, welche die zum Ectoderm des Integuments sich entwickelnden Zellen des
Statoblasten durchlaufen, sind ähnlich denen, welche später im Stock beobachtet werden. Ein Theil gewinnt
die Fähigkeit der inneren Secretion und stellt die Blasenzellen des Integuments dar (Taf. XIV,
Fig. 165, b), ein anderer bleibt compact und cylindriscli und scheidet ein äusseres Secret ab (Fig. 165, a).
Während aber bei der fertigen Cristatella die Blasenzellen nur in der oberen Decke entwickelt werden,
die Cylinderzellen dagegen mit ihrem äusseren Secret auf die dem Podium anliegende Basalfläche beschränkt
bleiben, sehen wir beim Embryo beide Zellsorten durch das ganze Integument gleichmässig
vertheilt, daher denn an der gesamten Oberfläche eine zarte Cuticula differenzirt wird. Dieselbe tritt
bald nach Sprengung der Schale auf und ist in Fig. 157 mit gelber Farbe markirt, auch auf den
Stadien Fig. 156 u. 158 liess sie sich nachweisen. Wahrscheinlich erleichtert sie das Abfallen der
Schalen, indem sie diesen gegenüber in ähnlicher W^eise wirkt, wie später als Gleitmembran gegenüber
dem Podium. Nach dem Ausschlüpfen erweist sich die Sohle als der eonservativere Théil der Leibeswand,
da in ihr das alte Verhältnis im Wesentlichen bestehen bleibt. In der oberen Decke werden
sämtliche Zellen des Ectoderms nach und nach zu Blasenzellen umgewandelt, wobei sie jedoch, ’ wie wir
gesehen haben, die Fähigkeit behalten, sich unter Anlehnung an feste Körper zu compacten Zellen zu
regeneriren (vgl. S. 27 f.). —
Was die Statoblasten der Plumatellen betrifft, so habe ich ihre Entwickelung nicht so genau
verfolgt wie bei Cristatella, doch unterliegt es wohl keinem Zweifel, dass die Hauptsachen übereinstimmen.
Das Primärpolypid wird auch hier inmitten der gewölbteren (unteren) Schalenfläche angelegt, wo ich es.
auf ziemlich jugendlichem Stadium nachweisen konnte (Taf. XIV, Fig. 166). Es rückt dann in der
Längsrichtung des Statoblasten oralwärts vor (Fig. 167) und ist nach wenigen Tagen ausstreckbar, worauf
sich der Embryo unter dem Schutz der Schalen, die der Kolonie oft noch in späterem Alter anhaften,
festsetzt (Taf. III, Fig. 53 u. 54). Schon während der Statoblast sich öffnet, sondert der frei
werdende Theil des Ectoderms eine dicke Cuticula ab (Fig. 166 u. 167, c).
Bei den „angehefteten“ Keimen entspricht die dem Podium angefügte Schalenhälfte der flacheren
Oberseite der schwimmenden Statoblasten, d. h. der angeheftete Statoblast verhält sich zu seiner Unter-.
*) Ich brauche wohl kaum hervorzuheben, dass ich meine frühere Ansicht, der Ort der Entstehung des ersten
Individuums sei durch den Bau des Statoblasten bedingt und aus mechanischen Gründen motivirbar (Zool. Anz. Nr. 289,
1888), bei besserer Einsicht in da6 Wesen der Entwickelung ganz nnd gar aufgegeben habe.
läge genau so, wie der schwimmende Statoblast zum Wasserspiegel (in Fig. 167 ist beides durch den
horizontalen Strich angedeutet). Der Embryo des ersteren befindet sich daher sofort in einer Lage,
welche ihm das Weiterwachsen am Orte der Anheftung möglich macht.
Ziehen wir eine Parallele zwischen der Knospung im Statoblasten und derjenigen im Stock, so
treten uns auf den ersten Blick zwei wichtige Unterschiede entgegen. Das erste Polypid des Statoblasten
-entwickelt sich nicht aus einer Knospe, wie sie uns sonst als typisch bekannt ist, sondern entsteht durch
Zusammenziehung einer Keimplatte, die erst allmählich eine weniger fremde Gestalt gewinnt. Wir sehen
ferner, dass diese zusammengezogene Keimplatte einer gewöhnlichen Knospe n u r zum T h e i l entspricht.
■Sie producirt nur das Polypid mit der Tentakelscheide und der Duplicatur, während später auch das
•Cystid und die Tochterknospen aus der polypoiden Knospenanlage hervorgehen. ^ In Fig. 108, Taf. IX,
ist der durch Schraffirung ausgezeichnete Theil der Knospe B die Bildungsstätte des Polypids, d. h. des
Darms und der Tentakelkrone. Dieser Theil, die hintere Wand des Atriums, ist das Homologon des
durch die Ringfurche umschriebenen Stückes der Keimscheibe (Taf. XII, Fig. 143 und 144), welches
später als „Centralkegel“ vollständig ins Innere des Statoblasten verlegt wird. Die Ringfurche selbst,
die den Hohlraum der geschlossenen Keimscheibe bildet, ist das Atrium. Ihre periphere Wand (Fig. 144, ts)
repräsentirt diejenige Region der Knospe, aus der die Tentakelscheide hervorgeht (Taf. IX, Fig. 108, ts).
Für die darüber gelegene, cystidale Zone der F*g. 108, die auch die Tochterknospen zu liefern hat,
finden wir im Statoblasten kein anderes Seitenstück a ls d a s Emb r y o n a l c y s t i d s elbs t , welches
hier dem Primärpolypid gegenüber ganz dasselbe leistet wie jener oberste Abschnitt der polypoiden
Knospe des ausgebildeten Stockes.
D e r k e ime n d e S t a t o b l a s t ist also e i n e r e i n z e l ne n Knos pe des St ockes ode r
e i n e m e i n z e l n en Cys t i d mit dem d a z u ge h ö r i g e n P o l y p i d g l e i c h wer t h i g .
Während sich aber im Stock das Cystid a u s d e r po l y p o i d e n Kno s p e im wörtlichen Sinne
e n twi c k e l t , herrscht im Statoblasten gerade das umgekehrte Verhältnis. Hier ist das Cystid die
p r imä r e Bildung, an dem Cy s t i d e n t s t e h t du r c h E i n f a l t u n g u n d Zu s ammen z i e hu n g
-das P o l y p i d . Die Knospung im Statoblasten und die Knospung im Stock vergegenwärtigen uns jene
beiden „ Knospungshauptmodificationen“, nach welchen Nitsche die sämtlichen Bryozoen in zwei verschiedene
Gruppen getrennt hat.*) Der Statoblast repräsentirt uns „die Knospung mit voraneilendem
Cystid“, im Stock herrscht „die mit voraneilendem Polypid“.
Betrachten wir indessen einen Statoblasten auf dem Stadium, wo sich die Keimscheibe noch
nicht zusammengezogen hat (Fig. 141 oder 142), und vergleichen wir dieses Stadium mit den folgenden
(Fig. 143—148), so erkennen wir, dass die embryonale Wandschicht nicht etwa lediglich das Cystid,
d. h. die oberste Region einer gewöhnlichen polypoiden Knospenanlage darstellt, sondern dass auch in
ihr schon derjenige Theil der letzteren, welcher d a s P o l y p i d s e l b s t erzeugt, e n t h a l t e n ist. Alle
die Theile, welche wir im weiteren Verlauf als Homologa gewisser Partien der Knospe erscheinen sahen,
gingen hervor aus der Differenzirung einzelner Abschnitte der Statoblastenwand, und wir können sie
a'uf dieselbe mit Leichtigkeit wieder zurückführen. Der Centralkegel, die Bildungsstätte des Darms und