Der Funiculus ist seiner Entstehung gemäss und den histologischen Befunden entsprechend anfänglich
ein durchaus einheitliches Gebilde, zusammengesetzt aus Zellen des äusseren Knospenblatts, die
sich zu einem rundlichen Strange von 1—1,5 fi Dicke formirt haben. So erscheint er in Fig. 115.
Auf einem folgenden Stadium, Fig. 116 u. 117, ist seine Gestalt bei Plumatella bereits eine andere geworden.
Wir sehen ihn an seinem Ursprung bedeutend verdickt und bemerken, dass mit seinem Wachsthum
auch die Verdickung an Umfang und Länge zunimmt (Fig. 118). Wir haben in ihr die Anlage-
jenes Keimstocks zu erblicken, an dem sich durch Abschnürung die einzelnen Statoblasten bilden. In
der That ist schon in Fig. 119 an dem der Knospe zugekehrten Ende des Keimstocks eine knotenförmige-
Anschwellung sichtbar geworden, die den ältesten Statoblasten darstellt. Während sie sich stetig ver-
grössert und immer mehr isolirt, folgt ihr eine zweite, eine dritte und so fort, bis ein Gebilde nach Art
der Figg. 133 u. 134 entsteht, d. h. ein typisch mit Statoblasten besetzter Funiculus. Ich habe zuweilen
12 Stat. hintereinander gezählt (bei Fl. frut.). Mit der Zeit scheint sich der Keimstock an Material zu
verausgaben, wenigstens habe ich ihn bei älteren Polypiden nicht mehr so kräftig gefunden wie bei ganz jungen.
Es kam nun darauf an, durch genau hergestellte Quer- und Längsschnitte einen Einblick in die-
histologischen Verhältnisse des Keimstocks zu gewinnen und daraus die Bildung der Statoblasten herzuleiten.
In dieser Hinsicht erwiesen sich Längsschnitte weniger geeignet als Querschnitte, da es in Folgeeiner
leichten Drehung des Keimstocks gerade an der Stelle, wo die Abschnürung der Statoblasten beginnt,
unmöglich ist, ihn in zwei symmetrische Hälften zu spalten.
Zunächst will ich noch einige Worte über die Anfertigung meiner Präparate vorausschicken.
Aus den in der Regel mit Sublimat, seltener mit Pikrin- oder Chromsäure conservirten und mit
Pikrokarmin gefärbten Kolonien isolirte ich entweder einzelne Zweige durch Ablösen oder ich stellte
bei fungoiden Formen mittels des Rasirmessers etwa 1 mm. dicke Schnitte durch die ganze Kolonie
(möglichst sagittal auf die Polypide, senkrecht zum Podium) her. Diese wurden in Nelkenöl nach geeigneten
Knospen durchsucht und letztere vorsichtig herauspräparirt. War das ohne Verletzung des
Funiculus gelungen, so wurde das Stück mit dem Prisma gezeichnet und dann allmählich in die Einbettungsmasse
übergeführt. Aus dem Paraffin wurde es in einer dünnen Tafel herausgeschnitten und
bei intensiver Beleuchtung (Lampenlicht) unter dem Mikroskop besichtigt. An der Hand der vorher
entworfenen Zeichnung konnte dann unter Beseitigung nebensächlicher Theile des Objects der Funiculus
mit vollkommener Genauigkeit orientirt werden.
Die auf Taf. X abgebildeten Schnitte sind alle auf diese Weise hergestellt. Man betrachte zunächst
die Serie Fig. 122, welche dem Funiculus der in Fig. 119 wiedergegebenen Knospe entnommen ist. Der
erste Schnitt (I) hat den Keimstock dicht an seinem Ursprung an der Cystidwand getroffen und lässt
auf das deutlichste eine mittlere Zellmasse erkennen, welche von einem einschichtigen äusseren Epithel
umgeben ist. Die folgenden 6 Schnitte des Präparats sind nicht wiedergegeben, j sie zeigten ein allmähliches
Abschwellen der inneren Zellmasse unter gleichzeitiger Verstärkung der äusseren. In Schnitt
II der Figur hat dieser Vorgang seinen Gipfel erreicht, die innere Masse besteht im Querschnitt nur
aus 3 Zellen, während die äussere durch dichte Häufung die Lücke ausfüllt. Immer bleiben die beiden
Zellsorten scharf von einander geschieden. Schnitt III lässt ein abermaliges Anschwellen des inneren
Blattes erkennen, zwischen I I I und IV denke man sich ein Abschwellen, welches langsam zu seinem
Höhepunkt — Schnitt VI — ansteigt und von diesem rascher zu einem neuen Minimum — Schnitt
Y II — abfällt/ Im IV. Schnitt haben sich an der Stelle, wo das eigentliche Lumen des Funiculus
sichtbar ist (f), einige Zellen vom äusseren Blatt abzusondern und an das innere anzulehnen begonnen,
etwa 3 öder 4, am deutlichsten die mit bm bezeichnete Zelle. In V sind es schon 7 Zellen,
und in VI übertrifft die zum äusseren Blatt gehörige Zellmasse (bm) die des innem bereits um ein Erhebliches.
Das innere Blatt ist nur am Grunde des Keimstocks völlig solid, später, vom II. Schnitt
an , ordnen sich seine Elemente peripher, und im VI. zeigt sich in ihrer Mitte schon ganz deutlich ein
kleines Lumen. Die vom äusseren Blatt abgegliederte Zellmasse lässt eine derartige Regelmässigkeit in
ihrer Anordnung vermissen. Sie erscheint dem inneren Blatt gegenüber sehr scharf abgegrenzt, weniger
scharf von den ihr benachbarten äussersten Zellen des Funiculargewebes, von denen sie manchmal nur
mit Mühe zu unterscheiden ist. Ihr Ursprung bleibt daher nirgends zweifelhaft. Der VII. Schnitt hat
die Stelle getroffen, wo sich durch eine schon äusserlich sichtbare Einschnürung (vgl. Fig. 119) der erste
Statoblast von dem Keimstock ablöst. Auch hier ist sowohl das innere Blatt, als die vom äussem
heranwuchernde Zellgruppe (bm) vorhanden. Der folgende Schnitt, Nr. VIII, geht nun durch die Mitte
des S t a t o b l a s t e n s e l b s t , des einzigen, welcher1 von vom herein als solcher zu kennen war. Er
zeigt fast dieselbe Ausbildung wie der VI. Schnitt, nur ist das innere Blatt etwas umfangreicher, sein
Lumen etwas grösser geworden. Sonst bietet sich, ausser dass wir es eben mit einer vom Keimstock
scharf abgesetzten Anschwellung zu thun haben, durchaus nichts Neues. Und hier stehen wir bereits
auf einem Punkte, wo uns die Beobachtungen Nitsches hülfreich entgegenkommen. Nitsche sah, dass
sich vom Keimstock „kleine Klümpchen von Kernen“ abschnürten, und dass jedes derselben einen Statoblasten
darstellte. „Ein jeder dieser jungen Statoblasten zerfällt nun in zwei Hälften, ein Vorgang, der
durch eine äquatorial um ihn herumlaufende Furche deutlich an gezeigt wird.“ -In der vom Funiculus
abgewendeten Hälfte sollen sich dann „die Kerne in einer einfachen Lage an die Peripherie derselben
anlegen, wodurch eine mittlere Höhle erzeugt wird.“ Diese Hälfte bezeichnet Nitsche als „eysto-
gene Schicht“, die andre als „Bildungsmasse“ . Ist diese Benennung auch keine ganz treffende, wie sie
denn auf einer unvollkommenen Erkenntnis der spätem Entwickelung beruht, so will ich sie doch fürs
Erste beibehalten und nur erwähnen, dass die cystogene Hälfte nicht, wie Nitsche annahm, allein die
Chitinschale, sondern auch — nach Reinhard — das Ectoderm der künftigen Kolonie liefert, welche im
Uebrigen von der Bildungsmasse erzeugt wird. Der cystogenen Hälfte entspricht nun auf das genaueste
derjenige Theil des Statoblasten, den wir in Fig. 122, VIII aus dem inneren Blatte des Keimstocks hervorgehen
sahen. Die Bildungsmasse wird durch den vom äusseren Blatt abgegliederten Zellcomplex
(bm) repräsentirt. Im Gegensatz zu Nitsche finden wir beide v o n Ha u s e aus g e t r e n n t , so dass
von einem secundären Zerfall der einheitlichen Statoblastenanlage nicht die Rede sein kann. Auch besteht
diese nicht bloss aus einem Aggregat von Kernen mit spärlichem Protoplasma zwischenein, sondern
überall aus deutlichen, embryonalen Zellen. Woher die Bildungsmasse stammt, ist nicht zweifelhaft.
Sie spaltet sich nach und nach vom äusseren Blatte des Keimstocks ab, und dieses wird augenscheinlich
vom Funicularepithel selbst, also vom ä u s s e r e n Kn o s p e n b l a t t gebildet. In Fig. 122, IX ist der
Funiculus in der Nähe des Magens, jenseits des ersten Statoblasten getroffen. In seinem Lumen ist
weder von der homogenen Membran, noch von Muskelfasern etwas bemerkbar, sie sind beide noch nicht
zur Anlage gelangt. Dieses von Mesodermzellen umgebene Lumen (f) lässt sich nach abwärts bis tief in
den Keimstock hinein (Schnitt IV) verfolgen, noch im II. Schnitt markirt sich bei f die Stelle des Funi