Ovarium nur e in Ei zur weitern Entwickelung kommen kann. — Das Wachsthum dieser als Uterus
dienenden Knospe hält nun nicht andauernd mit dem des Embryo gleichen Schritt. Auf einem gewissen
Stadium hört die Neubildung von Zellen auf, und der Uterus folgt nur passiv der Volumenzunahme des
Embryo, den er schliesslich in Form eines excessiv dünnen Plattenepithels umgiebt. Der Embryo liegt
aber im Uterus nicht völlig frei. An einer Stelle, und zwar in einer Zone oberhalb der Duplicatur des
Embryonalcystids, steht er mit ihm in enger Verbindung, hier bildet sich im Uterus eine ringförmige
Falte (Fig. 173, uf), welche sich immer mehr vertieft, je weiter die Entwickelung vorschreitet. Sie entsteht
dadurch, dass das Ectoderm der Uteruswand an seiner unteren Grenze (Fig. 172, uf) mit dem
gleichnamigen G-ewebe des Embryo, dessen Zellen sich in dieser Zone ein wenig erheben und auch
ihrerseits innig an den Uterus anschmiegen, verwächst, und dass diese Stelle, die gewissermassen eine
Placenta repräsentirt, sich später, wenn dicht darunter die Duplicatur der Larve sich bildet (Fig. 173, d;
S. 121, Ha, d), in Form jener Falte ausprägt.
Auf welche Weise die Larve nach aussen gelangt, habe ich nicht beobachtet. A priori möchte
ich aber mit Nitsche*) annehmen, dass ein Durchbruch an der Stelle stattfindet, wo das Ooeoium der
mütterlichen Cystidwand ansitzt, während nach Reinhard**) und Kraepelin***) der Embryo durch die
Mündung des nächstgelegenen Polypen, den man freilich oft (nicht immer) im Zerfall begriffen sieht, die
Kolonie verlassen soll.
Was die Zeit betrifft, in der die Geschlechtsproducte entwickelt werden, so fällt sie im Allgemeinen
in die frühere Hälfte des Sommers, in den Mai bis Juli. Bei Cristatella ist sie von der Periode
der ungeschlechtlichen Fortpflanzung scharf geschieden, hier war sie z. B. am 8 . August 1888, wo neben
den ersten Anlagen der Statoblasten nur noch einzelne Reste von Spermatozoen auftraten, für die Kolonien
des Preiler Teichs bei Königsberg beendet. Einen reifen Embryo (Taf. VI, Fig. 71, Ern; Taf.
IV, Fig. 59) fand ich am 1. Sept. desselben Jahres, als von Geschlechtsproducten keine Spur mehr vorhanden
war. Bei den Plumateüen herrscht kein solcher Gegensatz; hier gehen beide Arten der Fortpflanzung
neben einander, und wenn die geschlechtliche auch etwa im Juni ihren Höhepunkt erreicht,
so währt sie doch bis in den September fort. Noch am 28. August 1887 fand ich bei PI. fungosa Eier
und Hoden, sowie junge Embryonen in Menge. Das Nämliche gilt von einer am 1. September 1888 gesammelten
Fredericeila, wo ich jedoch keine Embryonen gesehen habe. Kolonien von PI. fungosa, die
auf dem Gipfel ihrer geschlechtlichen Thätigkeit standen, enthielten gleichzeitig schon zahlreiche, weit
vorgeschrittene Statoblastenanlagen. Dass, wie Corif) behauptet, die Bildung des Samens früher erfolgt
als die der Eier, konnte ich nicht wahmehmen.
Im Juni und Juli schwärmen bei PI. fungosa die Embryonen so massenhaft aus, dass sie die
Sammelgefässe zu Hunderten erfüllen. Die Larve schwimmt mittels ihres Wimperkleides äusserst behend
umher, in der Weise, dass sie den hinteren Pol nach vom, die Mündung nach hinten kehrt, wobei sie
*) Zschr. f. wiss. Zool. Bd. XXII, S 467 f.
**) Zool. Anz. N. 54.
***) Tageblatt der 59. Versammlung dtsch. Naturf. u. Aerzte 1886. S. 133 f.
f) Ueber Nierencanälchen b. Bryozoen, S. 14.
in beständiger Drehung um ihre Längsaxe begriffen ist. Sie bewegt sich meist geradlinig; stösst sie auf
einen Widerstand, so prallt sie wie eine Billardkugel unter dem Auffallswinkel ab, um darauf ruhig ihre
Bahn fortzusetzen. Verirrt sie sieh an einen Punkt, wo sie durch eine einfache Wendung nicht wieder
frei werden kann, so währt es lange, ehe sie einen Ausweg findet. Sie zeigt dann nur Axendrehung.
In einem besonders schwierigen Fall schien sie sich aus dem Gefängnis durch plötzliche Umkehr der
Flimmerrichtung zu befreien.
Die Umwandlung der freischwimmenden Larve zur festsitzenden Kolonie ist bisher niemals direct
beobachtet worden. Auch ich hatte mich vergeblich bemüht, sie zu Gesicht zu bekommen, als ich am
8. Juni 1889 bemerkte, dass neben den Tags zuvor gesammelten Kolonien sich zahlreiche Embryonen
auf einem verwitterten Holzstückchen niedergelassen hatten. Ich brachte nun einen Theil des Holzes
samt einigen umherirrenden Larven in ein kleines Schälchen und konnte zu meiner Freude schon nach
kurzer Zeit die Anheftung der Larven constatiren. Es gelang mir denn auch, unter dem Mikroskop
die Modalität „dieses merkwürdigen Vorgangs“ zu verfolgen. Auf Taf. XV, Fig. 168, I—IX, sind die
nach dem lebenden Object entworfenen Bilder wiedergegeben. Fig. I zeigt die Larve im ersten Moment
der Anheftung. Sie ist mit dem untern, beim Schwimmen vorwärts gerichteten Pol auf ein zur Niederlassung
geeignetes Podium gestossen, dem sie sich vermöge einer Abplattung des betreffenden Körper-
theils angeschmiegt hat. Die Flimmerung dauert fort und schiebt die Larve dem Podium entgegen.
Ein Secret wird nicht abgeschieden. Nunmehr verkürzt sich das Muttercystid und treibt vermöge der
Contraction die Tochtercystide, welche die künftige Kolonie zu bilden bestimmt sind, nach aussen vor
(II—V). Schon auf dem Stadium IV bemerkt man, dass der dem Podium anliegende Theil der Leibeswand
dünner geworden ist, während er früher gerade eine Verdickung derselben bezeichnete und als
solche bereits in der freischwimmenden Larve deutlich hervortrat. Auf Schnitten erkennt man hier ein
zwischen den beiden Blättern der Leibeswand eingeschaltetes Gewebe von dicht gehäuften, radial sich
verbreitenden Fäden, welche der Tunica muscularis anzugehören scheinen. Für die Bedeutung dieser
„Scheitelplatte“ sowie für ihr rasches Abschwellen während der Festheftung finde ich keine zuverlässige
Erklärung. Vielleicht dient sie als Saugapparat, aber auch eine sensible Function wäre denkbar. —
Mit Fig. V beginnt sich die Duplicatur des Cystids nach Art eines Tellerrandes umzubiegen und einzurollen
(VI), bis ihr Vaginaltheil den Boden berührt und die ganze Kolonie emporhebt (VII). Das
Embryonalcystid ist jetzt vollständig umgekehrt, sein äusserer Theil ist nach innen gewandt, seine erweiterte
Mündung befindet sich unterhalb der beiden Primärthiere der Kolonie. Durch wieder eintretende
Verengerung wird die Mündung geschlossen (VIII, IX) und die ganze larvale Hülle ins Innere des definitiven
Stockes verlegt, den sie zuvor selbst umgeben hatte. In Fig. IX sind beide Polypide schon
ausgestreckt. Das Ectoderm der Kolonie beginnt eine Cuticula abzusondem, welche man in Fig. 169
bei c wiederfindet. Diese Figur stellt einen stärker vergrösserten Querschnitt durch die Mitte eines vor
Kurzem angehefteten Stöckchens dar. Ein Unterschied gegenüber Fig. 168, IX ist nur insofern eingetreten,
als die Duplicatur des Embryonalcystids sich noch weiter nach innen umgebogen hat (vgl. die
Buchstaben a). Dass das larvale Cystid hiemit seinen Beruf erfüllt hat und einer regressiven Metamorphose
anheimfüllt, ist bekannt. Ich zweifle nicht, dass seine im Wege einer organischen Umgestaltung
nach innen verlegten Zellen, welche ja nicht, wie später die Zellen der degenerirenden Polypide, als ab