Ausser dieser umfassenden Abhandlung L e u c k a r t ’s liegen nur noch die spärlichen Mittheilungen
vor, welche R. G r e e f f 1) über die erste Anlage der weiblichen Leitungswege und das Ligamentum.
Suspensorium bei Echinorhynclms polymorphus machte. Sie liefern eine vollständige Bestätigung der
schon zwei Jahre früher von L e u c k a r t veröffentlichten Befunde an Echinorhynclms proteus.
Eigene Beobaehtimgen.
Wie ich dies schon in der geschichtlichen Einleitung gethan habe, so will ich auch hier zunächst
die Ovarienentwickelung besprechen und dieser dann erst die Bildungsgeschichte der weiblichen Leitungswege
folgen lassen.
Bei Echinorhynclms gigas, den Aviv zunächst auf diese Verhältnisse näher untersuchen wollen,,
zeigt das Aveibliche Ligament in der frühesten Jugend ganz das nämliche Aussehen, Avie das männliches
Eine mächtige, mit einer wechselnden Anzahl grösser Kernkugeln ausgestattete Plasmasäule von rechteckigem
Querschnitte (s. Tafel 9, Fig. 47, Lz) zieht mitten durch den Leibesraum und entsendet von
seinen vier lateralen Kanten vier dünne Blätter, Avelche zwar anfangs nur die schrägen Seiten der triangulären
Füllzellprismen bedecken, bald aber, der Innenwand des Hautmuskelschlauches sich eng an-
sclnniegend, zu Paaren nach der dorsalen und ventralen Fläche emporwachsen. Soweit die häutige Wand
der auf diese Art entstehenden beiden Ligamentsäcke der Muskulatur der Leibeswand anliegt, geht sie-
mit deren Sarkolemmabelage eine innige Verbindung ein, die auch zeitlebens erhalten bleibt (s. Tafel 9,
Fig. 47, L 1 L 11).
In der Periode der postembryonalen Entwickelung, wo der Rüssel sich vollständig entfaltet hat
und als rundlicher Zapfen am oralen Leibespole hervorschaut, verwandeln sich einige der hellen, grossen
Ligamentkerne, welche. inzwischen an die d o r s a l e Fläche des zentralen Plasmaprisma getreten sind,
in grosse kugelförmige Zellen, die nun in demselben Maasse, als sie an Umfang zunehmen, über die-
Oberfläche des Plasmaprisma hervortreten. Zur nämlichen Zeit aber gehen auch im Kerninneren Veränderungen
vor sich, die uns den Beginn der Kerntheilung anzeigen. Die feinen staubartigen Chro-
matinpartikel des Kerngerüstes fliessen zu dicken Strängen zusammen, von . deren zackiger Oberfläche
nun zahlreiche sehr dünne Konnektivfäden ausgehen. Indem nun diese Fäden sich mehr und mehr verkürzen
und zu einem spiraligen Knäuel aufrollen, erhalten Avir das uüs bekannte Spiremstadium der
Mitosichis. Die nächste Veränderung, die nun die Kernfigur erleidet, besteht in der Bildung der
Aequatorialplatte. Nachdem nämlich das dünne Spiralband sich in eine Anzahl gleich langer Stücke-
zertheilt hat, biegen selbige sich zu haarnadelähnlichen Schlingen zusammen, die nun sich so anordnen,
dass ihre Umbiegstellen nach dem Zentrum der Zelle, die Schenkel aber in eine Ebene, die sogenannte
Aequatorialebene, zu liegen kommen.
Infolge einer Längsspaltung, die sich an sämmtlichen Chromosomen gleichzeitig vollzieht (s.
Tafel 9, Fig. 55), geht der Aster in dem Dyaster über. Die achromatische Spindelfigur ist hier weit
besser sichtbar, Avie bei den um vieles kleineren Spermatogonien. Die Kernmembran ist inzwischen
gänzlich verschwunden. Die beiden Tochtersterne weichen mehr und mehr aus einander, und in der
U n te rsuchungen über d en Bau und d ie Natu rge sch ich te von Echinorhynclms miliarius ( Z e n k e r ) . A rchiv fü r
N a turgeschichte. 30. Jahrg. 1. Bd., p a g . 117— 130. 1864.
Mitte zwischen ihnen beginnt der Zellleib sich einzuschnüren. Das Endergebniss dieses Umwandlnnfus-
prozesses bildet der Zerfall der Mntterzelle in zwei gleichgrosse Töchterzellen. Da nun aber die
Theilung sieh auch an den Tochterzellen wiederholt; # kommt es, dass wir schon nach kurzer Frist an
den Orten, wo ursprünglich die grossen Kernkugeln^riihteh-, kleine rosettenförmige Zellenhäufchen finden,
■»'eiche ■ m grSssten Theile frei in das I.umcn des dorsalen Ligamentschlauches hineinragen (s. Tafel 9,
Fig. 49 Oym, Fig. 55).
Inzwischen hat sich aber auch die Form des Ligamentum Suspensorium wesentlich geändert.
Schon von jener Zeit an, wo man die ersten Kcrntheilungsfignrcn auftreten sieht, kann man beobachten
dass das Wachsthum der zentralen Säule mit der Ausweitung des Hautmuskelschlaüches nicht gleichen
Schritt hält. Infolge dessen heben sich die lateralen Ligamentblätter von ihrer Unterlage, den schrägen
Flächen der Füllzellprismen, ab und es entstehen zwei lange, laterale, prismatische Spalträume von
■triangulärem Querschnitte, in denen wir beim erwachsenen Weibchen: die eigentliche Lei||shShle kennen
lernten (s. Tafel 9, Fig. 47 L 1 L “). Hand in Hand mit diesen allgemeinen Wachstliumserseheimiiigen
geht die Ovarialentwickelung vor sich. Hat. nun die Zahl der kleinen Zellen, welche je eines der dem
Ligamentzapfen aufgewachsenen rosettenförmigen Ovarialzöllenhäufchen bilden, auf ungefähr 35 40 sich
vermehrt, So beginnt ein neuer Theilungsmodus, insofern nämlich in ähnlicher Weise, wie wir dies bei
den Spermatogonien des reifen Riesenkratzers beobachtet haben, von jetzt ab alle aus derselben Mutter-
zellc hervorgeheiiden Töchter- und Enkelzellen in einem kontinuirlichcn Zusammenhänge bleiben
{s. Tafel 9, Fig. 53). Wir erhalten auf diese Art kleine apfelkernähnlich gestaltete Scheiben, welche
vermittelst einer feinkörnigen, zartgefaserten Konnektivmasse (s. Tafel 9, Fig. 53 Go) unter sich wie
mit dem mittleren Blatte des Ligamentes verbunden werden. Inzwischen hat aber auch das Aussehen
des Ligamentes sich wesentlich verändert. Der ursprünglich sehr breite prismatische Strang (s. Tafel 9
Fig. 48 Lz) ist stark zusammengeschrompft und bildet jetzt einen dünnen Zapfen, dessen Durchmesser
kaum noch das Doppelte der Kerngrösse beträgt (s. Tafel 9, Fig. 52 Lz). Unmittelbar hinter dem abgerundeten
Ende der Rüsselscheide spaltet er sich in zwei dünne Stränge, wodurch die vordere grosse
Kommunikationsöffnung der Ligainentschläuche entsteht (s. Tafel 9, Fig. 54 Lz).
Die Aveiteren Schicksale dev zentralen Protoplasmasäule sind beim Männchen und Weibchen
dieselben. Die Kerne schrumpfen und fallen der Resorption anheim; die feinkörnigen Plasmamassen
werden allmählich aufgezehrt, und schliesslich resultirt eine dünne Platte, die sich von den seitlichen
Ligamentflügeln kaum merklich unterscheidet und ohne Kenntniss der Bildungsgeschichte sicherlich für
eine direkte Fortsetzung der letzteren gehn lten werden müsste. ■
S c h n e id e r hat den bei beiden Geschlechtern in der Achse des Körpers hevablaufenden Plasmastrang
gesehen und ihn irrthümlicherAveise als Darmrudiment in Anspruch genommen. Meines Erachtens
hätte schon die dem genannten Autor längst bekannte Thatsache, dass dieses vielkernige Syncytium
in beiden Geschlechtern den Mutterboden, auf dem die Keimdrüsenentwickelung sich vollzieht. abgiebt,
ihn von der Unhaltbarkeit dieser Hypothese überzeugen müssen.
Wenngleich sich auch gewisse innige Beziehungen zur Keimdrüsenentwickelung nicht ableugnen
lassen, so glaube ich doch wohl kaum fehl zu gehen, wenn ich die Hauptaufgabe dieser Syncytiumsäule
in der Bildung der beiden grossen der zelligen Struktur völlig entbehrenden Ligamentsäcke erblicke.
Uebrigen-s steht .der Fall, dass .die Bildungszellen eines Organtheiles im Laufe der Entwickelung gänzlich