dies von dem Entdecker selbst eine einfache, aber treffliche Methode angegeben war, um die ganze
Ganglienmasse sammt den darin, hängenden Nervenwurzeln zu isoliren, so haben trotz alledem doch
einige Forscher die Richtigkeit der v. S ie b o ld ’sehen Deutung in Zweifel gezogen. So kann L e y d i g 1)
keine Aehnlichkeit des von v. S ie b o ld bezeiclmeten Zellkörpers mit einem Nervensystem herausfinden ;
er glaubt, dass das vermeintliche Ganglion am Ende doch nur eine Drüse sei. L in d e m a n n 2), der,
wie ich dies schon erwähnt habe, den anatomischen Bau der Echinorhynchen in durchaus verkehrter Weise
geschildert hat, stellt die Existenz eines Ganglion ganz in Abrede.
Weit grössere Schwierigkeiten stellten sich der Erforschung des peripherischen Theilës'1 des
Nervensystemes, der Nervenfasern, entgegen.
P a g e n S te c h e r 3) untersuchte das Nervensystem des Echinorhynch us protexis eingehender und
fand, dass sein Centralorgan, ein nach vorn sehender dreieckiger Haufen von Ganglienzellen, in einer
bindegewebigen Scheide nahe dem Grunde des Receptaculum liegt. Von der vorderen Spitze desselben
gehen zwei lange Nervenfäden geraden Wegs zum Rüsselkolben. Aus den anstossenden Seiten treten je
sechs oder acht doppelt conturirte Fasern aus, die die Rüsselrctraktoren und. das Receptaculum inner-
viren. Zwei dickere Nervenbündel verlassen an den hinteren Ecken das Ganglion ceplialicum, durchbohren
die Rüsseltasche und begeben sich zu den Lenmisken (Retinacula). Ausserdem existiren noch
zwei dünne Bündel, die aus der Mitte der Basis hervortreten, ebenfalls das Receptaculum durchbohren
und wahrscheinlich mit einigen im Ligamente befindlichen Ganglienzellen (Muskelkernen?) in Verbindung
stehen.
Auch G r e e f f 4) schildert in anschaulicher Weise den Verlauf der aus dem Ganglion des Echyno-
rht/nchus -polymorphus hervortretenden Nerven. Nach seinen Beobachtungen sind vier Hauptnervenstämme
vorhanden, von denen zwei nach oben, zwei nach unten gehen. Jeder Hauptstamm setzt sich gewöhnlich
aus zwei Bündelchen, deren jedes wiederum zwei Primitivfasern enthält, zusammen. Ausser den Hauptstämmen
fand G r e e f f noch sechs Primitivbänder vom Ganglion direct ausgehend, und zwar eins nach
oben und eins nach unten, dann jederseits eins in die Wandung der Rüsselscheide und ebenso eins in
die Retractores receptaculi (Retinacula?). Ferner hat G r e e f f auch schon in der Mitte der Retinacula
einen Strang wellenförmig verlaufender continuirlichcr Längsfasern liegen und an seinem Anheftungspunkte
an der Leibeswand in ein strahlenförmiges Büschel ausfaliren sehen, ohne jedoch geahnt zu
haben, dass selbige nur eine einfache Fortsetzung der in diese Röhren eintretenden Seitennerven sind
(vergl. Taf. 3, Fig. 1 d).
Nach den Untersuchungen J a r z i n s k y ’s 5) entsendet das Ganglion des Echinwliynchus angnstatus
nach vorn drei Nerven und zwar einen mittleren, der zum Rüsselkolben hinaufsteigt, und zwei seitliche,
’) Vom Baue des thierischen Körpers. Bd. 1. 1864. p. 138.
2) Zur Anatomie der Acanthoceplialen. Bulletin de la Société Impériale des Naturalistes de Moscou. 1865.
Bd. 38. p. 490. .
8) Ueber einige Organisationsvorhältnisse, besonders die weiblichen Geschlechtsorgane von Echinorhynchus proteus.
1858. p. 133.
Zur Anatomie von Echinorhynchus proteus. 1863. p. 414. Tafel 23. Fig. 1.
4) Untersuchungen über den Bau und die Naturgeschichte von Echinorhijnchus miliarius. Archiv für Naturgeschichte.
30. Jahrg. Bd. 1. p. 129—130. Tafel 3. Fig. 1, 1864.
6) Untersuchungen über das Nervensystem der Echinorhynchen. Arbeiten der ersten \ ersammlung der Russischen
Naturforscher zu St. Petersburg. 1868. p. 298—310. 1 Tafel.
die mit:¡zwei Wurzeln entspringen. Zwei aus vielen Fasern, bestehende Bündel verlassen den Gandionhaufen
nn seiner Basis, richten sich schräg abwärts, durchbrechen die Muskelwand der Rüsseltasehe und
dringen in die Retinacula ein, wo sie sich als wellig gebogene Fasern bis zur Leibeswand verfolgen
lassen. In der Mitte zwischen den mächtigen Seitennerven liegt ein dünnes Faserbündel, das in das
Ligamentum Suspensorium übergeht. Bei Echinorhynchus clavula gesellen sich zu den genannten Nerven noch
zwei hintere und bei Echinorhynchus pachysomus ausser diesen noch vier vordere Seitennerven. J a r -
z i n s k y 1) behauptet ferner, unmittelbar vor jenen Stellen, wo die beiden Seitennervenstämme das Receptaculum
verlassen, ein Ganglion laterale2) gesehen zu haben. Ausserdem soll sich im unteren Ende des
Ligamentum Suspensorium, das von der Uterusglocke vollständig umschlossen ist, ein Ganglion uterinum
vorfinden.
Weit günstigere Resultate erzielte A. S c h n e i d e r 3) durch das Studium der Anatomie des
Riesenkratzers. Da diese treffliche Abhandlung uns eine sehr vollständige Uebersicht über den Verlauf
und die Anordnung der peripherischen Nerven gibt, soll sie hier eine eingehendere Berüeksichti"unterfahren.
Von der vorderen Spitze des Ganglions geht zwischen den Retraktoren ein Nerv nach vorn zur
Rüsselspitze. Er. enthält Fasern, welche direct iu der Rüsselspitze enden — wahrscheinlich sensible __
und zwei Fasern, die sich-unter der äussern Schicht der Rüsselspitze (?) in je zwei und dann in viele
feinere Aeste spalten und für die grossen'Retraktoren bestimmt sind. Durch die mittlere 0 eff nun" der
köcherförmigen Muskelplatte treten zwei Fasern hervor, welche sich schief nach oben und aussen
wenden ; sie verbinden sich mit einem Nervenbündel, welches jederseits am Rande der Platte heraustritt.
Dieses grosse Nervenbündel läuft nach vorn, giebt Aeste an den äusseren Rüsselsack (Protrusores
receptaculi) ab, tritt dann theils in die lateral dicht hinter der letzten Stachelreihe gelegenen Papillen, theils
versorgt es die Muskeln der ersten und vielleicht auch der zweiten Zone. Endlich geht von dem Hirnganglion
seitlich und hinten jederseits das stärkste Bündel ab. Nachdem es den inneren Rüsselsack
durchbohrt hat, wird es von einem Muskelrohre umhüllt, -welches im Wesentlichen wie die übri"en
Muskelplatten gebaut ist. Nach seinem Ansätze an der Leibeswand endet das Muskelrohr, die Nerven
beginnen aber sich zu vertheilen. Ein Theil wendet sich nach vorn, die Muskeln der dritten und zweiten
Zone zu versorgen. Ein anderer Theil wendet sich dorsal auf den Compressor lemnisci, geht dicht an den
Ilinterrand, versorgt dabei den Compressor selbst, aber auch die dorsalen Muskeln der dritten Zone. Ein
anderer Theil der Fasern, und dies ist der Hauptstamm, läuft weiter rückwärts; er tritt unter die seitliche
Kernschnur, aber nach innen von der Längsmuskelschicht, und lässt sich direct bis an das Schwänzende
verfolgeij. .In diesem ganzen langen Laufe giebt er nur einmal einen queren, rechtwinklig ab"ehendcn
Ast in der Nähe des hintern Insertionspunktes der grossen Retraktoren ab. Die Nervenfasern theilen
sich aber wiederholt unter spitzen Winkeln, und anderseits endigen auch wieder Fasern sodass die Zahl
derselben immer ungefähr dieselbe, und zwar fünf, beträgt. Beim Weibchen theilt sich der Lateral-
*) Material zur Konntniss des Onegasees und der Oncga-Umgebung hauptsächlich in zoologischer Hinsicht.
Ebendaselbst. Tafel 7, Fig. 1—4: Echinorhynchus pachysomus.
*) Diese grossen lateral gelegenen Kerne mögen nichts anderes sein, als die Jiuelei der mnskulösen Keti-
nacnlascheiden.
*) Ueber den Bau der Acanthoceplialen. Archiv für Anatomie und Physiologie. 1868. pg. 592 596