eine mehr oder minder starke Reduktion erfahren hat. Am auffälligsten tritt uns dies vielleicht bei den
Dilatatores ductus ejaculatorii entgegen. An Stelle der sechs mächtigen Muskelzellen, die bei dem Riesen-
kratzer das weitmaschige Netzfaserrohr der Samengefässumgebung liefern, treffen wir bei Echinorhynchus
angustatus und ebenso bei Echinorhynchus haeruca nur zwei schlanke Zellschläuche an.
Als besonders bemerkenswerth möchte ich schliesslich noch hervorheben, dass die heiidqp.
grossen Bursaltaschen, welche bei Echinorhynchus angustatus und Echinorhynchus haeurca zu..4q%$eitqn
des Penis in die Leibeshöhle hineinragen und seither gewöhnlich als Saugscheiben bezeichnet- wurden,
erst geraume Zeit nach dem Bursalmuskel und zwar ohne besondere Bildungszellen als einfache Aus?
sackungen des letzteren entstehen.
Eines Organsystemes habe ich in der voranstehenden Schilderung niemals Erwähnung gethan,
obwohl es schon sehr frühzeitig angelegt wird und durch seine relative Grösse leicht in die Augen fällt.
Es sind dies zwei Zellenhäufchen, welche dicht neben der dorsalen Medianlinie, und zwar in der Höhe
des letzten Kittdrüsenpaares an dem, den Ductus ejaculatorius liefernden axialen Zellenstrang gefunden
werden. Sie bestehen je aus drei grossen Kernzellen, die mit ihren fingerförmigen Ausläufern frei in
die Leibeshöhle hineinragen (s. Tafel 4, Fig. 3 Gg; Fig. 4 Gg). Aus ihnen gehen die beiden mächtigen,
stark verzweigten Nephridien hervor.
Der weibliche Geschlechtsapparat.
Greschichtlicher Ueberblicdi.
Trotz der höchst unvollkommenen Hilfsmittel der damaligen Zeit hatten doch schon 0 . F.
M ü l l e r 1) und E. G o e z e 2) die Bestandtheile der Leibeshöhlenflüssigkeit vollkommen richtig erkannt.
Die grossen plattgedrückten mehr oder minder runden Zellscheiben bilden die Ovaria. In ihnen sind jene
kleinen ovalen, auf den verschiedensten Entwickelungsstufen die Leibeshöhle der weiblichen Kratzer
erfüllenden Eier entstanden. Die liartschaligen, spindelförmigen „Haferkörner“ des Echinorhynchus
candidus enthalten bereits den fertigen Embryo, an dem sich überdies nicht selten die ersten Spuren
des keimenden Rüssels erkennen lassen. Die Uterusglocke, ein Organ von so eigenartiger Bildung, wie
es sonst nirgends weiter in der Thierwelt angetroffen wird, haben beide Forscher gänzlich übersehen.
Da es ihnen gelang, durch starke Kompression des Vorderkörpers die Eier als milchig trübe Flüssigkeit
aus der Rüsselsp itze hervorzutreiben, so nehmen sie an, dass der Rüssel den natürlichen Weg. für
die Eientleerung bilde.
Nach Z e d e r 3) ttottiren Eier und lose Ovarien nicht unmittelbar in der Leibeshöhle, ^.sondern
vielmehr in einem dünnwandigen Eisacke, dessen Haut sehr leicht zerreist und deshalb, y^ohl in den
meisten Fällen übersehen wird. Echinorhynchus gigas macht hierin eine Ausnahmey'hnsofern ei* nämlich
1) Von Thieren in den Eingeweiden der Thiere, insonderheit vom Kratzer im Hecht: Der Naturforscher. 12 St.
1778. pag. 1-93—-194. Tab. 5, Fig. 1—5.
2) Versuch einer Naturgeschichte der Eingeweidewürmer thierischer Körper, 1782, pg. 146—148, Tab. 10, Fig. 6;.
pg. 156, Tab. 12, Fig. 3.
3) Erster Nachtrag zur Naturgeschichte der Eingeweidewürmer von Ephr. G o e z e . 1800. pg. 104, 110.
zwei weite, etwas abgeplattete, cyliudrische Eischläuche besitzt, welche die ganze Leibeshöhle bis auf zwei
laterale Spalträume ausfüllen und am oberen und unteren Ende vermittelst weiter Oeffnungen mit einander
« kommuniziren.
R u d o lp h i1) (und ebenso W e s trum b ) bestreitet die Richtigkeit der Goeze’sehen Deutung in
betreff der grossen ovalen Zellscheiben. Nach seiner Ansicht können diese Körper nur einfache
(Söty*ledöri6n 'sein, in denen die Eier bis zu ihrer; völligen Reife ernährt werden.
N i t z s c h 2) bekämpft zum ersten Male die irrige Ansicht, dass die Eier durch den Rüssel entleert
werden, indem er auf einen häutigen, keilförmigen Ovidukt am hinteren Leibesende hinweist.
B o j a n u s 3) beschreibt dieses Ausleitungsorgan für Echinorhynchus gigas folgendermassen. Das
zugespitzte Ende der Ligamentsäcke senkt sich zwischen zwei kugelige, durchsichtige und hart aneinander
hängende Erhabenheiten (Muskelzellen im Grunde der Uterusglocke) ein, an welchen, aufwärts gerichtet
ein Paar flockige Büschel und zwei längliche Beutel hängen, abwärts aber eine keilförmig zulaufende
Scheide befindlich ist, die mit zugespitztem Ende zur Oeffnung des Schwanzes geht. Die Büschelkörper
sind halb durchsichtig, haben mehr lappige als faserige Aeste und hängen an den runden Erhabenheiten
oder Bläschen mittelst je eines ziemlich langen Stieles. Beide Theilej die Büschel und die
Bläschen, waren beständig leer von Eiern, die sich dagegen im Unterende des Eierganges, in den zwei
länglichen Beuteln und in der Endscheide des ganzen Apparates häufig fanden, und selbst vermittelst
angebrachten Druckes aus der Spitze des letzten ausgetrieben werden konnten.
C lo q u e t4) hat die grossen ovalen Zellscheiben irrthümlicherweise als reife Eier beschrieben und
dementsprechend ganz unrichtig abgebildet. Die beiden cvlindrischen, dicht über einander hinziehenden
Ligamentschläuche des Riesenkratzers werden Ovarien genannt. Sie sollen mit einer gelatinösen Substanz
in welche die Eikeime eingebettet sind, vollständig erfüllt sein.
Weit wichtiger ist die im Jahre 1836 publizirte Abhandlung B u row ’s 5) über Echinorhynchus
strumosus aus dem Darme des Seehundes. WenngleiBI auch die Beschreibung des anatomisches Baues
ziemlich unvollständig und nach unserer heutigen Kenntniss in vielen Punkten irrthümlich ist, so sind
doch gerade die Formverhältnisse des weiblichen Genitalapparates im grossen und ganzen richtig aufgefasst
worden. Die Eier und die von einer dreifachen Hülle itmgebenen Embryonen flottiren, ohne von einem
besonderen Ovarialschlauche umhüllt zu sein, frei in der Blutflüssigkeit der Leibeshöhle. Das Ligamentum
Suspensorium bildet einen dünnen Faden, der schlingenartig- vom Ende des Reeeptaculum herabhängt
und mit seinem anderen Ende am Rande der Uterusgloche sich anheftet. Dieses eigenartige Ausleitungsorgan,
dessen hier zum ersten Male Erwähnung gethan wird, hat bei Echinorhynchus strumosus
die Form einer schlanken Glocke, die ihre weite Oeffnung nach vorn kehrt. Ihr unteres, engeres Ende
D' Entosiüörum sive vermium intestinalium historia naturalis. 1808, 1. Bd. pg. 293, 252.
Entozoorum synopsis cui accedunt mantissa duplex et indices locupletissimi. 1819.
s) Acanthocephalus: Allgemeine Encyclopaedie der Wissenschaften und Künste, v. E r s c h und Gr ul» er.
1. Sect. 1. Th. 1818, p. 242 und 1. Sect.. 7. Th. 1821. Tafel Acanthocephala.
3) Enthelminthica, Echinorhynchus gigas. Isis von Oken. 1821, Heft 2, pg. 179—183, Ta^el 3, Fig. 35, 42—44.
4) Anatomie des vers intestinaux ascaride lombricoide et echinorhynque gcant. 1824, pg. 97—99. PI. 5 , fi«-. 3 .
pl. 8, fig. 8 -1 2 .