Das Ectoplasma (ek) ist sehr dünn und anscheinend homogen, das E n to p lasm a fein
gekörnt.
Am hintersten Körperende steht ein Bündel von 4 langen (0,022 mm) B o rs ten , die jedoch nicht
starr, sondern biegsam sind und wellenförmig bewegt werden können.
Der Mun d (Fig. 87—89o.) liegt in der Tiefe des Peristoms, näher am linken Peristomrande und
erscheint als ein ziemlich breiter Streifen, dem das Ectoplasma fehlt; er erstreckt sich vom vorderen bis zum
hinteren Peristomende. Weit besser jedoch lässt er sich an optischen Querschnitten erkennen. Betrachtet
man nämlich auf dem Hinterende stehende Exemplare (Fig. 90), so erblickt man, dass die scharf begrenzte,
homogen erscheinende Ectoplasmaschicht nicht das ganze Peristom continuirlich auskleidet. In einem
Bereiche (näher am linken Peristomrande) fehlt sie vollkommen, so dass das körnige Entoplasma dort zur Oberfläche
tritt (Fig. 90o) und somit die Stelle des Mundspalts angiebt. Ein Schlund fehlt vollkommen.
Der linke Peristomrand (1. Pr.) ist stark verdickt und wulstartig aufgetrieben (Fig. 87 u. 89); diese
Erhebung ist in der Mittelregion des Körpers am breitesten und fällt nach vorn und hinten allmählich ab,
wobei sie am hinteren Peristomende oberhalb der Lamelle (Hypostom) gelegen ist. In ihrer ganzen Ausdehnung
ist eine grosse und starke u n d u liren d e Membran (Fig. 87, 88, 90) befestigt, die im ausgebreiteten
Zustande bis zum rechten Peristomrande (r. Pr.) hinüberreicht, so dass sie den ventralen Peristomeingang ganz
überdeckt. Am vorderen Körperen de ragt die Membran frei nach aussen hervor und kann öfters fächerartig
zusammengelegt werden. Sie ist deutlich und fein quergestreift. Im optischen Längsschnitte (Fig. 88
m. 1.) erscheint sie dagegen längsgestreift. Diese Structur spricht sehr für die Annahme, dass die Membran
wahrscheinlich durch Verklebung oder Verwachsung mehrerer Reihen sehr langer Cilien entstanden
ist. Zuweilen erscheint sie an mehreren Stellen geschlitzt und kann sogar in einzelne Cilien zerfasert sein,
was besonders an ihrem vorderen Ende öfters zu bemerken ist. Längs des ganzen rechten Peristomrandes
(r. Pr.) zieht ebenfalls eine undulirende Membran (Fig. 87—90 m. r.) hin, welche aber bedeutend niedriger
und dünner als die erste ist. Am vorderen Körperende springt sie auch etwas zipfelartig hervor und zieht
nicht bis zum hintersten Peristomende (Fig. 88 u. 89), sondern hört gleich unterhalb des Hypostoms auf.
Diese Membran ist meist nach dem Inneren des Peristoms gekehrt und desshalb von der Ventralseite schwer
zu erkennen. Sie ist ebenfalls deutlich quergestreift und am vorderen Ende öfters in einzelne Cilien zerfasert.
Ausser diesen beiden Membranen erhebt sich in der Tiefe der peristomartigen Aushöhlung noch
eine dritte undulirende Membran (Fig. 87, 89 und 90 m. i.), die zum Unterschiede von den beschriebenen lin k en
und re ch te n als die in n e re zu bezeichnen wäre. Sie entspringt-von einer längs verlaufenden, leistenartigen
Erhebung (1.), die unweit des rechten Peristomrandes (r. Pr.) gelegen ist und erstreckt sich durch
die ganze Länge des Peristoms. Es ist schwer zu entscheiden, ob dieses Gebilde eine wirkliche Membran ist.
In Flächen- und Seitenansichten (Fig. 87 u. 89 m. i.) erscheint sie wie eine dichte -Cilienreihe, die von der
leistenartigen Erhöhung des Peristoms entspringt. Untersucht man aber optische Querschnitte (Fig. 90), wie
man sie an auf dem Hinterende stehenden Exemplaren zu beobachten Gelegenheit hat, so glaubt man wieder,
dass es eine Membran ist. An solchen Frontalansichten lassen sich auch die beiden anderen Membrane am
besten wahrnehmen.
Die Lage des Afters wurde nicht mit Sicherheit festgestellt. Jedoch glaube ich einmal gesehen
zu haben, dass Nahrungsreste am Hinterende des Körpers auf der Ventralseite ausgestossen wurden.
Die contra c tile Vacuole (c. v.) liegt fast in der Mitte des Körpers, etwas rechts auf der Dorsalfläche;
von ihr führt schief nach hinten und rechts ein langer und schmaler ausführender Kanal, welcher durch
einen Porus auf der Ventralseite rechts vor dem hinteren Peristomwinkel nach aussen mündet. Dieser von
S te in entdeckte Kanal wurde von Prof. B ütschli zuerst wieder beobachtet. Während der Diastole bilden
sich im Umkreise der contractilen Vacuole mehrere verschieden grosse Bildungsvacuolen, welche nach erfolgter
Systole zu einer neuen zusammenschmelzen. Bei der Systole wird die dünne Plasmaschicht, welche die contractile
Vacuole vom Kanal abschliesst, durchbrochen und der Inhalt der Vacuole durch den Kanal und Porus
nach aussen befördert.
Der Makronucleus (N) liegt im Hinterende des Körpers, näher zur linken Seite; er ist nierenförmig,
besitzt einen körnig-netzigen Bau und wird stets von einem kugeligen, homogenen Mikronucleus (ncl) begleitet.
Lembadion bullinum gehört zu den seltenen Infusorien und tritt nicht in grossen Schaaren,
sondern meist einzeln auf. Es lebt in frischen, klaren Wässern und scheint faulende Infusionen nicht zu ertragen.
Es bewegt sich ziemlich rasch und immer in gerader Richtung; dabei schwimmt es ebensogut mit
dem vorderen wie mit dem hinteren Ende voran. Im letzteren Falle dreht es sich stärker um seine Längsachse
und macht wackelnde Bewegungen. Es kann auch plötzlich die Richtung der Bewegung verändern,
wobei die langen, borstenähnlichen Wimpern in Anwendung gebracht werden. An einem Platze bleibt es
nie ruhig liegen. Die undulirenden Membranen werden gleichfalls fortwährend bewegt, und scheinen nicht
nur zur Herbeischaffung der Nahrung, sondern auch zur Fortbewegung zu dienen. Die Nahrung besteht
ausschliesslich aus pflanzlichen Stoffen, wenigstens habe ich nie gesehen, dass Lembadion andere Infusorien
angriffe. Es scheint eine besondere Vorliebe für Diatomeen zu haben und kann verhältnissmässig sehr
grosse Exemplare verschlingen.
Der Körper ist elastisch und formbeständig; er ist farblos, aber etwas ins grünliche fallend. Das
Thier erträgt nicht die geringste Pression und geht unter dem Deckglas sehr schnell zu Grunde, wobei es
öfters sämmtliche Cilien abwirft.
Es ist sehr möglich und sogar wahrscheinlich, dass die Körperorientirung, die bis jetzt gegeben
wurde, nicht richtig ist, worauf mich zuerst Prof. B ü tsc h li aufmerksam machte. Man könnte eher
daran denken, das hintere Ende des Körpers als das vordere aufzufassen, da die hinter dem Peristomende
winklig auf einander stossenden Körperstreifen dafür zu sprechen scheinen (wie es bei Glaucoma eingehender
gezeigt wurde, s. pag. 32). Dies ist jedoch blos eine Vermuthung, welche von B ü tsc h li ausgesprochen wurde
und die mir vollkommen berechtigt erscheint. Auch stehen die Bewegungserscheinungen des Thieres mit dieser
Orientirimg nicht im Widerspruche,' wohl aber die Lage des Afters, wenn sie wirklich eine solche ist, wie ich
einmal gesehen zu haben glaube.
Lembadion b u llin um wurde zuerst von 0. F. Müller unter dem Namen B u rs a ria bullinum
beschrieben und später von P e r ty zu einer selbständigen Gattung erhoben.. Die von ihm gegebene Beschreibung
und Abbildung sind aber sehr mangelhaft. Viel eingehender untersuchten es Claparede und
Lachmann und erkannten die allgemeine Körpergestalt und das Peristom ganz richtig. Auch sahen
sie am vorderen Peristomende zwei Cilienbündel, welche zweifellos den zipfelartig hervorragenden Enden
unserer linken und rechten undulirenden Membran entsprechen. Sie verkannten aber die Membranen, indem
sie die rechte übersahen und die linke (welche wahrscheinlich zerschlitzt war) als eine, Cirrenreihe deuteten.
B ib lio th e o a zoologioa. H e f t 5.