Bei Echinorhynckus angustatus und Eckinorhynchus haeruca dürfte -wohl schon die dorsale Lage
der hier in Betracht kommenden beiden Muskelröhren eine derartige Wirkungsweise von vorn herein
ausschl iessen. Aber auch bei Eckinorhynchus gigas spricht der Bau und die Anordnung der Längsfasern
nicht zu Gunsten einer solchen Auffassung. Die ■ abgeflachten, bandförmigen Muskelröhren liegen dicht
gedrängt, ohne grössere .Spalträume zwischen sich zu lassen, neben einander. Unter solchen Umständeu
ist man wohl berechtigt, anzunehmen, dass die Wirkungsweise des Muskelmantels sieh nicht, wesentlich
von derrbrnes dickwandigen Längsfaserhohlcylinders unterscheiden dürfte. Es lässt sich nun sehr leicht
durch das Experiment (z. B. an einem elastischen Gum mischlau ehe) und durch die mathematische Berechnung
der Nachweis liefern, dass in jed e r Kontraktionsphase der Querschnitt des Hohlcylinders umgekehrt
proportional seiner Länge, der kubische Inhalt also konstant ist.
Aus den oben angcstelltcn Erwägungen folgt, dass wir es hier mit gänz demselben Mechanismus
zu thun haben, den wir schon in der Muskulatur der Leibeswand kennen lernten. Die Zirkulärfasern
der Scheide und die zu den Seiten des Vas efferens herabziehenden Längsmuskeln funktioniren als
Antagonisten. Durch die Kontraktion der ersteren wird eine Zusammenschnürung, durch die Verkürzung
der letzteren aber eine Ausweitung der Genitalscheide herbeigeführt. Man kann gemäss ihrer Wirkungsweise
die Ringmuskelfasern als Constrictores. die Längsbänder aber als Dilatores bezeichnen.
Aus dem oben Gesagten ergiebt sich ferner, dass keines der beiden Muskelsysteme für sich
allein im Stande ist, einen Druck auf die Inhaltsmassen der Samenleiter und der Kittgänge auszuüben,
sondern dass hierzu das gleichzeitige Zusammenwirken der Ring- und Längsfasern unbedingt noth-
wendig ist.
Unter dem Vas efferens liegt, gleichfalls die Mediane einhaltend, der Markbeutel des Bursäl-
muskels, jenes eigenartige Organ, dessen Avahrer Charakter erst von S ä f f t i g e n erkannt wurde. In
früherer Zeit Avar man gewöhnt, ihn als Samen blase (P a g e n s t e e h e r , G r e e f f , x. L in s to \v ) anzusehen,
oder als Drüsenkörper, dessen Sekret sich in den Samenleiter ergiessen sollte ( L e u c k a r t ) , in
Anspruch zu nehmen.
Ueberdies muss ich hier, uiii etAvaigen Irrthiimern vorzubeugen, hervorheben, dass L e u c k a r t 1)
deu Markbeutel und das Vas efferens bei Echinorhynchus gigas mit einander verwechselt hat. Denn jene,
au f pag. 779 beschriebenen, in Fig . 375 abgebildeten zwei, wie die Schalen einer Schote geformten
Muskelbänder sind in der That nichts anderes als die Kompressoren des Bursalmuskelbeutels^und die
dorsal davon gelegene helle Drüse, die durch einen geAvundenen Gang in das vermeintliche, zwischen
den Muskelschoten gelegene Samengefäss (Markbeutel) einmünden soll, das Vas efferens.
Zum Zwecke der Detailbeschreibung w o lle n Avir uns an Eckinorhynchus angustatus u n d Echinorhynckus
haeruca halten, weil hier die Strukturverhältnisse der fraglichen Bildungen einfacher und besser
verständlich sind als bei Eckinorhynchus gigas.
Der Markbeutel hat die Gestalt einer schlanken Birne und..mündet vermittelst'diiies dünnen,
aber langen und hohlen Stieles unterhalb des Begattungsgliedes in den halbkugelförmigen Bursalmuskel
ein. An ihm lassen sich zwei scharf gesonderte und vollkommen selbständige Theile unterscheiden,
nämlich ein aus Ringfasern gebildeter Muskelmantel und der eigentliche Markbeutel.
Die menschlichen Parasiten, Bd. 2, pag. 778—780.
Was zunächst den ' letzteren angeht, so zeigt derselbe die nämliche Beschaffenheit wie die
häutigen Markbeutel, die wir an der Hautmuskulatur des Riesenkratzers und Eckinorhynchus porrigens
kennen lernten.
Diè Umhüllung bildet eine derbe, aber strukturlose-, meist sehr intensiv gefärbte Sarkolemma-
membrail (s. Tafel' 3, Fig. 9 Mb). Der Inhalt besteht aus zahllosen, netzartig verwobenen Protoplasma-
fäden, welche die beiden grossen, länglichovalen Kerne kapselartig umgeben und offenbar dazu bestimmt
sind, diè letzteren in einer unveränderlichen Lage zu erhalten (s. Tafel 3, Fig. 1 Mb). In den Maschen
und Hohlräumen des Netzwerkes zirkulirt die Muskelflüssigkeit, eine viele stark glänzende Körnchen
enthaltende Lösung eiAveissartiger Stoffe. Der Muskelmantel liegt dem Markbeutel überall direkt auf
und erinnert in seinem feineren Baue an die Rüsselscheiden (s. Tafel 3, Fig. 9 Rmmb). Die zahlreichen,
dünnen Zirkulärfibrillen gruppiren sich zu ringförmigen Platten, die in grösser Zahl über einander liegen
und aussen von einer sehr dicken Sarkolemmagrenzschicht zusammengehalten ave r d e n . Auf der Innenfläche'
des dickwandigen Faserhohlcylinders breitet sich das Mark aus, das ähnliche papillóse Vorsprünge
wie die Rüsselscheiden zeigt (s. Tafel 3, Fig. 1 Rmmb; Fig. 9 Rmmb). Die innere Begrenzung liefert
wiederum ein dünnes Sarkolemmahäutchen. An der Uebergangstelle des Beutels in den Stiel weitet sich
an der Dorsalfläche der Markraum des Constrictor beträchtlich aus und bildet zwei halbkugelförmige
Kapseln, deren jede einen Kern umschliesst (s. Tafel 3, F ig < 1 Rmmb).
Die äussere Form des Markbeutels ist bei Eckinorhynchus gigas eine andere, insofern nämlich
seine Wandungen in Folge seitlicher Kompression sich stark abgeflacht haben und einen fast parallel-
epipedischen Raum umgrenzen. In Betreff der histologischen Bildung schliesst sich der Markbeutel deb
Riesenkratzers in allen wesentlichen Punkten an die oben geschilderten Verhältnisse an (s. Tafel 3.
F ig. 3 Mb; Fig. 11 Mb).
Der Muskelmantel des Bursalmarkbeutels aber hat eine wesentliche Modifikation erfahren, indem
e r ganz nach Art der äusseren Rüsselscheide des Eckinorhynchus proteus in zwei Halbcylinder sich zer-
theilt hat. Selbige stossen mit ihren zugeschärften Rändern in der Medianebene entweder direkt
zusammen (s. Tafel 3, Fig. 11 Rmmb), oder sind durch zwei dicke Sarkolommastreifen mit einander
verbunden (s. Tafel 3, Fig. 3 Rmmb). Sie bestehen aus zahlreichen dünnen, sichelförmig gebogenen
Fibrillenplatten, die mit ihren konvexen Rändern an der dicken Sarkolemmascheide befestigt sind (s. Tafel 3.
Fig. 4 Rmmb). Auf die Fibrillenrinde folgt nach innen ein ansehnlicher Markraum, in dem gehalten
durch das Netzwerk der Protoplasmafäden ein grösser, mit einem fettartig glänzenden Nueleolus versehener
Kern gefunden Avird (s. Tafel 3, Fig. 3 Rmm; Fig. 11 Rmm).
Symmetrisch zu den beiden Seiten des Vas efferens und des Bursalmarkbeutels liegen die Ausführungsgänge
der Kittdrüsen, die bei Eckinorhynchus angustatus und Eckinorhynchus haeruca konstant
in der Sechszahl, beim Riesenkratzer aber bald in der Sechszahl, bald aber auch in der Achtzahl \'or-
handen sind. Der histologische Bau derselben hat auch nach dem Eintreten in das Muskelrohr des
Ductus ejaculatorius keine merkliche Veränderung erfahren. Ungefähr in der Mitte der Genitalscheide
weiten die Kittgänge sich in dem Maasse aus, dass man geneigt sein könnte, sie. als förmliche K ittreservoire
zu betrachten. Die meist radial gestellten, durch die gegenseitige Berührung abgeflachten
Wandungen scheinen bèi Echinorhynchtis gigas auf grössere Strecken mit einander, verwachsen zu sein