Daten. Wy v i l l e T h om s o n 1) giebt an, dass unterhalb 200 Faden pflanzliche Organismen fehlen,
während Be r t h o l d 8) in 130 Meter Tiefe bei Capri, Ventotcne und Ponza im Hochsommer noch eine
reiche Algenflora vorfand. Er ist sogar der Ansicht, dass in 100—120 Meter die Lichtintensität noch
sehr beträchtlich sein muss, da in 80 Meter Tiefe die Wirkungon direkter Insolation bemerkbar waren.
So sehr ich es auch bedauern muss, dass mir ein Apparat von S i g s b e e nicht zur Verfügung stand, so
glaube ich doch nicht fehl zu gehen, wenn ich in Anbetracht der oben mitgetheiltcn Versuche über das
Vordringen des Lichtes annehme, dass selbst in 250—300 Meter Tiefe den Diatomeen, Flagellaten und
sonstigen niedrigen pflanzlichen Organismen im Hochsommor genügendes Licht zur Assimilation geboten wird.
Ziehen wir nun in Betracht, dass die pelagische Tiefonfauna wegen der gleichmässigen Temperatur
bis zu 150—200 Meter aufsteigt, dass > andererseits die an der Oberfläche erscheinenden Thiere ganz
beträchtliche Oscillationen in vertikaler Richtung unternehmen, so dürfte doch die Frage nach der
Ernährung der polagischen Ticfscethiere weniger Schwierigkeiten darbieten, als es anfänglich scheinen
mag. Radiolarien, Copepoden, Ostrakoden und Appendicularien ist der Genuss pflanzlicher Organismen
ermöglicht und bei dem ständigem Auf- und Niederstoigcn geben sie wieder die Nahrung für die grösseren,
auf animalische Kost allein angewiesenen' Formen ab. Dass offenbar in den grössten Tiefen des Oceans
noch Radiolarien leben, kann nicht befremden, da diese sich von anderen Radiolarien zu nähren vermögen,
welche aus don oberen Schichten zu ihnen gelangen". B r a n d t hat ja oben (p. 11) darauf aufmerksam
gemacht, dass die Dictyocha Messanensis ein sehr charakteristisches Nährmaterial für die in der Tiefe
lebenden Radiolarien und Ostracodon abgiebt. Da ich andererseits wieder die Phäodarien in dom Magen
der Medusen und Tiofseeappondicularien auffand, so kann ich mir immerhin vorstellen, dass auch ausser
abgestorbenen, von der Oberfläche niedersickernden Thier- und Pflanzenresten den Ticfseethieren eine
reiche Quelle lebenden Materiales zur Ernährung flicsst.
4. Die constante pelagische Oberflächenfauna.
Den wechselnden Existenzbedingungen an der Oberfläche des Meeres, vor Allem der direkten
Insolation und der hohen Oberflächentemperatur während des Sommers haben sich eine ganze Anzahl
von pelagischen Thieren angepasst. Nie fehlt an der Oberfläche auch während der heissen Jahreszeit
völlig das thierische Leben. Radiolarien, Schwärme von gelappten Rippenquallen und kleinen craspedoten
Medusen, Copepoden und Sagitton trifft man auch an wolkenlosen heissen Sommortagen um die Mittagszeit
an der Oberfläche an. Als ein bemerkonswerthes Ergebniss der mit dem Schliessnotz angestelltcn
Untersuchungen muss ich die Thatsache bezeichnen, d a s s d e r g r ö s s t e Th e i 1 d e r w ä h r e n d d e s
T a g e s im Ho c h s omme r an d e r O b e r f l ä c h e e r s c h e i n e n d e n p e l a g i s c h e n T h i e r e in
*der Ti e f e d u r c h a u s f e hl t . Ich habe ja oben (p. 51) darauf hingewiesen, dass manche Arten, so
z. B. Diphyes Sieboldii, Euphausia peUucida, Salpa democratica und die kleineren Arten von Doliolum,
gleichzeitig an der Oberfläche und in der Tiefe auftreten. Ihnen stehen nun jene Formen zur Seite,
welche die constante „superficiale p« flngischc 5 Fauna“ zusammensetzen.
*) W. T h o m 8 o 11. The Depths o f the Sea \>. 45.
*)• G. B e r t h o l d , Ueber die Vertheilung der Algen im Golf von Neapel. Mitth. Zoo!. Stution Neapel, Bd. 8, p. 401.
Z u ’ihnen sind in erster Linie die auf der Oberfläche flottirendon Siphonophorcn, nämlich die
Phvsalien, Porpiten und Velellen zu zählen. Ich habe bei Erörterung der horizontalen geographischen
Verbreitung der pelagischen Thiere bereits die eigenthümlichen Anpassungen betont *), welche die passive
Bewegung durch don Wind und die exponirte Lage des Körpers bedingen.
Unter den im Wasser flottirendon Formen hebe ich in erster Linie die coloniebildenden
Radiolarien hervor. B r a n d t 8) hat in seiner trefflichen Monographie der coloniebildenden Radiolarien
bereits ausdrücklich betont, dass sie trotz der Temperaturschwankungen im Winter und Sommer
an der Oberfläche auch während des Tages gefunden werden. Aus den von ihm, Be r t h o 1 d und
Semmo l a geführten Aufzeichnungen ergiebt sich, dass die Temperatur des Oberflächenwassers im Winter
sich bis auf 13,3° erniedrigt, im-Sommer dagegen bis zu 26,7° im Golfe von Neapel steigt. Aus seinen
oben mitgetheilten Bemerkungen (p. 11) geht weiterhin hervor, dass mit Ausnahme von Sphaerozoum
acuferum die ooloniebildendon Radiokricn in dor Tiefe fehlen, wahrend umgekehrt die in dämmeriger
Tiele lobenden Formon constant durch den Mangel gelber Zollen ausgezeichnet sind.
Unter den Cölenteraton war dor Mangel der an der Oberfläche gemeinen Euoopidon in der Tiefe
bemerkenswerth.
Unter den grösseren pelagischen Thieren sind weiterhin die gelappten Ctenophoren, nämlich
Eucharis multicornis und Bolina hydatinct, die typischsten Bewohner der Oberfläche. Nie fanden sich in
den Tiefennetzen erwachsene Exemplare oder Larven vor — ein Umstand, der um so auffälliger erscheint,
als die nahe verwandten Cestiden während des Sommers die Tiefe aufsuchen. In gewaltigen Schwärmen
traf ich gleich bei meinen ersten Ausfahrten die früher nur selten beobachtete Bolina hydatina und nicht
minder gemein die grosse Eucharis an der' Oberfläche zu jeder Tageszeit an. Damit stimmen auch
meine früheren, über mehrere Jahre sich erstreckenden Beobachtungen8) überein, aus denen hervorgeht,
dass lediglich Eucharis multicornis von allen Rippenquallen den ganzen Sommer hindurch auch bei Tage
an der Oberfläche auftritt.
Unter den Würmern scheint die gemeine Sagitta bipunctata auf die. Oberfläche beschränkt zu
sein, während die verwandten Arten, wie S. liexaptm und S. serratodmtata in grosson Mengen zugleich
die Tiefe bevölkern.
f f f i 0 . e i l .1 .1, lieber die geographische Verbreitung der pelagisch lobenden Seethiere. Zoolog. Anzeiger 1886, No. 211,
215, p. 72. „Dagegen wird uns der eigentlifimliohe Bau der Velellen erst verstllndlich, -
die passive Bewegung durch den Wind in Betracht ziehen. D ie Aui
Gestalt de« Mantels, die Verkürzung der b’angfuden zu tasterlthnlicl
, die Wirkung der Fangfüden ergltnzt und das Verkleben der Beutethiere bedingt, da.
. ein Ausfrocknon der der Luft ausgesetzten Regionen des Körpers verhütet und endlich die
, Luftlöchern auf der Oberseite der L.iftk.ini.i.ori., welche dor von der Sonne stark
Luft den Austritt g e sta tten : das Alles sind Mo:
die reiche Ausstattung der Velellen mit gelben Zellen, die nosterwei«e in den Gofüssen liegen, dürfte darin ihre Erklärung f
dass bei Windstille die Thiere oft lange Zeit an .
erwerben, auf die Ernährung von Seiten ihrer i
*) c . B r a n d t , D ie coloniebildenden Radiolarien, Fauna und Flora des Golfes von Neapel. Bd. 13, p. 114—119.
“) C. C h u n , D ie Ctenophoren des Golfes von Neapel, 1880, p. 2 8 6—239.