Von Copepoden hebt G i e s b r e c h t oben (p. 27) ausdrücklich den Mangel des Genus Pontellina
in der Tiefe hervor. Fortgesetzte Beobachtungen müssen weiterhin darüber Aufschluss geben, welche
sonstige Copepoden Oberflächenformen repräsentiren.
Ich bin überzeugt, dass die hier aufgeführte Liste von superficialen Thieren durch fortgesetzte
Beobachtungen eine ebenso wesentliche Bereicherung erfahren wird, wie die früherhin mitgetheilte über
die pelagischen Tiefenbewohner. Immerhin genügen die erwähnten Formen, um mit Sicherheit die Auffassung
vertreten zu können, dass ein Theil der pelagischen Thierwelt während des Sommers nicht in
die Tiefe wandert, sondern in hohem Maasse gegen Schwankungen der Temperatur und gegen direkte
Insolation unempfindlich erscheint.
Inwiefern die Fähigkeit, ausgiebige Temperaturschwankungen zu ertragen, auf die Lebensäusserungen
superficialer Thiere rückwirkt, ist uns kaum bekannt. Ich glaube daher meine Darlegungen
über die Biologie pelagischer Thiere nicht besser abschliessen zu können, als indem ich auf eine Erscheinung
im Entwicklungsleben der superficialen gelappten Ctenophoren aufmerksam mache, für deren Ver-
ständniss vielleicht die eigentümlichen Existenzbedingungen an der Oberfläche in Anschlag zu bringen sind.
5. Die Dissogonie der gelappten Ctenophoren.
Wie eben ausdrücklich betont wurde, so steigen die gelappten Ctenophoren während des Sommers
nicht in die Tiefe, sondern verweilen an ruhigen Tagen dem direkten Einfluss der erhöhten Temperatur
und des Sonnenlichtes ausgesetzt an der Oberfläche. Sie zeigen auch während des Sommers eine rege
geschlechtliche Thätigkeit und so erklärt es sich, dass man gleichzeitig Larven in allen Entwicklungsstadien
und junge Thiere in überreicher Zahl antrifft.
Nicht wenig wurde ich bei dem Studium der postembryonalen Metamorphose der Eucharis multicornis
während des Sommers 1877 durch die Wahrnehmung überrascht, dass die cydippenförmigen Larven
durchweg Geschlechtsprodukte in vier von den acht Meridionalgefässen entwickeln ^ Es gelang mir
nicht nur befruchtete Eier von den Larven zu erhalten, sondern auch die Embryonalentwicklung zu
verfolgen und eben ausgeschlüpfte Junge aus Larveneiem zu züchten. Im Winter hingegen war eine
derartige* Geschlechtsreife bei Larvenformen nicht zu beobachten.
Ich kam zu der Auffassung, dass die Fortpflanzungsweise der Eucharis unter die Erscheinungen
der Heterogonie falle, zumal nur die jungen Larven, nicht aber die zur Metamorphose, sich anschickenden
älteren Uebergangsstadien geschlechtsreif angetroffen wurden. Immerhin wäre eine solche Deutung erst
dann völlig gesichert gewesen, wenn über das spätere Schicksal der geschleehtsreifen Larven sowohl, wie
der von ihnen stammenden jungen Brut ein weiterer Aufschluss hätte erlangt werden können.
Was ich damals unerledigt lassen musste, vermag ich nun in hoffentlich befriedigender Weise
nachzuholen. Freilich zeigten die Züchtungsversuche, dass eine Heterogonie nicht vorliegt, wohl aber
lehrten sie eine cyclische Entwicklungsweise kennen, die bis jetzt einzig in der Thierreihe dasteht. Da
ich dieselbe in einer ausführlichen-Publikation noch eingehend darlegen ■ werde, so beschränke ich mich
*) C. C h u n , 1. c. p. 143—147.
an dieser Stelle auf eine knappe Mittheilung und stelle hauptsächlich jene Momente in den Vordergrund,
welche vielleicht erst mit Rücksicht auf die Existenzbedingungen der ständig an der Oberfläche lebenden
pelagischen Thiere ihre Erklärung finden.
Eine Geschlechtsreife der jüngsten Larven ist offenbar unter den gelappten Rippenquallen weiter
verbreitet, als wir bis jetzt vermuthen. Ni c h t n u r d i e L a r v e n d e r Eu c h a r i s mu l t i c o r n i s ,
s o n d e r n au ch j e n e d e r Bo l i n a h y d a t i n a w e r d e n k u r z n a c h de m V e r l a s s e n d e r
Ei hü I le g e s c h l e c h t s r e i f . Ich erwähnte ja schon, dass ich Ende August und Anfang September
in grossen Schwärmen eine gelappte Ctenopliore antraf, welche ich früherhin als Bolina hydatina beschrieben
und abgebildet hatte. (1. c. Taf. 4, Fig. 5 u. 6). Es fehlte zu derselben Zeit die Eucharis multicornis
in jenem Theile des Golfes, der. vom Posilipp begrenzt wird. Erst im freien Meere traf ich die aueh
späterhin in den Golf vordringende Eucharis an. Gleichzeitig mit der Bolina waren ihre cydippen-
förmigen Larven zahlreich in dem Oberflächenauftrieb vertreten u n d zwa r war e n s äi n m t l i c h e j u n g e
La r v e n ohne Au s n ahme ges ch 1 e ch t s r eif. Damit bot sich mir die schon lange ersehnte Gelegenheit,
durch systematische Züchtungsversuche einen genauen Einblick in die cyclische Entwicklung zu
erhalten. Die Larven der Bolina waren denn auch vorzüglich hierzu geeignet. Nicht nur Hessen sie
sich lange Zeit (4—5 Wochen) am Leben erhalten, sondern es gelang auch mehrmals, an einer und derselben
Larve die gesammte postembryonale Metamorphose zu verfolgen. Zudem floss mir das Material
so reichlich zu,, dass ich stets an frisch eingefangenen Stadien die Entwicklungserscheinungen der in
Gläsern längere Zeit verweilenden Larven zu controliren vermochte.
Die Resultate sind nun kurz folgende: Zwei bis drei Tage nach dem Verlassen des Eies werden
die kleinen, 1—2 Millimeter messenden Larven geschlechtsreif. Nur vier Gefässe und zwar die vier
subventralen, schwellen, genau wie bei den üTacAaris-Larven, zu vier ansehnlichen Zwitterdrüsen an. Die
Larven legen befruchtete Eier ab und gleichzeitig wachsen sie heran. Fig. 5 stellt eine in voller
Geschlechtsreife befindliche junge Larve vom Sinnespol aus gesehen dar, Fig. 6 zeigt eine ältere in der
Seitenansicht von der Magenebene aus. Die Eiablage dauert einige Tage, während deren die Larven
an Volum beträchtlich zunehmen und gegen 4 Millimeter gross werden. Allmählich sistirt die Produktion
von Samen und Ei und es beginnen die Larven zur Metamorphose sieh anzuschicken. Eingeleitet wird
dieselbe durch eine Verlängerung der Meridionälgefässe und durch Vermehrung der Schwimmplättchen.
Ursprünglich waren es deren vier in jeder Rippe, späterhin nimmt ungefähr proportional der Grösse der
Larven auch die Zahl der Plättchen zu. Die subventralen Rippen enthalten bald mehr Sehwimmplättchen
als die subtentakularen. Während gleichzeitig die Lappenanlage deutlich hervortritt und die Tentakular-
gefässe schräg nach abwärts steigen, werden die Geschlechtspirodukte in den subventralen Gefüssen rückgebildet.
Ein Zeit lang ist noch deutlich unterhalb der Rippen eine Schwellung nachweisbar, doch
schwindet sie, bevor die Meridionälgefässe in Communikation treten. Fig. 7 stellte eine der ältesten
Larven dar,- an der die Anschwellung der Gefässe noch kenntlich ist, obwohl sie bereits die Länge von
9 mm erreicht hatte.
Es ist nicht meine Absicht, die Details der Metamorphose zu erörtern, und daher begnüge ich
mich mit dem Hinweise, dass zunächst die subventralen Gefässe auf den Lappenanlagen in Communikation
treten, während späterhin die subtentakularen sich mit den Magengefüssen vereinigen. Die Tentakelbasis
wird nicht, wie bei Eucharis, rückgebildet, sondern persistirt, während der larvale Fangfaden eist