Die Mundarme sind kurz, kaum so lang als der Schirmradius und bestehen aus einem stark verkürzten
Oberarm und einem 3—4 mal so langen gerundet 3kantigen Unterarm, der dicht mit Saugkrausen
bedeckt ist und ausser dem terminalen noch zuweilen einzelne zerstreute, kleinere Gallertknöpfe zwischen
den Saugkrausen trägt. Zwischen den Mundarmen endlich, die ganze Mundscheibe einnehmend, hängt ein
starkes Büschel von mehr als 20 Peitschenfilamenten herab, die ungefähr l 1/* mal so lang als der Schirmdurchmesser
sind. Bei dem einen mir vorliegenden Exemplar jedoch, welches weniger kräftig ist als die
beiden anderen und flach gewölbten Schirm hat, finden sich nur 8 solcher Peitschenfilamente.
Das System der Rhizostomen.
Unter den oben beschriebenen Rhizostomen sind Vertreter der Toreumiden, Pilemiden, Versuriden
und Crambessiden vorhanden, d. h. alle 4 Familien, in welche Haeckel die Rhizostomen theilen zu müssen
glaubte. Da sich mir ausserdem vorzüglich cönservirtes Vergleichsmaterial bietet aus der Sammlung des
hiesigen zoologischen Museums, darunter zwei Haeckel’sche Originale von Rhizostoma octopus und Cram-
bessa Pictonum und da dieses Material ergänzt wird durch die vorzüglichen Abbildungen von Haeckel,
Agassiz, Claus, Grenacher und Noll, so bin ich im Stande, mir ein allgemeines Urtheil über die gesammte
Gruppe der Rhizostomen zu bilden. Ein solcher Ueberblick berechtigt mich, eine kritische Beurtheilung
und Verbesserung des alten Systems der Rhizostomen zu versuchen. Die Nothwendigkeit eines neuen
Systems der Rhizostomen wurde von Claus*) schon 1883 dargethan, indem er nachwies, dass das Haupt-
eintheilungsprinzip Haeckels, das Auftreten oder Fehlen eines Subgenitalporticus nicht einmal als Art-
character gelten könne,' weil sonst ältere und jüngere Thiere derselben Art getrennt werden müssten.
Dem zweiten Einwurf, den Claus dem System Haeckels macht, muss ich ebenfalls zustimmen. Es lässt
sich keine deutliche Grenze zwischen Unicrispaten und Multicrispaten ziehen. Das von Claus, der Phyllo-
rhiza und Cotylorhiza vergleicht, gewählte Beispiel scheint mir nicht recht geeignet, dieses Verhalten zu
demonstriren, Phyllorhiza besitzt nach den allerdings zu kurzen Beschreibungen deutlich dreilappige Arme,
während Cotylorhiza einfach gabelspaltige Arme, wie die übrigen Cepheiden, hat, die nur gezwungen als
dreilappig gedeutet werden können. Mehr erinnert die Armbildung der Cotylorhiza an die Unterarme der
Stomolophiden, wo man allerdings zweifelhaft sein kann, ob Gabeltheilung oder dreiflügelige Bildung vorliegt.
Die Zweifel werden aber einfach gelöst, wenn man andere Eigenschaften in Betracht zieht. Die
Stomolophiden schliessen sich an die Gattung Rhizostoma durch die Ausbildung der Scapuletten an, Cotylorhiza
jedoch darf nicht von den Cepheiden getrennt werden, der Radialmusculatur, die sonst nur bei
Cephea und Archirhiza zu beobachten ist, und der kleinen Subgenitalostien wegen.
Nachdem Claus dann noch auf die Verästelung der Arme bei den Unicrispaten eingegangen und
L. Agassiz auch hierbei wieder gegen Haeckel zu seinem Recht verholfen hat, giebt er eine „vorläufige
*) Untersuchungen über die Organisation und Entwicklung der Medusen. 1883 pag. 57—61.
Orientirung“ der Medusen, die in der That, um seinen eigenen Ausdruck zu gebrauchen,
künstlichen Categorien des Haeckel’schen Rhizostomensystems geradezu ein Bedürfniss war.
mit der später vorzuschlagenden Gruppirung lasse ich die von Claus gegebene Eintheilung
Khizostomae*). $
1. Farn.: Archirhizidae.
Archirhiza, Haplorhiza, Cannorhiza.
2. Farn.: Cassiopeidae.
Toreuma, Polyclonia, Cassiopeia, Versura, Crossostoma*
3. Farn.: Cepheidae.
Cephea, Polyrhiza, Phyllorhiza, Cotylorhiza, Stylorhiza.
. Fäm.: Lychnorhizidae.
Toxoclytus, Lychnorhiza.
5. Farn.: Stomolophidae.
Brachiolophus, Stomolophus.
6. Farn.: Rhizostomidae.
Eupilema, Rhizostoma, Rhopilema.
7. Fam.: Catostylidae.
Catostylus (Crambessa), Mastigias, Eucrambessa.
8. Fam.: Leptobrachiidae.
Thysanostoma, Himantostoma, Leptobrachia, Leonura.
Claus vermeidet es das Prinzip für seine Eintheilung der Rhizostomen anzugeben 5 wir können
dasselbe nur aus den Diagnosen seiner 8 Familien vermuthen. In diesen Diagnosen finden sich aber so
viele überflüssige und relative bei der einzelnen Bestimmung nichts entscheidende Begriffe, dass die wesentlichen
Merkmale nicht genügend hervortreten. Die Familien stehen ausser aller Beziehung zu einander und
man itaeiss nicht, ob eine Eigenschaft die einer derselben zukommt bei einer anderen fehlt oder nicht.
Mit einem Wort die Diagnosen sind nicht präcise genug, daher ist es bedeutend erschwert, nahezu unmöglich
gemacht, einzelne Thiere in diesen Familien unterzubringen. Als Beweis für meine Behauptung führe ich
an, dass bei den Archirhiziden „geringe Körpergrösse“ als Merkmal angeführt und dass bei allen übrigen
Gruppen die Beschaffenheit der Armscheibe, welche entweder „breit und flach“, „stielförmig verlängert
„sehr breit und stielförmig verlängert“ oder „sehr breit“ ist, an erster Stelle erwähnt wird. Das Canalsystem
oder Gefässnetz wird uns als „einfach“, „sehr eng und dicht“, als „relativ einfach“ und als „eng“ geschildert.
Alle diese Ausdrücke sind doch ohne genaue Definition oder Hinweis auf eine normale Form nicht zu verstehen
und solche wie „meist“ oder „relativ“ müssen unbedingt aus jeder Diagnose fortbleiben. Bei der
7. und 8. Familie, den Catostyliden und Leptobrachiiden hebt Claus endlich noch die Ausbildung eines
Subgenitalporticus hervor, ohne zu bedenken, dass dieses Merkmal zu Irrungen führen muss, weil dasselbe
auch einigen Gattungen anderer Familien zukommt, wo nichts davon erwähnt wird.
*) Die Pluralform von Rhizostoma heisst Rhizostomata.
gegenüber den
Zum Vergleich
hier folgen.