Ich kann keiner dieser beiden Anschauungen beipflichten. Vor Allem ist es sämmtlichen Beobachtern
entgangen, dass die Zahl der kleineren den einzelnen Eiern ansitzenden Zellen eine durchaus constante
ist. S te ts u n d o h n e A u sn a hm e h a f te n d e r E i z e lle s ie b e n k le in e Z e lle n an. Man möchte
nun zunächst der Ansicht zuneigen, dass sie Nährzellen repräsentiren, welche von dem wachsenden Ei
resorbirt werden. Dagegen spricht jedoch ihr Verhalten bei jugendlichen und bei ausgebildeten Eiern.
In Fig. 7 bilde ich einen im distalen Ende des Parapodiums gelegen und gerade aus dem Ovarium
losgelösten Zellenhaufen ab, an dem die Eizelle sich durch ansehnlichere Grösse vor den übrigen 7 Zellen
auszeichnet. An anderen Ovarien desselben Thieres findet man bei gleicher Grösse der Eizelle die
sieben Zellen noch im Contakt mit dem Ovarium. Fig. 8 repräsentirt ein älteres, bei gleicher Ver-
grösserung gezeichnetes Ei desselben Thieres. Es besass 39 in der Leibeshöhle flottirende Eier von
gleicher Grösse, an denen ohne Ausnahme die 7 kleinen Zellen festhafteten. Sie haben sich abgerundet
und da sie kaum kleiner erscheinen, als bei dem eben losgelösten Ei, so liegt auf der Hand, dass die
merkliche Volumzunahme des von einer zarten Membran umgebenen Eies nicht auf Kosten der sieben
Zellen erfolgt sein kann. Fig. 9 endlich stellt ein völlig reifes Ei eines anderen in Fig. 1 abgebildeten
Exemplares dar. Die 7 Zellen sind zwar kleiner als in Fig. 8, aber das Ei hat so beträchtlich an Volum
zugenommen, dass der Eikern nahezu die Grösse des eben losgelösten Eies erreicht.
Die Ernährung und das Wachsthum der grossen und schönen Eier kann also nur durch die in
die Leibeshöhle diffundirte Nährflüssigkeit erfolgen. Es ist freilich nicht leicht, an allen ausgebildeten
Eiern die 7 ansitzenden kugligen Zellen nachzuweisen, da die ersteren durch die Conservirung undurchsichtig
werden und da die zahlreichen Dotterkörner bei Behandlung mit Ueberosmiumsäure geschwärzt
erscheinen. Bei genauerem Zusehen lassen sie sich indessen bei vielen Eiern nachweisen, während sie
anderen fehlen. Dagegen bemerkt man noch hie und da in der Leibeshöhle kuglige Zellen, ja sogar
noch zusammenhängende Gruppen von 7 Zellen, die früher den Eiern ansassen. Manche derselben
schienen in deutlichem Zerfall begriffen, wie denn auch an den ausgebildeten Eiern gelegentlich ein Zerfall
einzelner ansitzender Zellen zu beobachten war. Die ausgebildeten Eier sind bei T. euchaeta rund, bei
T. elegans passen sie sich in den schlanken Parapodien den Conturen der Wandung an. Sie erscheinen
bald oval (Fig. 4), bald würfelförmig mit abgerundeten Ecken, bald auch liegt ein Ei bisquitförmig
gestaltet in den beiden Endzipfeln der Parapodien. Die grossen Kerne sind mit einem glänzenden
Kemkörperehen ausgestattet.
So geht denn aus den hier mitgetheilten Beobachtungen hervor, dass die 7 kleinen Zellen weder
als Nährzellen zu betrachten sind, noch dass sie sich successive zu Eiern entwickeln. Freilich bedarf
das definitive Schicksal derselben noch weiterer Aufklärung an lebenden Thieren. Ich kann indessen die
Vermuthung nicht unterdrücken, dass bei manchen Beobachtern gelegentlich der Erwähnung der in der
Leibeshöhle enthaltenen Blutkörperchen eine Verwechslung mit den losgelösten kleinen Zellen unterlief.
Die constante Achtzahl der losgelösten Zellgruppen musste Veranlassung geben, den Bildungsmodus
der Eier in den Ovarien genauer zu eruiren. Ich stiess hierbei auf Verhältnisse, die meines
Wissens bisher unter den Anneliden noch nicht nachgewiesen wurden und welche lebhaft an die Eientwicklung
bei Phyllopoden und Insekten erinnern. D ie O v a r i e n d e r T om o p te r id e n s e t z e n s ich
a u s F ä c h e r n v o n j e 8 Z e lle n z u sam m e n ; in je d em F a c h e e n tw i c k e l t s ic h e in e d e r
u r s p r ü n g l i c h g le ic h g ro s s e n Z e lle n zu d e r E iz e lle .
Zur Demonstration dieses Verhaltens verweise ich zunächst auf Fig. 5. Sie stellt ein älteres
Ovarium der T. elegans dar, aus dem bereits eine Anzahl von Fächern sich losgelöst hat. Sehr
deutlich heben sich zwei Fächer (1 und 2) ab, in denen je eine grosse Zelle als Eizelle wohl erkenntlich
ist. Zwei weitere Fächer (3 und 4) bestehen aus je acht gleich grossen Zellen, welche indessen merklich
kleiner sind, als diejenigen der zuerst erwähnten Fächer. Ein fünftes endlich wird wiederum von acht
kleineren Zellen gebildet. Sämmtliche Zellen sind nicht nur durch deutliche und scharf hervortretende
Membranen von einander abgegrenzt, sondern auch mit einem ebenso prägnant hervortretenden Kerne
und Kernkörperchen ausgestattet.
Dass übrigens diese Struktur nicht nur an älteren Ovarien, sondern auch an jenen, aus denen
sich noch keine Fächer loslösten, deutlich hervortritt, mag ein junges Ovarium der T. euchaeta, das ich
bei schwächerer Vergrösserung mit dem Prisma entwarf, demonstriren. (Fig. 6.)
Scharf heben sich jüngere wie ältere Ovarien von dem zarten Epithel der Leibeshöhle ab und
bei genauerer Analyse fällt es nicht schwer, die einzelnen Fächer von den anliegenden abzugrenzen.
Ich habe die Contouren der 18 Fächer, welche das abgebildete Ovarium enthält, der Uebersichtliehkeit
halber stärker angegeben, bemerke jedoch, dass an den mit einem Gemenge von Chromsäure und
Ueberosmiumsäure behandelten Thieren durch die verschieden intensive Bräunung die einzelnen Fächer
sich um so deutlicher abzeichnen, je mehr der Grössenunterschied der 8 Zellen ausgeprägt ist.
Da weiterhin die Ovarialzellen in zwei Ebenen über einander gelagert sind, so sind von den
tiefer liegenden Zellen gelegentlich nur die Kerne, an den jüngsten Fächern nur die glänzenden Kernkörperchen
angedeutet. Nur in 3 Fächern tritt je eine durch dunklen Ton angedeutete Zelle durch
geringen Grössenunterschied als spätere Eizelle deutlich hervor, während in allen übrigen die 8 Zellen
gleich gross erscheinen. Die Lagerung der betreffenden Zelle scheint für ihre spätere Ausbildung zur
Eizelle nicht massgebend zu sein; bald ist sie randständig, bald wird sie allseitig von Zellen umgeben.
In den jüngsten Fächern konnte ich die Contouren der einzelnen 8 Zellen nicht deutlich erkennen,
obwohl die Kerne in regelmässigen Abständen' gelegen sind. Wenn zufällig in einem Ovarium die heranreifenden
Eizellen derart gelagert sind, dass zwei oder drei mit den zugehörigen Gruppen der 7 kleinen
Zellen altemiren, tritt frappant eine Analogie mit den Eiröhren der Insekten hervor.
Es liegt auf der Hand, dass die 7 kleineren Zellen morphologisch den Nährzellen (Dotterbildungszellen)
der Phyllopoden und Insekten gleich zu setzen sind, obwohl sie in physiologischer Hinsicht nach
dem oben Mitgetheilten nicht dieselbe Rolle spielen. Immerhin ist es möglicly dass sie bei dem ersten
Heranwachsen des Eies im Ovarium Nährmaterial abgeben und dass sie nur deshalb nicht völlig von
dem Ei resorbirt werden, weil dasselbe durch frühzeitiges Loslösen unter sehr günstigen Ernährungs-
verhältnissen in der Leibeshöhle flottirt.
Auf eine Thatsache, die nicht ohne Interesse ist, möchte ich zum Schlüsse noch hinweisen. Nur bei
jüngeren Thieren, in deren Leibeshöhle noch keine Eier flottiren, setzen sich die Ovarien aus einer grösseren
Zahl von Fächern zusammen. Je grösser die Weibchen werden, je mehr freigewordene Eier in der Leibeshöhle
ihrer vollständigen Ausbildung entgegengehen, desto geringer ist die Zahl der Ovarialfächer. Bei
den grössten Exemplaren reducirten sich dieselben bis auf drei, zwei und schliesslich nur noch auf ein
Fach. Endlich schwinden die Ovarien vollständig in den einzelnen Parapodien. Da nun die Ovarien
von ihrem ersten Auftreten an sich scharf von dem Epithel der Leibeshöhle abheben, da in umgekehrtem