cornier, ausfindig zu machen. Nach seiner Rückkehr nach den Vereinigten Staaten von Nordamerika,
bemühte er sieh, da man festgestellt hatte, dass in der Umgebung von Washington die Schweine sehr
gewöhnlich den Echinorhynchus gigas beherbergen, das amerikanische Insect ausfindig zu machen, welches
wohl die spontane Infection der Schweine mit Kratzerlarven verursachte. Da die öetonien in den Ver-
einio-ten Staaten sehr selten und eigentlich nur durch das Genus Euphoria vertreten werden, so fielen
seine Blicke auf die weissen Larven von Lachnosterna. Und in der That hatte S t i l e s einen sehr glücklichen
Griff gethan, denn schon 45 Tage nach der Infection fand er in einer einzigen Lächnosternalarve
gegen 300 wohl entwickelter Kratzerlarven. Ziehen wir ferner die Verhältnisse, unter denen die Lach-
nosternalarven im Freien gefunden werden, in Betracht, so kann wohl kein Zweifel auf kommen, dass
sie den wirklichen Zwischenwirth für Nordamerika repräsentiren. Dagegen befindet sich S t i l e s im
Irrthum, wenn er glaubt, dass ich den Larven von Melolontha vulgo,™ ihrer phytophagen Lebensweise
wegen die Aufzucht von Kratzerlarven abspreche. Die Larven von Cetonia aurata und der übrigen hier
in Betracht kommenden Blumenkäferarten sind ebenso phytophag wie der Engerling des Maikäfers.
Dass die erstgenannte Species sich mit Vorliebe in Ameisenhaufen1) auf hält, kann keineswegs als widersprechendes
Criterium aufgefasst werden; wissen wir doch zur Genüge, dass in grösseren Laubwaldungen
die Larven von Cetonia aurata in morschen Baumstümpfen und in dem lockeren Mulme an dem Fusse
älterer Eichbäume in grösserer Menge vorgefunden werden. Die massgebenden Factoren, welche vorläufig
noch gegen die Zwischenwirthnatur des gemeinen Engerlings sprechen, bilden erstens die That-
sache, dass die Engerlinge schon kurze Frist nach erfolgter Infection mit dem Tode abgehen, dann aber
vor allen Dingen auch die ganz veränderten Verhältnisse, unter denen Sich die Entwickelung der Echi-
norhynchenembryonen vollzieht. Während bei den Larven der Cetoniiden die Embryonen sich in den
Darm einbohren und hier bald zur Ruhe kommen, durchbrechen sie bei den Engerlingen, ohne ihre
Form zu verändern, die Darm wände und treten Wanderungen an, welche offenbar die Gesundheit des
Trägers in so hohem Masse schädigen. Meines Erachtens nach sind wir nur dann berechtigt, ein Thier
als den wirklichen Zwischenwirth eines Echinorhynchus aufzufassen, wenn durch die direete Beobachtung
oder auf experimentellem Wege der Nachweis sich erbringen lässt, dass nicht nur der Parasit im Wirthe
die erforderlichen Bedingungen- zur Weiterentwickelung vorfindet, sondern dass auch der Parasitismus
die Gesundheit und die Existenz des Trägers nicht in dem Masse untergräbt, dass er noch vor Ablauf
der Metamorphose seiner Helminthen durch den Tod abgeht.
Diesen Bedingungen genügen, so weit unsere jetzigen Erfahrungen reichen, nur die Larven der
Cetoniiden und diejenigen der Lachnosterna.
Ueberdies hält es nicht schwer, sich ein klares Bild über den Gang der Infection zu entwerfen.
Zunächst muss ich vorausschicken, dass Echinorhynchus gigas nur bei solchen Schweinen, welche in
grossen Heerden in die Wälder zur Eichelmast getrieben werden, niemals aber bei unseren Ilaus-
schweinen gefunden wird. Diese höchst räthselhafte Erscheinung wird wohl in den folgenden Erörterungen
leicht ihre Erklärung finden.
‘) Dass überdies die Larven von Cetonia atórala gelegentlich Excremente aufsuchen, beweist die Thatsache, dass
in d er Dresdener Umgebung bei Umschaufelung eines Dunghaufens, welcher im Garten aufgestellt war, gegen 50 Stück
Cetoüienlarven gefunden wurden.
Die Echinorhynchen gehören unstreitbar zu den fruchtbarsten sämmtlicher Helminthen. Die
Zahl der Eier, die ein einziges Weibchen des Riesenkratzers zu produciren vermag, beläuft sich auf
viele Millionen. Mit den Kothmassen der Schweine gelangen die Eier auf den Waldboden,, woselbst sie
nun von den Rosenkäferlarven sammt den in den durch Regen ausgewaschenen Excrementen vorhandenen
pflanzlichen Ueberresten gefressen werden. Die am Ende des Chylusmagens frei werdenden Embryonen
bohren sich in die Darmwandung ein und gelangen in die Leibeshöhle ihrer Träger, um dann zu den
geschlechtlich unreifen Larven sich zu entwickeln.
Es ist nun eine längst bekannte Thatsache, dass das omnivore Schwein mit einer gewissen Vorliebe
gerade thierische Substanzen’ zu sich nimmt. Gestattet man also den Schweinen, mulmige Stellen,
wie solche sich am Fusse grösser Eichen vorfinden, zu durchwühlen, so werden von ihnen die darin
befindlichen inficirten Cetonienlarven gefressen. Die Verdauungssäfte des Magens und des Darmes zerstören
den Leib des Zwischenwirthes; die jungen Kratzer werden frei, sie stülpen ihren Rüssel aus und
befestigen sich an der Darmwand, um hier zu den geschlechtsreifen Würmern heranzu wachsen.
Unter der grossen Zahl der Kratzer bieten vielleicht Echinorhynchus angustatus und Echinorhynchus
haeruca hinsichtlich der postembryonalen Entwickelung und der damit verbundenen Metamorphose
die meisten Anklänge an Echinorhynchus gigas.
Die aus den Eiern hervorschlüpfenden Embryonen des Echinorhynchus gigas bohren sich in die
Darm wand ein und kommen nach einer kurzen Wanderung in der äusseren Muskelhaut derselben zur
Ruhe. Sie nehmen ziemlich rasch an Grösse zu und vertauschen dabei ihre schlanke Flaschenform mit
der eines länglichen Ellipsoides. Das Bindegewebe der Darmwand beginnt mächtig zu wuchern und
bildet eine Art Cyste, welche die Kratzerlarve allseitig umhüllt (s. Tafel 1, Fig. 20 bg). Gleichzeitig
aber weichen in Folge gewisser pathologischer Veränderungen, die durch den stetig wachsenden und
•drückenden Larvenkörper hervorgerufen werden, die darüber hiuziehenden Muskelfasern auseinander,
und der encystirte Larvenkörper tritt mehr und mehr über die Darmoberfläche hervor, bis er schliesslich
in die Leibeshöhle seines Trägers abfällt. Da nun späterhin das Wachsthum des jungen Wurmes
in Folge der Bildung des Rüsselapparates und der Geschlechtswege hauptsächlich in der Längsrichtung
fortschreitet, so verliert selbiger seine ursprünglich plumpe, ovoide Gestalt und wird zu einem schlanken,
an den beiden Enden abgerundeten Cylinder. Die Längsachse des Larvenkörpers fällt also bei Echinorhynchus
gigas mit der des Embryos zusammen.
Die ältesten Larven, die ich züchten konnte, besassen eine Länge von 4,8 mm. Ob das Wachsthum
auch nach der Einstülpung des Rüssels in ähnlicher Weise wie bei Echinorhynchus haeruca noch
£ortschreitet, vermag ich nicht anzugeben.