Einen dritten Typus der Rüsselbildung werden wir bei Echinorhynchus strumosus, Echinorhynchus-
porrigens und Echinorhynchus trichocephalus kennen lernen. Zwar besitzen alle die genannten Arten eim
doppelwandiges, schlauchförmiges Receptaculum, aber selbiges unterscheidet sich von dem des Echinorhynchus
angustatus, insofern nämlich infolge des Auftretens medianer Suturen die Kontinuität der beiden
Rüsselscheiden zerstört wird. Und zwar kann dies auf zweierlei Weise geschehen. Entweder nimmt die
kontraktile Rindensubstanz nach der Bauchfläche des Receptaculum hin rasch ab, so dass die zugeschärften.
Ränder der cylindriscli eingerollten Muskelrinne in der ventralen Medianlinie sich kaum noch berühren-
(so bei Echinorhynchus trichocephalus), oder es verdicken sich die Seitentheile auf Kosten der medianen
Partien, wodurch eine jede der beiden Rüsselscheiden zwei deutlich sichtbare mediane Suturen erhält
(so bei Echinorhynchus strumosus und Echinorhynchus porrigens). Im letzteren Falle sind gewöhnlich
die Ränder der halbcylinderförmig gebogenen Muskelplatten ziemlich dick und in mehr oder minder-
grösser Ausdehnung innig mit einander verwachsen.
Wir wollen zunächst unser Augenmerk auf den Echinorhynchus strumosus richten. Sein Receptaculum
hat die Form eines nach der Bauchfläche stark gekrümmten, hinten halbkugelig abgerundeten, cylindrischen
Zapfens, der von der Rüsselbasis aus in den weiten Leibesraum hineinragt. Seine Länge beträgt beim
geschlechtsreifen Individuum 0,75—0,85 mm, sein grösster Durchmesser zirka 0,22—-0,25 mm. Es setzt
sich aus zwei gleich dicken, ineinander geschobenen Muskelcylindern zusammen, deren jeder wiederum
aus zwei Muskelplatten von annähernd sichelförmigem Querschnitte besteht. Hinsichtlich des histologischen
Baues zeigen diese vier Muskelplatten eine unverkennbare Aehnlichkeit mit dem Receptaculum des
Riesenkratzers. Sie bauen sich aus einer grossen Anzahl dünner, übereinander geschichteter, sichelförmig,
gekrümmter, oder trichterartig sich einsenkender Ringfibrillenplatten auf, die aussen durch eine sehr
derbe Sarkolemmamembran zusammengehalten werden. Der einzige Unterschied, der sich in dieser
Hinsicht zwischen Echinorhynchus strumosus und Echinorhynchus gigas konstatiren lässt, ist der, dass
bei ersterer Art die Platten eine weit geringere Krümmung und eine verhältnissmässig viel ansehnlichere
Dicke besitzen, als beim Riesenkratzer. Von der äusseren Sarkolemmagrenzmembran gehen ausser den.
Septen noch zahlreiche dünne Bänder aus, welche radial nicht nur die Fibrillenplatten in ihrer ganzen
Dicke durchsetzen, sondern auch in den Markraum eindringen und mit dessen innerer Begrenzungsmembran
sich vereinigen. Nur das hintere, abgerundete Ende der Rüsselscheide zeigt einen von obiger
Schilderung etwas abweichenden Bau. Infolge der gleichmässigeren Vertheilung der kontraktilen Elemente
verschwimmen, zumal beim inneren Receptaculum, die sonst sehr scharf gezeichneten Suturen, und die Fibrillen
platten nehmen einen mehr ringförmigen Habitus an. Das Mark breitet sich als gleichmässig dicke Schicht
auf der Innenfläche der kontraktilen Rinde aus und zeigt — zumal deutlich auf Querschnitten — zahlreiche
dicht neben einander gelegene papillöse Erhebungen. Von den Sarkolemmastreifen, welche in
radialer Richtung den Markraum des äusseren Muskelcylinders durchziehen und augenscheinlicher Weise
die unebene Oberfläche erzeugen, sieht man hier und dort dünne Fädchen abgehen und an der-
äusseren Sarkolemmagrenzmembran des inneren Receptaculum sich anheften. Unter solchen Umständen
muss man wohl annehmen, dass die beiden das Receptaculum bildenden Muskelcylinder sich gegen einander
nicht oder nur unerheblich verschieben können.
Eine jede der vier Muskelplatten, welche das Receptaculum des Echinorhynchus strumosus zusammensetzen,
ist das Aequivalent einer Zelle. Die Kerne, die demnach in der Vierzahl vorhanden sein müssen,.
liegen im letzten Drittheile der Rüsselscheide. Und zwar findet man im äusseren Muskelcylinder zwei
Nuclei dicht unter der Austrittsstelle der Retinacula, also lateral, jedoch der ventralen Medianlinie etwas
genähert. Das andere Kernpaar liegt im Grunde der inneren Rüsseltasche inmitten zweier grösser
Markhügel, welche aus den Seitentheilen des Markraumes hervorragen und das Rüsselscheidenlumen um
mindestens ein Drittheil verengen. Die Fädenkapsel, die wohl lediglich dem Bedürfnisse, den Kern in
unveränderter Lage zu erhalten, entsprang, hat auch hier eine ziemlich kräftige Ausbildung erhalten.
Eine weitere Eigenthümlichkeit des Echinorhynchus strumosus, die keiner der seither betrachteten
Spezies zukommt, bildet die Existenz von vier grossen medianen Markröhren im Receptaculum. An
jenen Stellen nämlich, wo die Kanten der vier Muskelzellplatten auf einander stossen, sieht man mehr
oder minder luminöse, cylindrische Längsröhren herabziehen, die grossentheils frei in die Scheidenhöhle
prominiren. Bei der äusseren Rüsseltasche fallen diese Medianröhren ihrer geringeren Grösse wegen
nicht so leicht in die Augen, so dass sie bei oberflächlicher Betrachtung übersehen werden können. Dagegen
nehmen die gleichnamigen Bildungen der inneren Rüsselscheide ganz erstaunliche Dimensionen an.
Im letzten Dritttheile des Receptaculum übertreffen sie durch ihren Durchmesser sogar die dicksten der Faserröhren
des Musculus retractor proboscidis. Soweit diese Röhren über den Markraum hervorragen, werden
sie von einer dünnen, kontinuirlichen und sehr elastischen Sarkolemmamembran umhüllt. Die seitliche
Begrenzung aber liefert ein dünnes, von zahlreichen Oeffnungen, die das Röhrenmark mit dem allgemeinen
Markraume kommuniziren lassen, durchbrochenes und nicht selten stark gefaltetes Häutchen.
Das Röhrenmark zeigt im Grossen und Ganzen die nämliche Beschaffenheit wie das übrige Mark: es besteht
aus einem feinmaschigen Balken- oder Wabengewebe, in dessen zahllosen Hohlräumen eine ziemlich
dünnflüssige, fettkörnchenreiche Plasmamasse auf und ab schiebt.
Mit Echinorhynchus gigas theilt Echinorhynchus strumosus ferner die Eigenschaft, dass der
Markraum das Receptaculum nicht an dessen vorderem, durch einen Sarkolemmaring gekennzeichneten
Rande endigt, sondern in Form eines häutigen Beutels oder Sackes sich fortsetzt und bis zur Mitte der
Rüsselhöhle hinaufreicht.
Die Höhlung des Receptaculum wird von den grossen Rüsselretraktoren völlig erfüllt. Selbige
bestehen aus sieben cylindrischen Faserröhren, von denen die drei ventral gelegenen durch einen beträchtlicheren
Umfang sich auszeichnen. Ungefähr in der Höhe der sechstletzten Hakenreihe vereinigen sich
die Retraktorfasern zu vier mächtigen Röhren, deren jede so ziemlich einen Quadranten für sich in Anspruch
nimmt. In der Mitte dieser Röhren finden wir, und zwar fast auf dem gleichen Querschnitte, vier sehr
grosse länglich ovale Nuclei, die durch ein reich ausgebildetes Balkenwerk gestützt werden. Nach vorn
zertheilen sich die Retraktorfasern wiederum in eine grössere Menge dünner Röhren. Nachdem selbige
sich in der nächsten Umgebung der Gefühlspapille an der Rüsselspitze befestigt haben, biegen sie sofort
wieder nach hinten um und laufen an der Rüsselwand bis zum oberen Rande des Receptaculummark-
beutels herab. Die rücklaufenden Refraktoren sind in ganzer Ausdehnung mit der die Auskleidung
der Rüsselhöhle bildenden, aussergewöhnlich dicken Sarkolemmamembran auf das innigste verwachsen.
Unmittelbar hinter dem Ende dieser rücklaufenden Refraktoren beginnt ein kräftiges Ringmuskelnetz,
welches die Innenfläche des Rüssels bis zum Sarkolemmaringe der Rüsselscheide herab bedeckt.
Eine kurze Strecke vor dem grossen Ganglion cephalicum, welches merkwürdigerweise bei
Echinorhynchus strumosus in der Mitte des Receptaculum gefunden wird, theilt sich der Retractor