Hand in Hand mit diesen allgemeinen Wachsthumsvorgängen geht die Sonderung im Innern
immer weiter. Wenn die verschiedenen Abschnitte des Darmes unter sich in Verbindung getreten sind,
verschwinden auch die Mesodermstreifen, indem sie durch Vermehrung und Verschmelzung ihrer Elemente
einer dicken Zellenmasse Platz machen, welche schliesslich die ganze Bauchfläche zwischen der äusseren und
inneren Schicht einnimmt, und von da auf beiden Seiten gegen den Rücken vorrückt. Nach Analogie der
entsprechenden Verhältnisse bei anderen Thierklassen könnte man mit einigem Rechte der Vermuthung Raum
geben, dass sich dieselbe in die gesammte Muskulatur umbilde. Da jedoch der junge Wurm bereits mehr
oder minder kräftige Bewegungen zeigt, wenn die Mesodermstreifen erst aus wenigen Zellen bestehen, so
scheint die Annahme einer Betheiligung auch des Ektoderms am Aufbau des Muskelapparates nicht ausgeschlossen,
schon desshalb nicht, weil wir noch jüngst durch Kleinenberg’s Untersuchungen über Lepado-
rhynchus erfahren haben, dass bei diesem Anneliden, aller herkömmlichen Anschauung zuwider, das äussere
Blatt an der Bildung der Muskulatur einen sehr wesentlichen Antheil nimmt. Den strikten Beweis freilich
kann ich ebensowenig dafür beibringen, wie Goette, wenn dieser die Lökomotionsfähigkeit auf amöbo'ide
Bewegungen des primitiven Ektoderms zurückzuführen sucht.
Die einzelnen Elemente der Mittelschicht entziehen sich mit deren grösserer Entfaltung fortan
einer weiteren Beobachtung. Dagegen erscheinen jetzt zwei eigentümliche Gebilde schärfer und deutlicher,
die nahe der Mitte der Bauchwand zwischen Ekto- und Entoderm sich finden. Es erinnern diese Körper
an ähnliche Zellen, die Ganin12) bei Peloderes und Goette16) bei Ascaris nigrovenosa erwähnen. Wie dort
haben sie bei Heterodera und auch bei Strongylus eine symmetrische Lage, und ebenso besitzen sie einen
hellen granulierten Inhalt. Anfangs blieb mir das Wesen derselben verborgen, doch hat mich später ihre
Genese wie ihr ferneres Schicksal belehrt, dass wir es in ■ ihnen mit den Geschlechtszellen zu thun haben.
Betrachtet man die Mesodermstreifen kurz nach ihrem Erscheinen mit Einiger Sorgfalt, so bemerkt man,
dass gewöhnlich auf beiden Seiten eine ihrer Zellen, meist die dritte oder vierte von den Mesoblasten aus,
durch Rundung und Grösse vor den anderen sich auszeichnet. Diese beiden Gebilde scheiden sehr bald
aus dem Verbände der Stränge aus, und kommen dann an die oben bezeichnete Stelle zu liegen, ohne dass
sie'zunächst eine weitere Veränderung erleiden. Nach und nach aber rücken sie näher an einander.
Nicht lange darauf trifft man daselbst einen ovalen Körper, der in seinem hellen Protoplasma zwei deutliche
Kerne einschliesst.a) Sowohl nach seiner Lage, die mit derjenigen der Genitalanlage des fertigen Thieres
vollkommen identisch ist, wie im Hinblick auf.den Umstand, dass ich auch in den jüngsten Stadien der
letztem dieselbe Kernzahl vorfand, wird die Richtigkeit meiner Deutung kaum bezweifelt werden können.
Die mittlere Keimschicht ist also, wie wir sehen, als sekundäres Blatt nicht nur ihrer Entstehung
nach die letzte, sondern auch diejenige, die sich am spätesten und am langsamsten differenziert. Hat sich
aber auch an ihr einmal die Sonderung der ursprünglichen Bestandteile ■bis zu einem gewissen Grade
vollzogen, dann beruhen die Vorgänge, die sich weiter noch am Embryo abspieleu, hauptsächlich in der
histogenetischen Ausbildung seiner Organe.
Was zunächst den Darmtraktus anbelangt, so grenzt dieser sich nunmehr schärfer ab. Falls die
in der Leibeshöhle in Menge vertheilten dunkeln Körnchen es erlauben, lassen sich bei unserer Heterodera
die drei Abtheilungen des Oesophagus sehr gut unterscheiden. Man gewahrt dann deutlich, dass das
Oesophagealrohr keinen geraden Verlauf mehr hat, sondern einen geschlängelten, und erblickt in seinem
Innern den korkzieherartig gewundenen, dreikantigen Chitinkanal. Am Vorderende tritt bald darauf der
charakteristische Stachel auf. Anfangs bildet derselbe eine blose Verdickung des Chitinrohres, allmählich
aber trennt er sich von diesem ab, indem er sich an seiner Basis kugelig verdickt Diese Anschwellung
spaltet sich dann wieder in drei Knöpfe, die hakenförmig nach oben, wie die Arme eines Ankers, gebogen
sind. Der zweite Abschnitt des Oesophagus nimmt mit dem ersten zugleich seine bleibende Gestalt an;
er erweist sich als ein kugeliger Bulbus mit centralem Zahnapparate und radiärgestellten Muskeln. In der
dritten Abtheilung erscheinen nach und nach in der körneligen Masse die grossen Kerne, während die
Zellwände, wie im Vordertheile, zu Grunde gehen. Der eigentliche Darm verändert sich im Verlaufe der
Entwicklung sehr wenig. Seine Zellen werden kleiner, behalten aber ihre Farbe und Gestalt bei. Wie das
gesammte Verdauungsrohr, umgiebt sich derselbe aussen mit einer hellen, chitinigen Membran. Auch der
Mastdarm bewahrt im Ganzen seine Form; er bekleidet sich mit einer Chitinhaut und wird wesentlich
enger, wobei sich seine Epithelelemente so sehr verkleinern, dass man sie nicht mehr nachweisen kann.
Mittlerweile hat auch die Ektodermlage eine glatte elastische Cuticula um den immer schlanker
werdenden Wurm abgeschieden. Man sieht dieselbe schon dann, wenn die Schwanzspitze sich eben erst umgeknickt
hat, als eine äusserst feine, homogene und sehr nachgiebige Hülle der Körperwand anliegen.
Nach und nach nimmt sie an Festigkeit zu. Nachdem die Differenzen im Körperdurchmesser sich ausgeglichen
haben, tritt nicht nur ihre Querringelung deutlich hervor, sondern es erscheinen an den beiden Seiten
auch die breiten Lateralfelder. Das Hinterende verändert sich zu einem konischen, ziemlich spitzen
Schwänze, während am Vorderende, das seine keulenförmige Gestalt verloren hat, durch Einfaltung der
Cuticula eine Kuppe, die Kopfkappe mit der in der Mitte gelegenen Mundöffnung, zu Stande kommt.
Durch die pellucide Leibeshöhle kann man sich jetzt auch leicht von der Anwesenheit eines Exkretions-
gefässes mit dem Porus exeretorius auf der Medianlinie des Bauches überzeugen. Ebenso bemerkt man
bei einiger Aufmerksamkeit den Schlundring dicht hinter dem Bulbus des Oesophagus. Ueber die Entstehung
des ersteren Gebildes habe ich mir leider keinen Aufschluss verschaffen können; das letztere
dagegen scheint aus einer ektodermalen Wucherung hervorzugehen, die sich kurz nach der Invagination
der äusseren Schicht in Form eines ringförmigen breiten Wulstes um das vordere Darmrohr herumschlingt.
Was schliesslich die Genitalanlage betrifft, so habe ich mich über deren Zustandekommen schon ausgesprochen;
ich will hier nur noch einmal bemerken, dass sie eine ovale Protoplasmamasse darstellt, die
dem Tractus intestinalis auf der ventralen Seite aufliegt und im Profile eine flache Wölbung gegen die
Körperwand hin zeigt. Sie besitzt anfänglich zwei Kerne und ist von einer dünnen, aber deutlich sichtbaren
Membran umschlossen.
Nachdem der Embryo auf diese Weise seine volle Ausbildung erlangt hat und mit allen Organen
ausgerüstet ist, die ihn zu einem selbständigen Leben befähigen, wirft er zunächst noch, wie das auch bei
anderen Arten beobachtet ist, die alte Cuticula ab, die oft am Kopfe und Schwänze wie ein Futteral hervorragt.
Sind Feuchtigkeit und Wärme, die Hauptbedingungen für sein Fortkommen, vorhanden, so sprengt
er unter lebhaften, schlängelnden Bewegungen die Eischale und gelangt darauf in das Innere der Mutter,
die während seines Entstehens bereits über ihm abgestorben ist und ihn jetzt nur noch als Schutzhülle