
Das innere Epithel der Mundhöhle besteht aus cylindrischen Wimperzellen, zwischen denen nach
Yerworn „schmale Spalträume“ auftreten sollen. Ich habe die letzteren auf Schnitten auch zuweilen
gesehen, sie sind aber sicher nur künstlich hervorgerufene Erscheinungen. Unterhalb des Ringkanals
geht das Wimperepithel in die eigenthümlich geformten Zellen des Oesophagus über, deren basaler Theil
leer und durchsichtig erscheint (Nitsclie). Dies ist bei a llen Phylactolaemen der Fall, auch bei Cristatella,
(Taf. IX, Fig. 111), wo es Kraepelin nicht bemerkt hat. Der Kern liegt gewöhnlich auf der Grenze zwischen
dem plasmatischen und dem durchsichtigen Theil, jedoch auch unterhalb des letzteren an der Basis, und
das ist besonders bei Cristatella häufig. Was diese „Vacuolenbildung“ bedeutet, ist mir unklar geblieben,
doch glaube ich nicht, dass man wie Kraepelin mit dem blossen Hinweis auf die Blasenzëllen der äusseren
Leibeswand darüber hinweggehen kann, zum wenigsten wird man eine bestimmte Beziehung zur Function
des Oesophagus vermuthen dürfen. Die Oesophagealzellen sind von denen des Pharynx nicht streng
geschieden, sondern treten schon im Bereich des Wimperepithels auf, wo sie dann ebenfalls mit Cilien
versehen sind. Bei Plumatella reichen sie bis in die Nähe des Deckels. Unterwärts schwindet die
Bewimperung gänzlich, und statt ihrer bemerkt man kleine, rundliche Zapfen einer homogenen, schwach
färbbaren Substanz, die wie aus dem Innern der Zelle herausgequollen erscheint. Nitsche hat diese Zäpfchen
als „eine innerste Epithelschicht des Oesophagus“, Kraepelin*) als rudimentäre Cilien gedeutet, die zu „kurzen
protoplasmatischen Spitzchen“ herabsanken. Die erste Auffassung ist sicher nicht zutreffend, aber auch
diejenige Kraepelins muss ich bezweifeln. Wäre sie richtig, so müssten da, wo die* Cilien auf Kören, die
Zäpfchen am längsten sein, um dann allmählich abzunehmen, während sie in Wirklichkeit etwa in der
Mitte der Speiseröhre ihre grösste Ausdehnung haben und nach oben und unten etwas kürzer werden.
Auch scheint mir der Gegensatz zwischen beiden Gebilden zu unvermittelt, um ihre Homologie glaubhaft
zu finden. Die „protoplasraatischen Spitzchen“ würden ausserdem nur einem Con g l omér a t von Cilien
entsprechen können, da sie als einfache Verkürzungen derselben jeder Zelle in grösserer Zahl aufsitzen
müssten. — Ich finde nun den Cuticularsaum der Wimperzellen des Pharynx besonders bei Plumatella
sehr deutlich entwickelt. Er besteht aus kleinen, stark lichtbrechenden Plättchen, die nach dem
Oesophagus zu unter allmählichem Verlust ihres Lichtbrechungsvermögens immer dicker werden und
dann fast unmerklich in die Zä p f c h e n des Oe s o p h a g e a l e p i t h e i s übe r g e h n . Diese selbst,
in denen ich also eine Modification jenes Cuticularsaums erblicke, halte ich für ein bei dér Cönservirung
erhärtendes Secret, welches mit den verschluckten Körpern in den Magen gelangt und bei der Verdauung
mitzuwirken bestimmt ist. Alle Bilder, welche ich auf Schnitten erhielt, schienen mir eine solche
Auffassung zu unterstützen. Vielleicht dienen die Vacuolen am Grunde der Zellen dazu, durch den Druck,
welcher beim Schlucken auf sie ausgeübt wird, einen vermehrten Austritt des Zellseerets zu veranlassen.
Magen und Enddarm bestehen aus Zellen von wesentlich gleichem Typus: An der Basis, in
der Umgebung des Kerns, erhält sieh das Protoplasma unverändert, im Uebrigen zeigt es eine lockere,
körnige, hie und da blasige Beschaffenheit, wobei es gleichzeitig seine Färbbarkeit nahezu einbüsst.. In
den zahlreichen kleinen Vacuolen, welche diesen Theil der Zelle dutchsetzen, vermuthe ich Fetttröpfchen,
die durch die Behandlung der Schnittpräparate gelöst werden. Wie Verworn dargethan hat, sind im
inneren Epithel des Magens die Zellen nach zwei verschiedenen Richtungen hin differenzirt, je nachdem
*) 1. c. S. 48.
ihr Plasma der angegebenen Wandlung mehr oder minder anheimfiel. Dieselbe ist an den Längswülsten
eine durchgreifende, an den Furchen kommt sie nur wenig zur Geltung, nur die Zellspitzen werden
von ihr beeinflusst. Indessen lassen sich doch so mannigfache Uebergänge zwischen beiden Variationen
nach weisen, zumal an Stellen, wo der Wulst sich gabelt,*) um einer neuen Furche Platz zu machen
(Fig. 112, bei •*), dass von einer „durchaus differenten Natur“ derselben kaum die Rede sein kann.
Die Auskleidung des Enddarms trägt den Charakter der Wulstzellen, nur dass sie die Höhe der letzteren
nicht erreicht, sondern ein niedriges, durchweg gleichartiges Cylinderepithel darstellt, in dem bloss in der
Nähe des Kerns ein Rest normalen Plasmas erhalten blieb (Fig. 112, ED).
Wie Kraepelin habe auch ich den Eindruck gewonnen, dass die veränderte Structur der Zellen
hauptsächlich eine Folge ihrer resorbirenden Thätigkeit sei. Diese würde daher in erster Linie den
Magenwülsten, ferner der ganzen Fläche des Rectums zuzuerkennen sein. Die Wülste sind schon durch
ihre Lage für die Aufnahme von Nährstoffen ganz besonders geeignet und zumal bei der Contraction
des Magens treten sie fast allein mit dem Speisebrei in Berührung, während die Furchen dann völlig
verdeckt nnd höchstens für Flüssigkeiten zugänglich sind. Damit scheint mir die verschiedene Ausbildung
der Furchen- und Wulstzellen, die sich doch als Modificationen ein und desselben Typus kundgeben,
hinlänglich erklärt und ich finde nichts Zwingendes in der Behauptung Kraepelins, dass die(ersteren
„echte Leberzellen“ seien. Immerhin mag man der seit Allman gangbaren Ansicht folgen und die
bräunliche Färbung des inneren Magenepithels zum Theil der Anwesenheit von Gallenflüssigkeit zuschreiben,
die aber nicht nachweislich an bestimmte Zellen gebunden ist.
Sowohl die Zellen des Magens als des Rectums besitzen die Fähigkeit, ein Secret abzuscheiden,
welches vermuthlich die Aufgabe hat, den Inhalt zu zersetzen und für die Resorption vorzubereiten. Im
Enddarm tritt es in Form einer ziemlich starken cuticularen Schleimschicht auf, aber auch im Magen
ist es als dünnes Häutchen sichtbar. Wo sich dasselbe im Präparat von der verdauenden Fläche abgelöst
hat, erkennt man, dass es die Zellen der Wülste - und Furchen gleichmässig überzieht (Fig. 112). Zur
Wahrnehmung dieser Verhältnisse erwiesen sich Thiere, welche, ehe sie conservirt wurden, mit Chloral-
liydrat betäubt waren, am günstigsten, wohl deshalb, weil während der Narkose die Peristaltik erlischt,
das Secret also nicht mit dem Speisebrei vermengt wird, sondern an der ruhenden Darmwand haftet
und seine eigenthümliche Beziehung zu dieser dann deutlich zur Schau trägt. Die Grenze zwischen dem
Secret und der secernirenden Fläche ist namentlich im Enddarm eine überaus scharfe.
Kraepelin hat, wie er sagt,**) „die Membranlosigkeit sämtlicher Epithelzellen des Darmtractus
zweifellos erwiesen“, d. h. er hat gefunden, dass die Zellen des Darmdrüsenblatts im Rectum und Magen
„häufig mit ungemein zarten hyalinen Zipfeln von sehr variabler Gestalt“ in das Lumen hineinragen
oder daselbst „überhaupt nicht schart begrenzt“ sind. Ich habe sie nun zwar weder im Magen so zerzaust,
noch im Rectum so bis zur Auflösung aller Grenzen verschwommen gesehen, wie es Kraepelin in seinen
Figg. 55 und 56 darstellt. Vielmehr habe ich sie in den meisten Fällen auch an der Innenseite ganz
glatt und bestimmt contourirt gefunden, und für den Enddarm ist mir ihre Membranlosigkeit allerdings
zweifelhaft. Dennoch glaube ich, dass im Magen und zumal an den Wülsten die verdauende Fläche
*) In Folge solcher Gabelungen nimmt die Zahl der Wülste nach dem blinden Ende des Magens zu. Bei
Oi-istatella zählte ich im Cardialtheil 6—9, am blinden Ende 12 Wülste.
^ ’**) 1. ci %. 51.