
zunehmen schien. Theilungsstadien konnten nirgends beobachtet werden. Dieser Fund giebt uns über,
drei wichtige Punkte Aufschluss. Zunächst ist eine Vermehrung der Kratzer auf parthenogenetischem
Wege von vornherein ausgeschlossen. Die Eier müssen von den in den Ovarialschläuchen, beziehentlich
in der Leibeshöhle sich schlängelnd fortbewegenden Spermatozoen, und zwar, da sie sich nur bis zum
Stadium der spindelförmigen Zelle entwickeln können, in dieser Bildungsphase befruchtet werden.
Schliesslich aber erfahren wir, dass unter normalen Verhältnissen die Eier erst von den Ovarialscheiben
sich ablösen, ehe sie befruchtet werden.
Hinsichtlich der weiteren Umbildungen, die der Embryo erfährt, sowie der ersten Zelltheilungen,
stimmt H am a n n 's Darstellung im Wesentlichen mit meinen Beobachtungen überein. Dagegen gehen
unsere Ansichten über das sogenannte Gastrulastadium weit auseinander. Während ich in dem vorliegenden
Werke ein ziemlich junges Stadium, in dem die Zahl der Blastomeren noch eine geringe ist,
als Gastrula in Anspruch nehme, repräsentirt nach H am a n n erst der fertige, den mütterlichen Leib verlassende,
hart beschälte Embryo das Gastrulastadium.
Nach H am a n n besteht in dieser Entwickelungsphase der Kratzerembryo aus zwei scharf gesonderten
Schichten: einem central gelegenen Z e lle n häufen mit chromatinreichen Zellkernen und aus
mehreren peripheren Z e lle n la g e n , welche sich durch ihre c lirom a tin a rm e n Zellkerne auszeichnen
(s. Tafel 1, Fig. 21, 22, 30, 31). Ferner beschreibt er genau, wie die Kerne der centralen Zellen sich
mit Chromatin bereichern, und die äusseren an Chromatin ärmer werden. Nach Anwendung der einfachsten
Tinktionsmethoden, wie z. B. Methylgrün oder Vesuvin, behauptet er, selbst durch die das Licht
stark dispergirenden Hüllen des Embryo hindurch die äusserst blassen Kerne, ja sogar die Zellengrenzen
des Ectoblastes deutlich gesehen zu haben. Nur eines mag den aufmerksamen Leser befremden: Ueber
alle diese difficilen histologischen Details, deren. Analyse die höchsten Ansprüche an mikroskopische
Technik und die Leistungsfähigkeit der optischen Instrumente stellt, entscheidet H am a n n mit einer
grossen Sicherheit, dagegen ist es ihm nicht gelungen, verhältnissmässig grobe, anatomische Structufen,
ja ganze Organe wieder zu erkennen. Der grosse, von der Mitte des Hakenapparates zur Rückenfläche
emporziehende Musculus retractor rostelli, die beiden Schichten der Leibeswand, die primäre Leibeshöhle,
also Dinge, welche L e u c k a r t schon im Jahre 1 8 6 2 , beziehentlich 187 2 mit sehr primitiven Hilfsmitteln
nachzuweisen im Stande war, sind H am a n n trotz seiner gründlichen Beobachtung einer so grossen Anzahl
von Arten, wie sie für histologische Untersuchungen bisher keinem Forscher zur Verfügung standen,
gänzlich übersehen worden. Hätte H am a n n sich nicht damit begnügt, den Bau des hartbeschalten
Embryos zu studiren, sondern, dem Beispiele L e u c k a r t ’s folgend, nur ein einziges Mal einen
freibeweglichen Embryo bei seiner Bohrthätigkeit beobachtet, so würde er wohl zu der Ueberzeugung
gekommen sein, dass die dem Embryonalleibe vindicirte rein zellige Structur mit den sich vor seinen
Augen vollziehenden Lagerungsveränderungen sich absolut nicht in Einklang bringen lässt, es müsste
denn sein, dass H am a n n das Zellengefüge für ein so loses hält, dass einzelne Zellen oder Zellenreihen
gleich Flüssigkeitsströmen auf- und abwandern könnten. Aber dies ist nicht die einzige Schwierigkeit,
über die H am a n n sich hinwegsetzt. Da der Bau der Larvenhypodermis absolut keine Aehnlichkeit
mit dem des Ectoblastes darbietet, greift Ham a n n , um ihi’e Entstehung plausibel zu machen, zu einer
sehr gewagten Hypothese: Die grossen Riesenkerne im Ectoderm der Larve bilden sich durch Verschmelzung
der kleinen Ectoblastzellenkerne. Den Beweis für die Richtigkeit dieser Behauptung ist
H am a n n , obwohl ihm a l l e Entwickelungsstadiliib bei Echinorliynclms acus Vorlagen, uns doch schuldig
geblieben. Die eigenartigen Gestaltveränderungen, welche der Vermehrung der Hypodermiskerne vorausgehen,
und die Theilungsvorgänge hat H am a n n im Grossen und Ganzen richtig geschildert. Ueber
die Bildung der Fasergewebe aber- macht er nur äusserst spärliche Mittheilungen. Zur Zeit, wo bei
Ecliinorhynclms proteu.s die Riesenkerne sich vermehren, lässt die Larvenhaut eine dunklere äussere
Schicht, in der die Kerne ruhen, und eine hellere Innenschicht erkennen, in der nun durch Verflüssigung
des Syncytiums an einzelnen Stellen die Gefässe entstehen. Nachdem nun die grossen zerlappten Kerne
sich zertheilt haben, treten auch die Fasersysteme und die Parallelfaserschicht deutlich hervor. Eine
Verwandlung des Hypodermissyncytiums in eine epithelaruge Zellenschicht hat H am a n n weder bei
Echinorliynclms proteus noch bei Echinorliynclms polymorplms gesehen. Ich für meinen Theil lege auf
diesen Punkt kein grosses Gewicht und bin fest überzeugt, dass bei allen den Arten, wo nur wenige,
dafür aber sehr umfangreiche Hypodermiskerne Vorkommen, die Umwandlung nicht stattfindet, sondern
dass hier die Hypodermis ihren syncytialen Charakter beibehält. Es kann dies um so weniger überraschen,
als wir doch wissen, dass die gleiche Erscheinung auch sonst häufig, z. B. bei den Ovarialscheiben
und den Ausleitungswegen der Geschlechtsproducte, beobachtet wird.
Obwohl H am a n n über die Entwickelungsgeschichte der Hautfaserschichten so wenig Positives
zu sagen weiss, ist er doch der festen Ueberzeugung, dass er die Entwickelung der Haut von ihrem
ersten Entstehen an beobachten konnte und auf Grund der gewonnenen wichtigen Resultate die gang
und gäbe irrige Anschauung über die Natur der Hypodermis reformiren müsse. Nach H am an n treten
nämlich ausser den concentrischen Fasern (der Filzfaserschicht) noch radiär durchziehende Fasern von
gröberem Bau auf, welche nicht, wie S c h n e id e r , L e u c k a r t , B a l t z e r und S ä f f t ig e n dies behaupten,
muskulöser, sondern vielmehr elastischer Natur sind. Ferner4! iegen diese Fasern in einer Grund-
Substanz, die eine gallertartige Consistenz besitzt, und an der sich wiederum eine helle Substanz unterscheiden
lässt von einer körnigen oder, wie man sie nennen könnte, eine Interfilar- von einer Filar-
substanz. Und selbst dann, wenn H am a n n 's Ansicht über den Bau der Subcuticula die richtige wäre,
was berechtigt ihn, die muskulöse Natur der Radiärfasern in Zweifel zu ziehen? Hat er ein einziges
Moment angeführt, welches zu Gunsten seiner Behauptung sprechen könnte? Jedoc-h H am a n n geht
noch weiter. Er wirft S ä f f t ig e n vor, dass selbiger Dicht mehr Species untersucht habe, sonst würde
er sich von der vollständigen Unhaltbarkeit seiner übrigens auch physiologisch (?) unhaltbaren Ansicht
überzeugt haben. Dieser Vorwurf fällt aber auf H am a n n zurück, wenn wir in Erwägung ziehen, dass
gerade H am a n n gegen obige Anforderung am meisten gefehlt. Würde H am a n n , ehe er an die Be-
urtheilung solcher principieller Fragen herangetreten wäre, seine Untersuchungen nicht auf die sehr
ähnlich gebauten kleineren Arten beschränkt, sondern sich auch mit der Anatomie und Histologie von
Echinorliynclms gigas vertraut gemacht haben — was überdies um so eher zu erwarten war, als Hamann
zu Anfang seines Acanthocephalenwerkes eine eingehende Abhandlung über die Anatomie der grösseren,
geringelten Echinorhynchusarten ankündigt —, so würde er wohl manchem Irrthume aus dem Wege
gegangen sein. Jeder Längs- und Querschnitt durch den Echinorliynclms gigas zeigt, dass das Fasergewebe
der Hypodermis von Tausenden feiner oder gröberer Spalträume durchsetzt und mit derselben
körnchenreichen, eiweisshaltigen Flüssigkeit durchtränkt ist, welche wir auch in den grossen Gefässen
circuliren sehen. Zwar sind die Radiärfasern nicht in ganzer Ausdehnung isolirt, aber jene hyaline