Die beiden ventralen Retraktoren trennen sich dagegen schon in der Höhe des Ganglion cepha-
licum von einander (s. Tafel 5, Fig. 24 Rpv). Sie durchbohren an zwei verschiedenen Orten — und
zwar zu den beiden Seiten der medianen Schlussplatte — die derbe Sarkolemmascheide des Receptaculumi
und vereinigen sich mit den Fasern der beiden fast in ganzer Ausdehnung unter sich verwachsenen.
Retractores receptaculi ventrales (s. Tafel 1, Fig. 1 Rrpv).
Die Fasern des Retractor proboscidis haben die Form stark abgeplatteter Gylinder und sind mit
einer gleichmässig dicken kontraktilen Rinde versehen. Sie liegen dicht aufeinander und kommuniziren
unter sich vermittelst zahlreicher Spalten, die durch den streckenweisen Ausfall der äusseren Sarkolemma-
grenzmembran entstehen (s. Tafel 5, Fig. 24 Rpv, Rpl; Tafel 8, Fig. 33 Rpv, Rpd, Rplv, Rpld). Die-
Nothwendigkeit solcher Durchlassöffnungen wird sofort einleuchtend sein, wenn wir berücksichtigen,,,
dass dem Retractor proboscidis trotz seiner enormen Grösse nur zwei Kerne zukommen. Letztere liegen
in den Retractores laterales und zwar in deren dorsalen Flügeln unmittelbar oberhalb des Ganglions-
(s. Tafel 1, Fig. 1 Rp).
Ausser den Retractores proboscidis existiren noch mehrere Längsmuskeln, die entweder direkt oder
indirekt an der Bewegung des Bohrwerkzeuges sich betheiligen. Von den seither besprochenen'Muskeln
unterscheiden sie sich durch ihre exquisite Röhrenform. Die Primitivfibrillen gruppiren sich zu schlanken,,
dünnen Platten, die radiär angeordnet einen vollkommen geschlossenen Hohlcylinder bilden. Die Kerne
liegen stets in der Achse dieser Röhren und sind auf die Gestaltung der Wände ohne Einfluss. Die
wichtigsten der hierher gehörenden Muskeln sind ohne Zweifel die Retractores receptaculi. Wie ich dies schon
erwähnt habe, inseriren sie sich an den austretenden Enden der Retractores proboscidis. Zu diesem Zwecke
löst sich die Rinde der letzteren in dünne konisch zugespitzte Fibrillenbündel auf, die in gleichgestaltete-
Vertiefungen der Retractores receptaculi eingreifen. Die auf diese Art erzielte Verbindung ist eine so
innige, dass man auf den ersten Blick die Muskelgrenzen ganz und gar übersehen, die Retractores receptaculi
für eine direkte Fortsetzung der Retractores proboscidis halten kann. Echinorkynchus gigas besitzt
zwei solcher Retractores receptaculi, und zwar einen dorsalen und einen ventralen, oder um sie nach ihrer
Insertionsstelle zu benennen, einen hinteren und einen vorderen. Vom unteren Ende der Rüsseltasche-
aus durchziehen sie in diagonaler Richtung die Leibeshöhle und mischen sich ungefähr 4 mm hinter der
Cuticularfalte in den beiden Medianlinien den Fasern der Längsmuskulatur bei. In dem dorsalen Retraktor
haben wir uns ein einfaches, cylindrisches oder mehr oder minder reich gefaltetes Rohr von 0,18 bis
0,23 mm Durchmesser vorzustellen. Ungefähr einen halben Millimeter vom Receptaculum entfernt liegen
in ihm zwei kugelrunde Keme, die von einem wohl entwickelten plasmatischen Fadenflechtwerk umgeben
sind. Dicht hinter diesen Kernen spaltet sich der dorsale Retraktor in zwei Faserstränge, die nach hinten
divergirend getrennt zu den Seiten der dorsalen Medianlinie an der Längsmuskularis der Leibeswand
sich anheften. Der ventrale Retraktor setzt sich aus fünf bis acht dünnen, parallel nebeneinander liegenden
Fasern zusammen, die wiederholt sich zerspleissen und mit benachbarten Röhren anastomosiren (s. Tafel 1,..
Fig. 1 Rrpv). Die Gesammtbreite dieses Muskels beträgt im Mittel 0,36 mm. Am vorderen Ende spaltet
er sich in zwei Aeste, zieht zu den Seiten der ventralen Schliessmuskelplatte herauf und verwächst mit
den beiden austretenden Retractores proboscidis ventrales. Der Retractor receptaculi ventralis enthält
zwei länglich-ovale Kerne, die in der Mitte des Muskels durch eine förmliche Kernkapsel schwebend erhalten
werden.
Mit den Retractores receptaculi wurden in früheren Zeiten vielfach die sogenannten Retinaeula
■verwechselt. Es sind dies zwei Muskelröhren von 0,12—0,16 mm Durchmesser, welche die beiden grossen
43eitennervenstämme umhüllen, unterhalb des Ganglions an der Aussen wand der Rüsseltasche beginnen
und circa 2—2,5 mm hinter der Halsbasis in den Seitenlinien des Hautmuskelschlauches endigen. Da
nun die Länge des Receptaculum auch 2—2,5 mm beträgt, so liegt es klar auf der Hand, dass bei völlig
-ausgestülptem Rüssel die Retinacula von der Rüsseltasche aus schräg nach hinten, bei eingezogenem Halse
aber schräg nach vorn laufen müssen. Hinsichtlich ihres feineren Baues, lassen sie sich wohl am besten
mit dem Retractor receptaculi ventralis vergleichen, vorausgesetzt, dass wir uns vorstellen, dass die beim
Retraktor fast ebene oder nur wenig gekrümmte Muskelplatte sich hier zu einem Hohlcylinder zusammenrollt
(s. Tafel 1, Fig. 1 Rt). Ein jedes Retinaculum besteht aus einem Netze von drei bis acht dünnen
Muskelröhren (26—50 /*). Bevor das letztere den Rüsseltaschenmuskel berührt, löst sich von ihm eine
Muskelfaser ab, die in sanftem Bogen nach der Rückenfläche des Receptaculum aufsteigt und mit einer
kolbenartigen Anschwellung dicht neben der Dorsallinie endigt. Jeder der beiden dünnwandigen Beutel
-enthält einen ellipsoiden Nucleus (s. Tafel 1, Fig. 1 Mrt).
S c h n e id e r spricht auch bei Echinorhynchus gigas von einem äusseren Rüsselsacke. Was er
jedoch mit diesem Namen bezeichnet, hat auch nicht im entferntesten eine Aehnlichkeit mit dem äusseren
Receptaculum der kleineren Spezies. Nicht einmal die Benennung Sack ist zutreffend, da das fragliche
•Gebilde aus zwei selbständigen Längsmuskelsyncytien sich zusammensetzt. Das innere derselben inserirt
sich zwischen der vierten und fünften Hakenreihe in der Form zweier viertelkreisförmig gebogener Blätter,
•die nach hinten schmäler werden. Sie bestehen aus zwei bis drei flachen Muskelcylindern und laufen
lateral am Receptaculum, jedoch ohne das letztere zu berühren, bis in die Nähe des Nervenknotens herab
(s. Tafel 1, Fig. 8 PI; Tafel 5, Fig. 6 PI). Hier verschmelzen die Fibern eines jeden Protrusors zu
einem dicken, cylindrischen Rohre (0,1 mm), in dessen Achse ein grösser ovaler Kern ruht. An ihrem
hinteren Ende zerspleissen sich diese Röhren wiederum in drei bis vier kurze, fingerförmige Ausläufer,
-die mit der Sarkolemmascheide des Receptaculum verwachsen.
Das äussere Längsmuskelsyncytium beginnt an der sechsten Hakenreihe als ein vollkommen geschlossener
Ring. Erst später zerfällt es in ein dorsales und ein ventrales Blatt. Das letztere setzt sich
-aus 2 bis 15 breiten, aber sehr flachen Fasern zusammen, die sich zu einem weitmaschigen Netze verbinden
(s. Tafel 1, Fig. 8 Pv; Tafel 5, Fig. 6 Pv). Unmittelbar vor jener Stelle, wo die Retractores
proboscidis ventrales das Receptaculum verlassen, spaltet sich der Protrusor ventralis in zwei Aeste, die
-eine Strecke weit dem Retractor receptaculi ventralis folgen (s. Tafel 1, Fig. 1 Pv), dann aber plötzlich
nach dem Rücken umbiegen. Das dorsale Blatt — der Protrusor dorsalis — weist 6 bis 8 cylindrische oder
«prismatische Muskelfasern auf (s. Tafel 1, Fig. 8 Pd; Tafel 5, Fig. 6 Pd). In der Höhe des Ganglions
vereinigen sich sämmtliche Fasern zu zwei voluminösen Röhren (75—80 ft), die zu -den Seiten des hervortretenden
Retractor proboscidis dorsalis an dem Rüsselsacke sich anheften. Jede Röhre enthält in einer
besonderen Anschwellung einen grossen länglich-ovalen Kern. Die Protrusores dorsales zertheilen sich
•dann wieder in drei oder vier Aeste (s. Tafel 1, Fig. 1 Pd), laufen im Bogen um das halbkugelförmige
Ende des Receptaculum herum und vereinigen sich; auf der Bauchseite mit den Fasern des Protrusor
■ventralis.