Unterhaltung der jugendlichen Gewebe beiträgt. Die Art, wie das geschieht, ist eine doppelte. Einmal
findet, wie wir gesehen haben, im Anschluss an die im Dotter enthaltenen Kerne, welche selbst auf den
spätesten Stadien der Keimung noch nachweisbar sind, eine Neubildung von Zellen statt, andererseits
dient der Dotter zur Ernährung der sämtlichen schon vorhandenen Embryonalgewebe. Nach Aufbruch
des Statoblasten erscheint er in Folge der stärkeren Verflüssigung wolkig zerklüftet, und nach dem Verlassen
der Schale sieht man die Reste desselben, sofern sie nicht bereits festen Anschluss an die Kolonialwand
gefunden haben, in dem die Leibeshöhle erfüllenden Fluidum, dem Product der Dotterschmelzung,
umhergetrieben. Dieses Fluidum dient nun, indem es auf dem Wege der endosmotischen Diffusion durch
die Membran ins Innere der Zellen gelangt, in ganz derselben Weise zur Ernährung des Embryonalkörpers,
wie später die Leibeshöhlenflüssigkeit des erwachsenen Stockes die Ernährung der Kolonie bewerkstelligt.
Es unterhält dabei nicht nur die Zellen des inneren Epithels, sondern es kommt, indem
es durch diese weiter geleitet wird, auch denen der Muskelschicht und des Ectoderms zu Gute. Ausser-
dera scheinen aber während des Embryonallebens auch g e f o rmt e Theile des Dotters aufgenommen zu
werden. Fast überall sind im raesodermalen Blatt die wohlerhaltenen Kügelchen zu erblicken, welche
namentlich an der Leibeswand so zahlreich auftreten, dass sie zuweilen fast den alleinigen Inhalt der
Zelle ausmachen (Taf. XIV, Fig. 164). Die Verflüssigung des Dotters findet demnach nicht nur in der
Leibeshöhle, sondern auch im Innern der Zellen selbst statt, und dies gilt für beide Blätter der Knospe
in gleicher Weise. Indem das Mesoderm mehr Nährstoffe in sich aufnimmt, als es für seinen eignen
Bedarf verwerthen kann, giebt es den Ueberschuss an die tiefer liegenden Gewebe ab, und so wandern
auch die Dotterkörner, die Membranen durchsetzend, weiter fort in das Ectoderm, wo man sie gelegentlich
auf allen Stufen des Uebergangs zu Gesicht bekommt. Sie verlieren dabei allmählich, wohl in Folge
fortschreitender Zersetzung, ihr Lichtbrechungsvermögen, und man sieht sie zuletzt nur noch mit Mühe
als blasse, schwach contourirte Höfe vom Protoplasma sich abheben. An eine Aufnahme im flüssigen
Zustand und nachherige Ablagerung innerhalb der Zellen ist liier gewiss nicht zu denken, da die lebhafte
Thätigkeit aller Zellen die Bildung von Reservenährmaterial ausschliesst.
Neben ändern Functionen ist also dem Mesoderm auch die wichtige Rolle eines Vermittlers der
Nährstoffe übertragen, die es nach Deckung des eignen Bedarfs den entlegneren Geweben zuführt.
Jede der zahlreichen Faltungen der Knospe hat, ausser dass sie dieselbe ihrer definitiven Gestalt nähert,
zugleich den Werth, durch Vergrösserung der resorbirenden Fläche eine ausgiebigere Ernährung zu ermöglichen.
Ist auf diese Weise das Embryonalpolypid zu einem Stadium gediehen, wo mit den bisherigen
Mitteln nichts mehr erreicht werden kann, so ist es gezwungen, durch eigene Thätigkeit seinem
gesteigerten Bedürfnis zu Hülfe zu kommen, und es erfolgt dann der Durchbruch nach aussen auf dem
nämlichen Wege, wie wir ihn für die reguläre Knospung kennen gelernt haben. Eines geringfügigen
Unterschiedes ist schon damals gedacht worden (s. S. 64).
Ehe der Embryo aber diese Stufe erreicht, ehe der Statoblast seine Schalen gesprengt hat, sind
andere Bildungen in ihm aufgetreten, welche im Folgenden der Gegenstand unserer Aufmerksamkeit
werden sollen: Ich meine die Se c u n d ä r k n o s p e n .
Wenn wir auf einem Stadium wie dem auf Taf. XII, Fig. 146 abgebildeten die Wand des
Statoblasten betrachten, so bemerken wir oral vor dem Primärpolypid, dem Schwimmring gegenüber,
eine Verdickung, an der beide Blätter betheiligt sind (KZ). Das Ectoderm, welches beispielsweise inmitten
der flacheren Schale, also unterhalb der Hauptknospe, noch ganz den Charakter eines regulären,
einschichtigen Cylinderepithels in Höhe von 1—1,5 /.t bewahrt hat, zeigt hier eine Dicke von 3—3,5
und ist durch Uebereinanderlagerung der Producte der Zelltheilung zwei- und mehrschichtig geworden.
In Folge dessen sehen wir unter seiner äussersten Schicht eine Zellgruppe sich ausbreiten, welche nicht
bis an die Schale heranreicht, deren Elemente aber gegenwärtig noch keine Abweichung von dem allgemeinen
Typus der Ectodermzellen erkennen lassen. Später, wenn sich das Ectoderm in bestimmter
Weise den Leistungen des Integuments angepasst hat, heben sie sich, indem sie ihre embryonale Natur
bewahren, schärfer von der Umgebung ab. Parallel dieser Gruppe erscheint auch das Mesoderm kräftiger
entwickelt als an den übrigen Punkten der Peripherie. Während es sonst etwa eine Stärke von 0,5 i¿
besitzt, gewinnt es hier eine solche von nahezu 1,5 (.i, und das niedrige Pflasterepithel geht in eine
Schicht eng gefügter, cubischer bis cylindrischer Zellen über, welche zusammen mit denen des Ectoderms
diese Stelle der Leibeswand in auffälliger Weise auszeichnen.
Um uns über die Gestalt und Lage der Verdickung näher zu informiren, wollen wir den Flächenschnitt
Taf. XIII, Fig. 151, der einem verwandten Stadium angehört und etwa in der Mitte'zwischen
den obern und untern Dornen geführt ist, zu Rathe ziehen. Wir finden die Zellgruppe KZ, welche
sich hier von der äussersten Ectodermschicht deutlich abgliedert, oral vor der Knospe wieder und con-
statiren, dass sie in der Breite eine Ausdehnung von 25—30 fi besitzt, also ihre Höhendimension, die
wir auf 10—15 f.i veranschlagen können, um etwa das Doppelte übertrifft. Neben ihr erscheint auch
die Anschwellung des inneren Blattes, und so vereinigen sich die beiden Constituenten der Leibeswand
zu einem Gebilde von ganz besonderer Differenzirung, wenngleich seitwärts desselben die Charaktere des
normalen Integuments fast unmerklich wieder zur Geltung kommen.
Die doppelte Frage nach der Herkunft und nach der Bestimmung dieses Gebildes suchen wir
zunächst in ihrem zweiten Theil zu beantworten, indem wir die späteren Stadien einer Betrachtung
unterwerfen. Und das Resultat derselben vorwegnehmend, will ich erklären, dass die Verdickung den Mutterboden
darstellt, auf welchem die jüngeren Individuen der Kolonie, die Secundärknospen, ihre Entstehung
nehmen, vor Allem jene beiden Polypide, welche sich zur Rechten und Linken des ältesten gruppiren
und zur Zeit, wo der Embryo die Schale verlässt, zwar noch- als Knospen, aber immerhin schon auf
hoher Entwickelungsstufe uns entgegentreten.
In Fig. 152 hat sich die ectodermale Zellgruppe erheblich vergrössert, sie hat namentlich an
Dicke gewonnen, und zwar weniger in der Mitte als an der linken Seite (bei B), wo das Mesoderm in
Form einer flachen Beule nach innen hervortritt. Bald zeichnet sich diese Beule schärfer von der Umgebung
ab, und es bleibt dann kein Zweifel, dass wir in ihr die Anlage einer neuen Kno s p e , der
zweiten des Stockes, zu erblicken haben.
Diese Knospe entwickelt sich fast genau so, wie es späterhin Regel ist, zuweilen jedoch treten
auch an ihr Erscheinungen zu Tage, welche an die Entstehung des ersten Polypides erinnern und
zwischen den Extremen vermitteln. In Fig. 153 ist im Sagittalschnitt ein Stadium dargestellt, wo sich
das Lumen der Knospe dadurch zu bilden beginnt, dass der ectodermale, unter der äussersten Epithelschicht
(ec) gelegene Zellcomplex sich an der Peripherie zusammenzieht und in Folge dessen stärker
nach innen hervorwölbt, wobei sich sein mittlerer Theil von der äussersten Ectodermlage entfernt. Das
geschieht etwa so, wie wenn man die Hand flach auf den Tisch legt und dann, indem man die Finger-
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