Von der runden Mundöffnung (o) entspringt ein kurzer, röhrenförmiger, im normalen Zustande
geschlossener Schlund, dessen Wandung von den bewussten Stäbchen (st) umgeben wird. Bei Betrachtung
von vorne (Fig. 24) (Oralansicht) stehen dieselben in einer Kreislinie um den Mund und bilden einen kurzen
kegelförmigen Stäbchenapparat; sie sind nicht fest untereinander verbunden (also nicht wie bei Prorodon) und
verlaufen schraubig. Wir haben demnach dieselben Verhältnisse, welche wir bei Holophrya antrafen, nur
dass die Mundöffnung und das Fehlen eines Polfeldchens Didinium entspricht.
Der A fte r (a) liegt in einem der Rippenstreifen am schwanzartig ausgezogenen Hinterende des Körpers,
jedoch nicht an seiner äussersten Spitze. Etwas vor ihm befindet sich die contra c tile Vacuole (c. v), welche
auf der dem After entgegengesetzten Körperfläche ausmündet.
Der Makronucleus (N) ist kugelig und liegt in der Körpermitte; er wird stets von einem kleinen
Mikronucleus (ncl) begleitet. Der Makronucleus zeigt einen feinnetzigen Bau,- welcher bei fixirten Exemplaren
(Fig. 26) deutlicher hervortritt. Bei den letzteren unterscheidet man eine Kernmembran und im
Netzwerke sehr kleine, stark lichthrecbende Körperchen. Der Mikronucleus erscheint homogen und lässt
sich nur sehr schwach tingiren.
D. Lieb e rk ü h n i kommt sehr selten vor; ich fand es nur ein einziges Mal und dann war es nicht
in allzugroser Zahl vorhanden. Es lebt in reinen Wässern und geht bei Fäulniss des Wassers schnell
zu Grunde.
• Seine Bewegungen sind ziemlich rasch und bestehen im Vorwärtsschwimmen unter fortwährender
Kotation des Körpers um seine Längsachse; zuweilen schwimmt es auch rückwärts, jedoch nur auf kurze Entfernungen,
um darauf die Vorwärtsbewegung wieder einzuschlagen. An der Bewegung, nehmen sowohl die
Cilien des Wimperkranzes, als die Körpercilien Antheil. Die ersteren stehen dabei unter einem Winkel
von circa 60 0 zur Längsachse des Thieres und schlagen mächtig; bei Kückwärtsbewegung werden sie vollkommen
nach vorne umgeschlagen. Die Körpercilien erscheinen bei ruhig liegenden oder abgetödteten
Exemplaren wie Borsten; sie sind aber durchaus nicht steif, sondern sehr beweglich. Die Bewegungen, die
sie ausführen, erinnern sehr an die der Urotricha-Wimpern, d. h. sie schlagen pendelartig ohne jeglich
scheinbare Ordnung.
Das Thier ist biegsam, im gewissen Grade auch contráctil, jedoch nicht in dem Maasse wie Prorodon
oder Holophrya. Die Farbe ist gelblich grau, scheint aber mit der Art der aufgenommenen Nahrung in Beziehung
zu. stehen. Zuweilen ist das Thier, infolge der grossen Menge gefressener Nahrungskörper (nk) vollkommen
undurchsichtig und sieht dann bei schwachen Vergrösserungen braungelb aus.
Es ernährt sich von Algen, thierischen Fetttropfen und kleinen Infusorien. Bei der Nahrungsaufnahme
erweitern sich die Mundöffnung und der Stäbchenapparat ganz bedeutend, so dass relativ sehr
grosse Nahrungskörper verschluckt werden können. Beim Ergreifen der Nahrung wird die Mündöffnung weit
aufgesperrt, das Thier stürzt auf die Nahrung los und macht darauf eine plötzliche Rückwärtsbewegung, wobei
die Cilien des Wimperkränzes nach vorne umgeschlagen werden. Währenddessen hat die Nahrung schon
den Schlund passirt und befindet sich im Entoplasma.
Das beschriebene. Iufusorium bietet in systematischer Beziehung ein grosses Interesse, da es infolge
seiner Organisationsverhältnisse einen Debergang von Holophrya oder vielmehr von L a c rym a ria zu
Didinium bildet und somit eine enge Verwandtschaft dieser Gattungen erweist. Namentliöh sind es die
Mund- und Schlundverhältnisse, wie die Bewimperung, welche viel Gemeinsames aufweisen und für die innige
Verwandtschaft dieser Formen sprechen. Ja, es liesse sich sogar eine Ableitung der einen Form von den
anderen versuchen. Was zunächst die Gestalt des Mundes anbetrifft, so entspricht er vollkommen dem
von IJrotricha und Didinium, wogegen der Bau des Schlundes und des Stäbchenapparates an Holophrya
erinnert. Die Bewimperung bietet gleichfalls Anklänge an beide Formen; es erinnern einerseits die Körpercilien
an Lacrymaria und Holophrya, andererseits der Wimperkranz an Didinium. Infolge der stattgefundenen
Reduction der Körpercilien sind dieselben nur hinter dem Wimperkranze in spärlicher Zahl zurückgeblieben,
wogegen sie am Mundkegel rückgebildet sind. Bei Didinium ist die Reduction, wie ich bereits erwähnt habe,
noch weiter fortgeschritten, da sämmtliche Körpercilien, mit Ausnahme jener des Wimperkranzes, verloren gegangen
sind. Die übrigen Organisationsverhältnisse stimmen vollkommen überein.
Die geschilderten Verhältnisse gestatten diese Form in keine der erwähnten Gattungen unterzubringen,
sodass ich mich B ü ts c h li’s Auffassung anschliesse, welcher für sie die Gattung Dinophrya errichtete. Dieselbe
wurde von B ü tsch li bei der Aufstellung der Infusoriengattungen für sein Protozoenwerk gegründet,
als er das Thier in den Abbildungen der Lieberkühn’schen unedirten Tafeln (42; Taf. 192, Fig. 1—6) Unter
dem Namen T ric h o d in a fand und seine Stellung resp. verwandtschaftliche Beziehung erkannte.
Es ist möglich, dass D. Lieb e rk ü h n i ¿chon von E b e rh a rd beobachtet und unter dem Namen
Siagonophoros e uglenoides (25; pag. 50, Taf. H, Fig. 10) und später als Siagonophorus lori-
ca tu s (26; pag. 25, Fig. ||§ beschrieben wurde. Jedoch sind die Beschreibungen und Zeichnungen zu ungenügend,
als dass man die Identität mit Bestimmtheit behaupten könnte.
7. Lionotus fasciola. Ehrbg.
Wrzesniowski 67; pag. 33 (Leionota) und 68; (Litonotus) pag. 500— 501, Taf. XXII— XXIII, Fig. 29— 32.
Kent 38; pag. 743— 744, Taf. XLII, Fig. 5— 11.
Bütschli 10; pag. 1372, 1388, 1461, Taf. LIX, Fig. 6.
Synon: ? Vibrio fasciola. 0. F. Müller 48; pag. 69— 70, Taf. IX, Fig. 18— 20.
Amphileptus fasciola. Ehrenberg 27; pag. 356, Taf. XXXVIII, Fig. 3.
*'• „ . „ Dujardin 24; pag. 485, Taf. XI, Fig. 17.
,, „ C o h n 18; pag. 434-435, Taf. XXII A, Fig. 6— 7.
„ L a c h m a n n 41; pag. 365 ff., Taf. XIV, Fig. 12.
1 # Diesing 22; p. 546.
„■ ' massiliensis. Gourret et Roeser 35; pag. 471— 472, Taf. XXIX, Fig. 2— 3.
?Dileptus folium. Dujardin 24; pag. 409, Taf. XI, Fig. 6.
Loxophyllum fasciola. Claparfede et L a c h m a n n 13; pag. 361— 362.
. „ duplostriatum. M a u p a s 44; pag. 502— 508, Taf. XX, Fig. 1— 4.
- „ . „ van Rees 54; pag. 9— 10, Taf. XVI, Fig. 2.
„ „ Andrüssowa 3; pag. 256— 257, Taf. II, Fig. 14.
Litonotus trichocystus. Stokes 64; pag. 325, Taf. III, Fig. 17.
Taf. II, Fig. 27—80.
Mittelgrosse Thiere von 0,08—0,1 mm Länge und 0,017—0,02 mm Breite.
Körper lang und schmal, lanzettartig, seitlich abgeplattet und S-förmig gebogen. Nach vorne in