Das Ectoplasma (ek) ist sehr dünn und besitzt einen radiären Bau, aus welchem Grunde man
wohl annehmen muss, dass es der Alveolarschicht entspricht:- Die äusserste Grenze derselben bildet eine
sehr dünne Pellicula (p).
Das E n to p lasm a erscheint äusserst feinkörnig und von kleinen, stark lichtbrechenden Körperchen
erfüllt.
Der Mund (o) liegt an der Spitze des halsartigen Vorderendes und wird von kleinep Cilien umgeben,
die fortwährend flimmern und eine lippenartige Erhebung vortäuschen. Auch stehen die Körpercilien am
Vorderende dichter als am ganzen Körper. Vom Munde entspringt ein kurzer, röhrenförmiger Schlund (oe),
der sich nach hinten stwas verengt. Um den Schlund lassen sich sehr dünne, stäbchenartige Gebilde erkennen,
welche jedoch wenig scharf hervortreten.
Die After öffnung (a) liegt dem Munde gerade entgegengesetzt auf der unbewimperten Körperfläche.
Man gewahrt sie nur während der Ausstossung des Koths.
Unweit des Afters, ebenfalls am Hinterende des Körpers, aber seitlich liegt die c o n tra c tile Va-
cu ale (c. v.), welche in der Nähe der Ansatzstelle der Pühlborste nach aussen mündet. Die Oeffnung selbst
wurde nicht direct beobachtet, jedoch lässt sieh ihre Lage daran erkennen, dass die contractile Vacuole sich
immer nach einer Stelle zusammenzieht, wo natürlich der Porus sich finden muss.
In der Mitte des Körpers, oder etwas mehr dem Hinterende zu findet sich ein grösser, kugeliger
Makronucleus (N) mit einem kleinen anliegenden Mikronucleus (ncl). Im lebenden Zustand erscheint
ersterer fast homogen und stark lichtbrechend. Nach der Behandlung mit Reagentien kommt eine zarte
Membran und eine äusserst feinmaschige Netzstructur zum Vorschein; der Mikronucleus ist zu klein, als
dass man etwas von seiner Structur erkennen konnte.
Das beschriebene Thierchen kommt ziemlich häufig vor und tritt dann in grösseren Mengen auf.
Es lebt im Schlamme zwischen Algen und verabscheut putrescirende Infusionen nicht. Vermöge der langen,
feinen Cilien, die, wie es scheint, ohne jegliche Ordnung bewegt werden, schwimmt es ziemlich.rasch umher.
Bei der Fortbewegung geht das Vorderende immer voran, wobei der Körper sich um seine Längsachse dreht.
Es schwimmt gewöhnlich in grossen Kreisen umher, kann jedoch ganz unerwartet die Richtung wechseln,
woran die Fühlborste Antheil zu nehmen scheint. Zuweilen bleibt es ruhig an einem Platze liegen und
streckt dann die Cilien bewegungslos aus. Nach einer solchen Ruhepause fährt es öfters plötzlich auf, macht
einen Sprung und bewegt sich ruhig weiter fort.
Der Körper ist elastisch und formbeständig; er erscheint farblos und durchsichtig, kann aber infolge
der aufgenommenen Nahrung ganz undurchsichtig werden. Das Thier ist sehr gefrässig und ernährt sich von
einzelligen Algen. Bei der Nahrungsaufnahme kann der Schlund bedeutend erweitert werden, wobei die
stäbchenartigen Gebilde besser zu erkennen sind.
U. f a re ta wurde zuerst von Claparöde und Lachmann (13; pag. 314—316) beschrieben, jedoch
sahen sie weder den Schlund, noch die ihn umgehenden stäbchenartigen Gebilde. Die .lippenartige Hervor-
wölbung, welche nach ihnen den Mund umgeben soll, beruht auf den kleinen, sehr dicht aneinander-
stehenden Cilien, welche diese Hervorwölbung vortäuschen. Auch ist 'von diesen Forschem, weder die
Körperstreifung, noch die Bewimperung richtig erkannt worden, insofern sie die erstere schanbig zeiohnen
und den Körper total bewimpert abbilden. Die von Stokes als U. p la ty s tom a (65 p. 101) beschriebene
Form scheint wegen der allgemeinen Körpergestalt, wie der Lage der Mundöffnung und Fühlborste mit
U. fa rc ta identisch zu sein; sie würde sich nur durch eine beträchtlichere Grösse (Veeo engl. Zoll =-
0,038 mm) auszeichnen. Er fand bei ihr einen röhrenförmigen Schlund, ohne jedoch die Stäbchen zu erkennen;
die Bewimperung soll nach ihm eine totale sein. Auch ist sehr wahrscheinlich, dass das von demselben
Forscher als Balan ito zo o n agile (n. g. et sp.) (65; pag. 109—110) beschriebene Infusor ebenfalls die
U. fa rc ta ist. Balanitozoon agile soll sich nur durch das unbewimperte hintere Körperende unterscheiden
— eine Eigenschaft, welche nach meiner Beobachtung auch der U. f a rc ta zukommt, nur mit dem Unterschiede,
dass nach Stokes bei Balanitozoon das ganze hintere Körperdrittel unbewimpert erscheint.
2. Urotricha lagenula. Kent.
K e n t 38; pag. 505, Taf. XXVII., Fig. 1.
B ü ts c h li 10; pag. 1347.
Synon.: H o lo p h ry a . L ie b e rk ü h n 42; Taf. 212—213, Fig. 3—5.
? P a n to tr ic h um la g e n u la . E h r e n b e rg 27; pag. 248, Taf. XXII, Fig. 9.
Taf. I. Fig. 2.
Mittelgrosse Thiere (bedeutend grösser als die vorige Art) von 0,08—0,01 mm Länge und 0,05
0,068 mm Breite.
Körper flaschen- oder bimförmig, mit vollkommen abgerundetem Hinterende und halsförmig ausgezogenem,
kurzem Vorderende. Mundöffnung polar.
Der ganze Körper ist total bewimpert. Die Cilien sind verhältnissmässig nicht sehr lang und sitzen
auf kleinen Papillen, welche in Längsreihen angeordnet sind. Diese dicht aneinander stehenden Cilien-
papillen, welche die Läugsstreifung des Körpers bedingen, scheinen in seichten Furchen zu stehen, da sie
erst hei tiefer Einstellung deutlicher zu sehen sind — eine Erscheinung, welche auch bei anderen Infusorien
(Holophrya, Prorodon) anzutreffen ist. Am Vorderende stehen die Cilien sehr dicht beisammen und nehmen
gegen das Hinderende allmählich an Dichte ah, woselbst sie ziemlich spärlich vorhanden sind. Am Hinterende
sind 3—4 bedeutend längere, ziemlich steife Fühlborsten (b) eingepflanzt.
Die P e llic u la (p) ist sehr dünn, Das Ec to p la sm a (ek) erscheint hyalin, ziemlich stark licht-
brechend und anscheinend st-ructurlos. Das Entoplasma ist feinnetzig granulirt, mit körnigen Einschlüssen;
auch enthält es einzelne, stark lichtbrechende Körperchen.
Die Mund Öffnung (o) ist rundlich und liegt am vorderen Körperpole ; von ihr entspringt ein röhrenförmiger
oder vielmehr etwas kegelförmiger, dickwandiger Schlund (oe), welcher von stäbchenartigen Gebilden
(st) umgehen wird und ein bimförmiges Lumen besitzt. Der Bau des Schlundes entspricht vollkommen dem
von Holophrya, und Prorodon, bei welchen er infolge der grösseren Dimensionen der Thiere deutlicher zu
sehen ist und auf dessen Schilderung ich später eingehen werde.
Der After (ä) liegt terminal, unweit der Fühlborsten, in deren unmittelbaren Nähe auch die ziemlich
grosse c o n tra c tile Vacuole (c. v.) nach aussen ausmündet.
Der kugelige, grosse Makronucleus (N)’liegt etwas subcentral und wird stets von einem kleinen
Mikronucleus (ncl) begleitet, welcher anscheinend eine feinstreifige Structur besitzt.
D. la g e n u la kommt bedeutend seltener, als die vorige Art vor; auch tritt sie nie in solch grossen
Bib lio th e o a zoologioa. H e f t 3.