
gestorbene zu betrachten sind (vgl. S. 64 f.), in der That wieder „eingeschmolzen“ und zur Ernährung
der jungen Kolonie verwendet werden.
Die ganze Umwandlung vollzieht sieh mit bedeutender Schnelligkeit, die Stadien I—IX der
Fig. 168 werden in 3—4 Minuten durchlaufen. Nitsche hat das Wesentliche des Vorgangs, die vollständige
Umkehr des Embryonaleystids, durch Vergleichung richtig geschlossen, die Festheftung selbst
aber nicht beobachtet. So stellt denn das einzige von ihm wiedergegebene Uebergangsstadium, Knospung
Taf. XXV, Fig. 2, gar kein normales Verhältnis dar, sondern eine Bildung, die dann erscheint, wenn
die Larve in der Anheftung gestört und wider Willen weiterzuschwimmen genöthigt wird. In einem
solchen Falle ist sie nicht mehr fähig, den bereits eingeleiteten Process der Umkehr wieder rückgängig
zu machen, andererseits aber wird derselbe auch nicht vollständig durchgeführt, sondern die Duplicatur
schlägt sich nach hinten um, ohne dass der übrige Theil des Cystids der Umstülpung folgt. Mehrfach
habe ich die in Rede stehende Abbildung Kitsches als Endstadium einer solchen unterbrochenen Festheftung
auftreten sehen.
Nach der Umwandlung entwickelt sich die Larve in der Weise, wie es die Figg. 16—18 auf
Taf. II anschaulich machen. Auch die Bilder Taf. I, Fig. 4— 8 stellen geschlechtlich erzeugte Kolonien
dar.
Die Larven sind übrigens ausserordentlich leicht durch rasches Einwerfen in conc. kalte Sublimatlösung
zu conserviren, in welcher sie momentan und ohne jede Formveränderung absterben. Selbst
die einzelnen Stadien der Fig. 168 vermochte ich zu fixiren, indem ich die an einem kleinen Holzstückchen
sich ansiedelnde Larve mit diesem zusammen in einer Glasröhre aus dem Wasser hob und in
die conservirende Flüssigkeit übertrug.
Vergegenwärtigt man sich, dass bei der Keimung des Statoblasten der gesamte Inhalt desselben
zum Körper der definitiven Kolonie auswächst, während beim geschlechtlich entwickelten Embryo ein
grösser Theil, nämlich das ganze larvale Cystid, der Rückbildung anheimfällt, so erhellt, dass der Stato-
blasten-Embryo und die geschlechtliche Larve einander morphologisch nicht gleichwerthig sein können.
Erst wenn man sich in der Larve die primäre Hülle ganz wegdenkt, könnte man den Rest mit dem
Embryo des Statoblasten in Parallele zu stellen wagen. In der That haben wir dann beidemal das
Material der definitiven Kolonien vor uns. Aber bei genauerer Zusicht befriedigt auch dieser Vergleich
nicht. Wir finden in der aus der Larve hervorgegangenen Kolonie von Alcyonella nicht wie bei der im
Statoblasten erzeugten ein, sondern scheinbar zwei Primär-Individuen, welche, obwohl ungleichen Alters,
doch keine näheren Beziehungen zu einander erkennen lassen. Jedes pflanzt sich unabhängig vom ändern
fort, jedes für sich in der bei der Knospung sonst üblichen Weise. Beide kehren einander die Analseiten
zu, ein in keinem ändern Falle beobachtetes Verhältnis.*) Es scheint demnach fast, als besässe die
*) Diese Stellung der Polypide macht es bedenklich, die Zweizahl auf ein blosses „bourgeonnement prématuré*,
eine raschere Knospung, zurückzuführen, wie Barrois (Annales des sciences naturelles. Sér. VII. T. I. p. 67 ff.) annimmt.
Wenigstens müsste man in diesem Falle weiter annehmen, dass das jüngere der beiden Individuen, das dann zum älteren
.geschlechtlich erzeugte Alcyonella den doppelten Werth einer aus dem Statoblasten hervorgegangenen
Kolonie, den Werth einer echten Zwillingsbildung. Dies Verhältnis ist um so merkwürdiger, als ihm die
Allgemeinheit fehlt. Nach Allman enthält die Larve von Plum. fruticosa nur e in Primärpolypid*),
und auch bei Cristatella scheint die Zahl und Anordnung der Individuen auf ein einziges zurückzuweisen.
Ist es zur Zeit auch unmöglich, das in dieser Beziehung herrschende Dunkel zu lichten, so
möchte ich doch, da die Vergleichung der beiden Fortpflanzungsarten einmal angeregt ist, noch eine
andere Seite derselben ins Auge fassen.
Ziehen wir statt des definitiven Statoblasten die ursprüngliche Anlage in Betracht, so zeigt sich
auch hier, dass nur ein Theil derselben den Körper des Embryo liefert, ein anderer aber nach Bildung
•der Schale verworfen wird. Der Embryo wird durch die sich einstülpende Hälfte der zweiblättrigen
Anlage, welche wir in dem Schema S. 111 bei S4 skizzirt sehen, repräsentirt, die andere Hälfte geht
.zu Grunde. Sie ist es, könnte man meinen, welche dem larvalen Cystid der geschlechtlichen Kolonie
an die Seite zu setzen ist. Beide dienen nur zur Umhüllung des Embryonalkörpers, im einen Falle
indirect durch Bildung der Statoblastenschale, im ändern direct als Primärcystid der geschlechtlichen
Larve.
Ich will diesen Punkt etwas näher beleuchten.
Wenn, was sicher ist, aus dem befruchteten Ei zunächst eine schlauchförmige, zweischichtige
Blase hervorgeht, so würde diese in der Hauptsache das Primärcystid darstellen und als Ganzes
vielleicht der zweischichtigen Statoblastenanlage zu vergleichen sein. Ein durchgreifender Unterschied
würde aber in der Anordnung der beiden Keimblätter herrschen. Bei der Larve (Schema Ia) finden
wir von vorn herein ein Verhältnis, wie es
für die definitive Kolonie charakteristisch ist:
Das ectodermale Blatt, welches zugleich das
innere Blatt der Polypide, folglich auch das
Entoderm liefert, ist nach aussen, das Leibeshöhlenepithel
oder äussere Knospenblatt nach
innen gekehrt. Beim Statoblasten dagegen
liegt das Ectoderm innen, das Leibeshöhlenepithel
aussen (Schema I b, vgl. S. 111, S4). I
Beim Statoblasten muss daher behufs Bildung des Embryonalkörpers eine Umkehr der Keimblätter stattfinden,
und diese wird, wie wir gesehen haben, dadurch angebahnt, dass die primäre Anlage sich einstülpt
und nur der eingestülpte Theil, für den die Umkehr durchgeführt ist, den Embryonalkörper und zwar
zunächst das erste definitive Cystid liefert (Schema S. 111, S4 S). Bei der geschlechtlichen Larve
im Verhältnis einer ersten Tochterknospe (B) gestanden und oral vor demselben, seinen Ursprung genommen haben
müsste, sich secundäx um ungefähr 180° gedreht hätte. Dieses ist aber bestimmt n i c h t der Fall, sondern beide Polypide
entspringen von vorn herein getrennt an zwei gegenüberliegenden Punkten der zweischichtigen Embryonalanlage und
ändern ihr Stellungsverhältnis im Wesentlichen nicht mehr.
*) Plum. repens und vesicularis verhalten sich wie Alcyonella. Nach Kraepelin, Fig. 127 der Monographie, würde
das auch für Plum. emarginata gelten, speciell für die ftmgoide Form derselben ( = Ale. Benedeni Allrn., Plum. princeps var.
spongiosa Kraep.). Da Kraepelin gleichwohl Plum. emarginata und fruticosa zu e in e r Species vereinigt hat, so scheint er
der Angabe Allmans bezüglich der Larve von fruticosa keine Bedeutung beizumessen.
Bibliotheca zoologica. Heft VI. 16