unterstützen und so für die jungen Knospen Raum zu schaffen, möglichenfalls aber solche auch ferner
noch zu erzeugen. Denken wir uns zu der Anlage in Fig. 88 das dazu gehörige Primärpolypid, welche»
weiter nach rechts gelegen ist, hinzu, so würde die Situation völlig der in Fig. 89 entsprechen, mit dem.
einzigen Unterschiede, dass die Tochterknospe dort noch durch die embryonale Zellbrücke h ' mit der-
Mutter verbunden ist, während hier zwischen beiden bereits ein grösseres Stück der Leibeswand perfect
geworden und daher eine gründlichere Trennung eingetreten ist. Mit den zur Bildung der Tochterknospe-
nöthigen Zellen sind aber noch andere, welche ihnen zunächst lagen und ebenfalls von der Mutter
herstammen, von dieser abgerückt, und sie sind es, welche wir in der Zellmasse R der Fig. 88 wiederfinden.
Sie entsprechen also genau den Zellen h' in Fig. 89, und die Zellgruppe K ist ein Seitenstück
zur Gruppe B', die sich schon früh in ihrer Selbständigkeit abgrenzt. Uebrigens wird diese Grenze in
Fig. 88 mit der Zeit immer undeutlicher, da die obersten Zellen der Gruppe K als Constituenten des-
Knospenhalses auch wieder in die Leibeswand übergehen.*)
So sehen wir denn auch hier das Princip der Doppelknospe in unbedingter Geltung. In jedem
Falle gelingt der Nachweis, dass die einzelne Knospe sich unmittelbar aus dem embryonalen Material
einer älteren herleitet, und allgemein dürfen wir sagen, dass die Tausende von Individuen einer erwachsenen
Kolonie, wie jeder Organismus in letzter Instanz auf eine einzige Zelle, so auf die beschränkte-
Zahl von Zellen zurückgehen, welche bei der Entwickelung des Statoblasten oder des Eies von vorn
herein für Fortpflanzungszwecke bestimmt wurden. —
Aber nicht bloss die Polypide, sondern auch die ihnen benachbarten Theile der Kolonialwand,
die Cystide, entstammen der Knospenanlage. Wie wir wissen, schlagen sich die Ränder des Knospenhalses,
gleichsam nach aussen um, das innere Knospenblatt liefert das Ectoderm, das äussere gestaltet sich zum
Leibeshöhlenepithel und zur Muskelschicht der Cystidwand. Jedoch nicht gleichmässig nach allen Seiten.
Vom, oral vor der Primärknospe, geht dieser Process weit lebhafter vor sich, hier wird das Integument weit
energischer untersützt als seitwärts und hinten. Wir würden uns, wenn wir das ganze Gebiet der
Leibeswand, welches direct aus einer einzelnen Knospe seinen Ursprung herleitet, umgrenzen wollten,,
einen ellipsoiden Raum vorzustellen haben, in dessen einem Brennpunkt die Knospe so orientirt ist, das»
ihre Front dem anderen Brennpunkt zugekehrt ist. Demnach würde, wie es thatsächlich der Fall ist,,
das Contingent, welches der Knospenhals zum Aufbau des Integumentes stellt, nach vom zu am grössten
sein, es würde nach seitwärts abnehmen und im Rücken auf sein Minimum herabsinken. Immerhin ist
auch hier noch die Umwandlung stark genug, um deutlich erkennbar zu sein (Taf. VII, Fig. 89, 90),.
und weil nach hinten die Neubildungen nicht wie nach vom ein freies Feld zu ihrer Entfaltung finden,
vielmehr die ältem Gewebe ihnen entgegenstehen, so folgt, dass die Knospe im Lauf der Entwickelung
nicht genau ihren anfänglichen Stand beibehält, sondern etwas n a c h v o r n r ü c k t , indem zwischen ihn
und den dahinter befindlichen, stabilen Theilen der Kolonie sich junge Gewebe einschaiten. Die definitive
Mündung des Polypids liegt also oral vor der ursprünglichen Bildungsstätte der Knospe.
*) Als ich die Figg. 86—88 seiner Zeit kennen lernte, glaubte ich darin eine Andeutung des von Hatschek, Pedicellina
S. 539, für Cristatella vorausgesetzten Verhältnisses gefunden zu haben. In der Zellgruppe K sah ich das „Entoderm-
säckchen“, dessen Existenz jetzt durch Seliger auch für Pedicellina in Abrede gestellt ist. Dass ein solches Verhältnis-
für die Phylactolaemen nicht zutrifft, konnte mir nicht lange zweifelhaft bleiben.
Indem alle jüngeren Knospen wieder in derselben Weise zur Bildung der Leibeswand beitragen,
-führt das ganze, oral und seitwärts vor der Primärknospe gelegene Gebiet bis zum Rande der Kolonie
-auf die Primärknospe zurück, so dass z. B. in Fig. 48, Taf. III, der ■ zum Bogen b gehörige Sector der
Kolonie auf das Polypid B, der zu b ' gehörige auf B' zurückgeht, beide zusammen aber nebst dem dazwischen
befindlichen Theil der Knospungszone, also das durch den Bogen a umschriebene Vegetationsfeld,
der ersten Anlage A entstammen, während das hinter dieser gelegene, von Knospen freie Stück a
-das speciell zu A gehörige Einzelcystid, d. h. den lediglich zum Integument ausgebildeten Theil der
früheren Statoblastenwand, darstellt. •—
Es ist hier der Ort, auf die schon oben berührten Veränderungen, welche die einfachen Zellen
-der Knospe bei ihrem Uebergang in die meist stark modificirten der Kolonial wand erleiden, näher einzugehen.
Was zunächst das Ectoderm anlangt, so lassen sich darin im Allgemeinen zwei Zellsorten erkennen,
welche den von Nitsche*) bei Alcyonella beschriebenen entsprechen. Erstens blasenförmige Zellen mit
wandständigem Kern und innerem Secret, zweitens compacte, cylindrische Zellen mit der Fähigkeit
-äusserer Secretion. Dass zwischen beiden kein ursprünglicher Gegensatz herrscht, sondern dass sie
lediglich Differenzirungen einer und derselben Grundlage sind, folgt nicht nur aus ihrer Abstammung
aus dem gleichartigen Material der jungen Knospe, sondern auch daraus, dass Uebergänge zwischen ihnen
in allen möglichen Abstufungen zu beobachten sind. Die Entwickelung der Blasenzellen lässt sich sehr
schön an der Duplicatur junger, noch nicht oder eben erst ausstreckbarer Polypide von C r is ta te lla verfolgen.
Man sieht dort im Innern der Zelle zunächst ein kleines Kügelchen einer hellen, stark lichtbrechenden
Substanz auftreten, welches, allmählich anwachsend, schliesslich fast den ganzen Hohlraum der
Zelle einnimmt. Aus dem stetig fortschreitenden Wachsthum der kleinen, von Anfang an scharf umgrenzten
Kugel glaube ich schliessen zu können, dass dieselbe einem secretorischen Act ihren Ursprung
verdankt, und nicht, wie Kraepelin**) will, als blosse Umwandlung des Protoplasmas aufzufassen ist, das
sich in diesem Fall in seiner ganzen Ausdehnung gleichmässig verändern müsste. Freilich wird durch die
Secretion das Plasma selbst reducirt und also mittelbar umgewandelt***).— Während nun bei den allseitig
mit starker Cuticula umgebenen Plumatellen sowie bei F r e d e r ic e lla die Blasenzellen naturgemäss in
der Minderzahl bleiben, werden sie in der obern Decke von Cristatella ausschliesslich entwickelt, so dass
alle Zellen des inneren Knospenblattes, welche in die obere Kolonialwand übergehen, die Umwandlung
zu Blasenzellen durchmachen. Indem aber die ältern Gewebe durch fortgesetzte Neubildungen verdrängt
werden, kommen sie namentlich da, wo die obere Decke zur Sohle umbiegt, in eine Zwangslage, aus der
sie sich fürs Erste dadurch befreien, dass die Blasenzellen platzen und ihr Secret nach aussen ergiessen.
Dies lässt sich auf Schnitten unzweifelhaft constatiren (Taf. VI, Fig. 83$? Es zeigt sich ferner, dass
oberhalb der Sohle das Ectoderm einen wesentlich ändern Charakter gewinnt. Die Zahl der Blasenzellen
ist auf ein Minimum reducirt, statt ihrer treten lange, compacte, cylindrisch geformte Zellen auf
*) Beiträge, Heft 1: zur Anat. u. Entwickelungsgesch. der phylactolaemen Süsswässerbr., insbes. von Alc.fung. —
Archiv f. Anat. u. Physiol. 1868, S. 465—521.
**) Monographie S. 24.
***) Merkwürdigerweise entwickeln sich zuweilen auch Zellen des Leibeshöhlenepithels nach Art dieser Ectoderm-
zellen, wie Kraepelin 1. c. S. 31 für Lophopus erwähnt und ich selbst bei Cristatella gefunden habe. Dies ist aber bei Crist.
•eine ganz abnorme und vereinzelte Erscheinung.