(Fig. 83, z). Da dieselben in den obern Partien der Decke gänzlich fehlen, dieser Theil des Integuments aber
gleichwohl aus jenen entstanden ist, so können sie nur aus den ehemaligen Blasenzellen hervorgegangenr
sein, die, nachdem sie sich ihres Secrets entledigt, zu ihrer ursprünglichen Gestalt zurückkehrten. Diese*
Umwandlung habe ich an der einzelnen Zelle nicht speciell zu verfolgen vermocht, sie erscheint aber
nach der Lage der Dinge so nothwendig, dass kein Zweifel bestehen kann. Dass der an die Sohle'
grenzende Theil der Leibeswand vordem weiter aufwärts gelegen war, folgt unter Anderem daraus, dass,
die Ursprünge der Funiculi von den Knospen her allmählich bis zur Sohle herabrücken, in deren Nähe
sie dann längere Zeit verweilen, um endlich auch auf sie überzugehen. Der Aufenthalt wird offenbar-
dadurch verursacht, dass die Zellen des Ectoderms nach ihrer Metamorphose einen sehr viel geringeren.
Raum einnehmen als vorher und sich nun so lange ruhig sammeln und anhäufen können, bis der Ausfall
gedeckt und das frühere Spannungsverhältnis wieder hergestellt ist. Dann aber werden sie dem
Druck der nachfolgenden, jüngem Gewebe weichen und zur Ergänzung der Sohle selbst beitragen müssen.
Hiezu bedarf es keiner tiefgreifenden Umwandlungen. Die etwa noch übrigen Blasenzellen werden ohne?
Weiteres in den Verband der Sohle aufgenommen, in der sie immer noch in grösser Zahl vorhanden
sind (Fig. 83, s; Fig. .84). Die Cylinderzellen brauchen sich nur zu verkürzen, um eine gedrungnere,,
mehr abgeplattete Form zu gewinnen. Zum Theil mögen sie auch wieder die Metamorphose zu Blasenzellen
durchmachen. • Zum grössern Theil aber ergiesst sich, vielleicht in Folge des Reizes, den die Berührung
mit der festen Unterlage ausübt, ihr Secret nicht mehr nach innen, sondern an der Reibfläche,
nach aussen, wo es eine halbflüssige, schlüpfrige Membran, die Verworn*) treffend als „G le i tm em b r a n a
bezeichnet hat, darstellt. Die Kolonie ist daher nicht fest an ihr Podium gebunden, sondern vermag sich.
auf der nachgiebigen Schleimschicht bis zu einem gewissen Grade frei zu bewegen.. Fig. 84 führt uns-
eine Partie der typischen Sohle'vor Augen. Das Integument hat eine ganz ähnliche Bildung angenommen,
wie bei Fredericella und Plumatella, nur dass das Secret der Cylinderzellen nicht zu einer festen Cuticular-
hülle erstarrt, sondern seine flüssige Beschaffenheit beibehält. Zuletzt geht diese übrigens auch' hier verloren,
so dass man von Blättern, welche mit Cristatellen bedeckt sind, oft die ganze Membran wie einen
„Teppich“ abheben kann.
Die Muskelschicht des Integuments nebst allen übrigen_Muskeln des Bryozoenkörpers wird, wie-
zuerst Metschnikoff angegeben, von Zellen des äusseren Knospenblattes differenzirt. Etwas unterhalb der
Stelle, wo der Knospenhals am Mutterthier festsitzt, sehen wir in einer ringförmigen Zone die central
gelegenen Zellen des äusseren Blattes aus dem Verbände der übrigen sich lösen (Taf. VH, Fig. 89, 90, mb)
und eine Zwischenschicht darstellen, welche sich im Lauf der Entwickelung als ein Complex von Myoblasten
zu erkennen giebt. Je mehr nämlich der Knospenhals in die Leibeswand übergeht, um so mehr
gestalten sich diese Zellen unter Abseheidung der contractilen Substanz zu einem Netz von Muskelfasern,
in dem schon Allman Längs- und Querfäden sonderte. Wie Nitsche dann angab, liegen die Querfasem
dem Ectoderm, die Längsfasem**) dem innem Epithel benachbart, so jedoch, dass beide zum engem
Verband einer Tunica museularis zusammentreten. Der Modus der Muskelbildung ist ein für alle Mal
*) Beiträge zur Kenntnis der Süsswaeserbr. [Cristatella]. Ztschr. f. wiss. Zool. Bd. 46, S. 99—130. 1888.
**) Diese Bezeichnung gilt in erster Linie für die plumatelloiden Formen, bei Cristatella-erstrecken sich die „Quer-
asern“ grösstentheils in der Längsrichtung der Kolonie.
der gleiche: Eine einzelne Zelle wird zu einem langen, contractilen Faden ausgezogen, an welchem
seitwärts der Kern stets deutlich sichtbar bleibt, und dessen Sarcolemm durch die Zellmembran vertreten
wird (s. die Querschnitte Taf. VIII, Fig. 101). Die peripheren Zellen des äusseren Knospenblattes for-
Tnirp.n sich mit der Zeit zu einem einschichtigen Plattenepithel, welches die innere Auskleidung der Leibeshöhle
darstellt und durch lebhafte Flimmerung den Umtrieb der als Blut fungirenden Leibesflüssigkeit
bewerkstelligt. —
Fassen wir die Hauptresultate der bisherigen Auseinandersetzung in wenigen Worten zusammen,
so ergab sich für Cristatella Folgendes:
I. Sämtliche Knospen der Kolonie gehen auf einen begrenzten Complex embryonaler Zellen
zurück, welche aus dem Material des Statoblasten oder des Eies ursprünglich erübrigt und von Knospe
zu Knospe weitergeführt wurden.
II. Dies Verhältnis findet seinen Ausdruck in der Form der Doppelknospe.
III. Das Princip der Doppelknospe ist ein durchgreifendes und gilt auch da, wo die Form nicht
typisch hervortritt.
IV. Nach diesem Princip erzeugt jede Knospe an ihrer Oralseite unmittelbar aus sich selbst in
der Regel zwei Tochterknospen, welche sich ihrerseits auf gleiche Art fortpflanzen.
V. Die Zahl der Tochterknospen ist jedoch keine fest bestimmte. Statt zweier werden namentlich in
der Jugend oft mehr, im Alter zuweilen weniger erzeugt.
VI. Die zwischen den Polypiden eingeschalteten Theile der Kokraialwand, die Cystide, entwickeln
sich ebenfalls aus den Zellen der polypoiden Knospenanlage.
Es kommt nun darauf an, nachzuweisen, inwiefern diese Verhältnisse auch bei den übrigen
Phylactolaemen in Geltung sind.
Taf. IH, Fig. 44 ist ein Medianschnitt durch das Ende eines kriechenden Zweiges von Plum.
repens wiedergegeben. Die Knospe D, an deren Halstheil sich bereits eine jüngere E entwickelt hat,
ist berufen, den Zweig in derselben Weise weiterzuführen, wie es durch A oder B auf einem früheren
Stadium geschehen ist. Sie bietet uns unter stärkerer Vergrösserung etwa den Anblick der Fig. 107
auf Taf. IX. Die Tochterknospe , deren Lumen aufs deutlichste mit dem der Mutter communicirt, ist
ist hier beträchtlich später aufgetreten, als es bei Cristatella der Fall war, nämlich, wie der Vergleich mit
Fig. 106 ergiebt, zu einer Zeit, wo der Darmtractus der Hauptsache nach bereits angelegt war. Indem
die Zellen der Halsregion sich gleich den übrigen durch Theilung vermehren und da, wo sie dem Integument
eingefügt sind, das Material für dessen Neubildung abgeben, wird nicht nur der basale Abschnitt
(h) der Doppelknospe verbreitert, sondern auch die das Lumen der Theilknospen verbindende Öffnung
mehr und mehr geschlossen, so dass dann, wie - bei Cristatella, beide Knospen einem soliden,
keilförmigen Zapfen zu entspringen scheinen (Fig. 108). Dieser Zapfen wird allmählich immer flacher
und niedriger, da an seiner Basis die Umwandlung der Knospenzellen zu Zellen der Leibeswand Ununterbrochen
fortdauert. In Folge dessen stumpft sich der Winkel a ß y (Fig. 108) so lange ab, bis er nahezu
einen gestreckten bildet (Fig. 109, a ß y ), wobei denn die Theilknospen aus ihrer engern Verbindung
heraustreten und selbständig werden. Das geschieht etwa um die Zeit, wo an der Hauptknospe die
Duplicaturbänder (Fig. 109, db) differenzirt werden und an der jüngem die Anlage einer Enkelin (C)