genommen, anderseits war es aber auch denkbar, dass sie mit den Futterpflanzen gefressen wurden. Der
erstere Weg hat auf den ersten Blick die geringere Wahrscheinlichkeit für sich; denn kommen einmal hier
nur diejenigen Eier in Betracht, die mit dem Kote der Vögel gerade zufällig in das Wasser fallen, so werden
diese durch dasselbe weiterhin in dem Maasse verteilt und auseinandergeführt, dass eine Infection auf diese
Weise als grösser Zufall betrachtet werden muss. Anders bei den Eiern, die mit dem Futter aufgenommen
werden. Bereits bei früherer Gelegenheit hob ich hervor, dass die Eier des Distomum macrostomum sich nicht
in dem eigentlichen Kote des Wirtes, sondern in der denselben umgebenden Harnschicht vorfinden. Diese Harnschicht
nun breitet sich bei dem Herabfallen der Excremente auf ein Pflanzenblatt bei ihrer nahezu flüssigen
Consistenz wie ein aufschlagender Wassertropfen viel flächenhafter aus, als die gröberen und trockneren
Kotmassen; sie tritt auch mit der Oberfläche des Blattes in eine viel innigere Berührung, welche einmal
ein rasches Abspülen durch nachfolgenden Regen verhindert, anderseits aber auch dazu beiträgt, dass selbst
bei trockener Luft durch den Wassergehalt des Blattes der Eiinhalt feucht und lebensfähig erhalten bleibt.
Es kommt als förderndes Moment in dieser Hinsicht noch ausserdem in Betracht, dass der ausgebildete
Wurm namentlich in jungen Vögeln zur Entwicklung kommt, bei denen ohnehin die Excrementstoffe viel
dünner und flüssiger sind, als bei den älteren Tieren.
Von diesen Erwägungen ausgehend, sammelte ich den Kot infizierter Vögel, hielt ihn feucht und
brachte ihn zum Teil in Terrarien, in denen ich Succineen hielt, zum Teil streute ich ihn an geeigneten
Stellen des Waldes aus. Von mehreren Hunderten von hier nach einiger Zeit entnommener und untersuchter
Schnecken gelang es mir zweimal, in der Leber einen kleinen Ballen (0,08 mm) zu finden, von dem vor
allem ausser Zweifel gestellt werden konnte, dass er mit der Schnecke in keinem organischen Zusammenhang
stand und der auch in seinem Baue Ähnlichkeiten mit gewissen jungen Sp oro cysten aufwies, dessen
Zugehörigkeit zu dem Distomum macrostomum aber nicht zu erweisen war. Uber den letzteren Punkt
konnten jedenfalls nur weitere Versuche sicheren Aufschluss ergeben; immerhin aber war doch wenigstens
die Wahrscheinlichkeit vorhanden, dass diese Gebilde dem Entwicklungscyklus unseres Parasiten angehören
mochten.
Bestärkt wurde ich in dieser Vermutung durch eine entsprechende Beobachtung von Wagener1).
Derselbe spricht sich nämlich dahin aus, es bilde sich der Embryo des Distomum tereticolle direct in die
Amme um, weil er in einer Anodonta eine hohle kleine Blase von 0,01 mm mit zwei von ihr ausgehenden
dünnen Schläuchen gefunden hatte, die beide zusammen x/ß mm Länge besassen. Vor allem aber enthielt
das Bläschen Zellen, welche in ihrem Habitus stark an die Cerkarienkeime erinnerten.
Obgleich nun die von mir in der Leber der betreffenden Schnecken beobachteten kleinen Bläschen
noch keine Schlauchbildung zur Schau trugen, so war doch nach dem eben gesagten durch ihr ganzes
Aussehen sowohl, als durch ihr Vorkommen die Annahme nicht ungerechtfertigt, dass sie in den Entwicklungscyklus
unseres Wurmes hineingehören möchten.
Dass aber diese Art der Untersuchung, das Ausstreuen des Vogelkotes, sowie das spätere Einsammeln
von Schnecken, zu zeitraubend war, ist leicht ersichtlich, ebenso dass die Resultate dieser Methode, unsicher
und lückenhaft, wie sie naturgemäss waren, in keinem Vergleich zu der aufgewendeten Zeit und Mühe
standen. So war es denn im nächsten Jahre mein Bestreben, wenige Succineen möglichst stark zu infizieren
ein Zweck, den ich durch ein einfaches Verfahren leicht und sicher erreichte.
Ich verschaffte mir zunächst möglichst viele Eier durch Zerzupfen von geschlechtsreifen Distomen,
und brachte dieselben dann mittelt Pipette und Pinsel mit möglichst wenig Wasser auf ein kleines Stückchen
Salat. Diese Salatblätter wurden dann in einem kleinen Glasschälchen mit aufgeschliffenem Deckel (Feuchtkammer)
an junge Succineen verfüttert, die vorher 1—2 Tage gehungert hatten.
Von diesen infizierten Schnecken wurden zur Controle, ob der Versuch geglückt, zunächst die
ersten wieder ausgeschiedenen Excremente untersucht In diesen fanden sich denn auch zu meiner grossen
Befriedigung ausser zahlreichen, unversehrt durch den Darm hindurch gegangenen noch nicht völlig reifen
Eiern auch viele ab gedeckelte und ihrer Insassen entledigte Eischalen vor; ein Zeichen also, das thatsächlich
ein Ausschlüpfen der Embryonen und anknüpfend daran wahrscheinlich eine Infection stattgefunden hatte.
Bei der unmittelbar darauf vorgenommenen Untersuchung des Darminhaltes konnten jedoch trotz eifrigster
und anhaltender Bemühungen freie Embryonen niemals aufgefunden werden. Ich setzte dann den Rest
dieser gefütterten Schnecken in besondere Terrarien und untersuchte sie nach 8—14 Tagen genauer. Wiederholt
fand ich nun hier die schon vor Jahresfrist beobachteten runden Ballen, die in einzelnen Fällen auch
schon einige kleine seitliche Ausbuchtungen getrieben hatten, die ersten Anzeigen einer,Verästelung, wie
sie später in so ausgedehntem Maasse auftritt. Nach 14 Tagenbis 3 Wochen hatten nun die kleinen
Sporocysten ein Aussehen erlangt ganz gleich demjenigen, welches die von Wagener beobachteten Bläschen
aufwiesen.
Um nun die noch fehlenden jüngeren, sowie ältere Entwicklungsstadien möglichst alle zur Anschauung
zu bringen, wurden erneute und zahlreichere Fütterungen vorgenommen. Dabei wurde ich
übrigens noch sehr vom Glück begünstigt, indem ich, trotz des vorgerückten Sommers 1887 mehrere Nester
mit jungen Inseetenfressem erlangte, die mir wieder reichliche Mengen ausgewachsener Distomen lieferten,
so dass ich später einige Hundert infizierter Schnecken zur Verfügung hatte.
Da nun, wie schon früher erwähnt, in den Fäces der Versuchstiere die reifen Eier wohl abgedeckelt
waren, im Darm aber trotzdem freie Embryonen nicht beobachtet werden konnten, da ich ferner fand, dass
die Eier auch schon im vorderen Teil des Darmes entleert waren, so blieb nur die Annahme übrig, es geschehe
das Ausschlüpfen erstens ganz im Anfänge des Darmtractus, und weiter es durchsetzen die Embryonen
schon ganz kurze Zeit darauf die Darmwände, um in die Leibeshöhle einzudringen. So verweilen sie nur
ganz kurze Zeit in dem Darme und können dann begreiflicher Weise im hinteren Theil desselben nicht
mehr zur Beobachtung kommen.
Jetzt nahm ich nun Schnecken, die wiederum 12—24 Stunden gehungert hatten, liess sie den mit
Eiern bestrichenen Salat fressen und untersuchte bereits nach 10—15 Minuten den Magen sammt Inhalt.
Sofort fielen mir lebhaft flimmernde und unstät umherschwimmende, infusorienartige Tierchen auf, in denen
ich alsbald trotz ihrer lebhaften Bewegung die' Embryonen des Distomum macrostomum wiedererkannte.
Ihre Natur als Distomenembryonen offenbarten sie ganz augenfällig dadurch, dass sie nicht um die ihnen
entgegenstehenden Hindernisse herumschwimmen, sondern dieselben unter vermehrter Thätigkeit der Flimmerbewegung
mit dem Kopfzapfen zu durchbohren versuchten; denn es zeigte sich hier, dass die früher als
borstenartige Fortsätze beschriebenen Gebilde thatsächlich Flimmerhaare sind. Sowohl beim Schwimmen
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