Pol sich entwickelndes Individuum mit s ecu nd ä r e r Cy s t i d b i l d u n g , der Statoblast ein vom c y s t i -
da l e n Pol sich entwickelndes Einzelthier mit secundärer Polypidbi ldung. Für ein dem Verbände-:
des St o c k e s a n g e h ö r i g e s Individuum sind naturgemäss die dem Na h r u n g s e rwe r b dienenden.
Organe die wesentlichsten: der Darm und die Tentakelkrone werden bevorzugt, das Integument, dessen
Leistungen einstweilen von dem mütterlichen Cystid übernommen werden, folgt in zweiter Linie. Fü r
ein behufs Erhaltung der Art i s o l i r t e s Individuum kommt es dagegen zunächst auf die K ö r p e r wa n d
an, erst nachdem diese geschaffen, das Individuum gegen die Aussenwelt sicher gestellt ist, kann durch
Anlage der ernährenden Organe den weiteren Forderungen des Lebens Rechnung getragen werden. —
Ich möchte hier gleich noch eine Bemerkung bezüglich der „Wi n t e r k no s p e n“ von Paludicella
anschliessen, deren Entstehung mir ganz verschieden von derjenigen der Statoblasten zu sein scheint.
Die Winterknöspen sind Individuen, welche, ohne sonstige Wandlungen durchzumachen, durch einfache
Abschnürung vom Stock nach aussen gelangen. Der ganze Process der Keimstockbildung, wodurch die
Knospe ins Innere der Kolonie verlegt und genöthigt wird, ihre Entwickelung in so eigenartiger Weise
zu modificiren, dass es schwierig ist, dieselbe mit der gewöhnlichen Knospung überhaupt noch in Parallele
zu stellen, f ä l l t fort . Er fällt deshalb fort, weil bei Paludicella die Cystidbildung im Vordergrund
steht und der ganze Stock nach einem Princip sich aufbaut, welches das e i n z e l n e I n d i v i d u um
u nmi t t e l b a r b e f ä h i g t , als S t a t o b l a s t zu d ienen. Nach dem Princip der Knospung mit voraneilendem
Cystid entwickelt bei Paludicella jedes ältere Individuum zu nä c h s t das C y s t i d des jüngeren,
in diesem entsteht secundär das Polypid. Somit liegt hier von vorn herein dasselbe Verhältnis vor, wie-
es bei der Statoblastenbildung erst nach mehrfachen Wandlungen zu Tage tritt. Es bedarf keiner
weiteren Complication als der völligen Abschnürung eines ohnehin von der Kolonie scharf abgesetzten
Sprosses, um einen Zustand herbeizuführen, wie er für die Da u e r k n o s p e nothwendig ist: Die Winterknospe
ist das überlebende Endglied einer Individuenreihe, in der jedes Glied die Möglichkeit, als Endglied
zu functioniren, gleichsam schon in sich trug.
Ganz anders der Statoblast. Im Pkylactolaemen-Stock ist die Knospung mit voraneilendem Cystid
der mit voraneilendem Polypid gewichen, das Princip der Doppelknospe ist herrschend geworden. Im
Wege einer fortgesetzten Zusammenziehung und dadurch bedingten Abkürzung der Entwickelung ist
die Cy s t i d b i l d u n g u n t e r d r ü c k t u n d zu e i ne r s e c u n d ä r e n Er s c h e i n u n g herabgesunken.
Daher folgt nun eine polypoide Knospenanlage direct aus der ändern unter der Form der Doppelknospe,
und auch da, wo diese Form nicht mehr zum Ausdruck kommt, weil das mütterliche Cystid bereits entwickelt
ward, tritt doch die neue Knospe nicht innerhalb eines eignen, sondern innerhalb des Cystids
der Mutter auf, von dem sie während ihres ganzen Embryonallebens umschlossen bleibt. Dieser Process
der Zusammenziehung, vermöge dessen jedes jüngere Individuum ins Innere eines altern verlegt ist,
g i p f e l t e n d l i c h in d e r Bi l d u n g de r S t a t o b l a s t e n . Ich fasse den Keimstock auf als daa
Homologon einer Knospe, die dauernd im mütterlichen Cystid verbleibt, einer Knospe, in der die Entwickelung
des Einzelthiers unterdrückt und das ganze Material zur Erzeugung von Tochterknospen —
der Statoblasten — verwerthet wird. In welcher Weise hiebei die Knospung mit voraneilendem Cystid
wieder zum Durchbruch gelangt und das eine Extrem in das andere ausläuft, habe ich schon geschildert i
Durch eine Umkehr der Keimblätter wird die im Innern der Kolonie isolirte Knospe — die Tochter--
knospe des Keimstocks oder der Statoblast — in einen Zustand versetzt, in welchem sie nach dem Zer-
Pall des sie umgebenden Stockes zur Begründung einer neuen befähigt ist.
Ich glaube also, dass mit der Entwickelung der Statoblasten ein vollständig neuer Weg be-
rschritten wurde, ein Weg, der die Bildung der Winterknospen nicht näher berührt als die der Knospen
überhaupt. Eine Gleichheit herrscht nur insofern, als in beiden Fällen ein durch Knospung entstandenes
Individuum zum Zwecke der Fortpflanzuug isolirt wird: Die Art und Weise, wie das geschieht, als eine
-conforme aufzudecken, hat sich Kraepelin Vorbehalten.
TBibliotkoca zoologica. Heft VI. 15