
A. S c h n e id e r 1) konnte in dem von einem dicken Ringmuskelrohre umschlossenen Ductus
ejaculatorius zwei vollkommen getrennte Kanäle erkennen, einen engeren, in den die Samengänge münden,,
und einen weiteren, in den höchstwahrscheinlich die acht Kittdrüsen ihr Sekret entleeren. Ein jeder
dieser Kanäle wird von zwei Muskelplatten gebildet, die ungefähr wie die beiden Schalen einer
Schote gestaltet sind. Nach hinten münden sie in eine muskulöse Spitze, die Penis genannt wird und
inmitten einer mächtigen Ringfaserplatte liegt. • Letztere hat die Gestalt eines am Scheitel durchbohrten
Helmes, dessen Vorderrand mit dem unregelmässig gefalteten und von einer Umstülpung der äusseren
Haut gebildeten Bursalkanale verwachsen ist. Dieser Kanal kann nach aussen umgestülpt werden und
stellt dann die sogenannte Bursa vor. Es geschieht dies durch zwei starke Retraktoren (Protusoren
welche seitlich von der Schwanzspitze zur Scheide ausgespannt sind.
v. L in s to w 2) bestreitet, dass die Hoden des Ecliinorliynclius angustatus vom Ligamentum Suspensorium
vollständig umschlossen sind. Bei einem jugendlichen Exemplare fand er den ersten Hoden,
nicht hinter, sondern neben der Rüsselscheide, von deren Grunde einige Muskelbündel des Ligamentes
sich zurückbogen, um sich von einer Seite her an dem Hoden zu befestigen. Die Bezeichnung Samenblase,
welche bekanntlich P a g e n s t e c h e r den ampullenartigen Anschwellungen der Vasa deferentia
gegeben, erteilt er der mit einer starken Muskelwand versehenen und dicht oberhalb der Bursaimuskel-
kappe gelegenen mehrkernigen hellen Blase. Ueber die Entwickelung der Samenfäden äussert sich
v. L in s to w folgendermaassen: Aus dem Endothel der Hoden entstehen doppelt konturirte, gekernte
Zellen, die sich allmählich unter Vereinfachung der Kontur vergrössern und zu Mutterzellen werden^
indem sie in ihrem Innern als. Tochterzellen die Bildungszellen der Spermatozoen entwickeln.
Wesentlich gefördert wurden unsere Kenntnisse über die Anatomie des männlichen Genitalapparates,
aber erst durch die Untersuchungen L e u c k a r t ’s an Echinorhynchus gigas, Echinorhynchus
proteus und Echinorhynchus angustatus, deren Resultate in dem grossen Parasitenwerke niedergelegt
sind.3) Die eben genannte Abhandlung ist für uns nicht nur von der grössesten Bedeutung, weil si&
so viele neue Thatsachen aufweist, sondern auch dadurch, dass in ihr eine gründliche Sichtung der
früheren Angaben nach ihrem wissenschaftlichen Werthe vorgenommen wird. Ich kann aus diesen
Gründen nicht umhin, auf den betreffenden Abschnitt dieses bahnbrechenden Werkes etwas näher
einzugehen.
Die Untersuchung dünner Querschnitte ergab auf den ersten Blick, dass bei allen Arten die
Hoden, die Kittdrüsen und deren Ausleitungswege vom Ligamentum Suspensorium allseitig umschlossen
werden (B ü row -P a g e n S te c h e r ) . Bei Echinorhynchus gigas speciell stellt das Ligament eine glashelle,
derbe, völlig strukturlose Membran vor, die der Tunica propria der ^loden an den meisten Stellen dicht
anliegt, hier und da aber auch in Falten und Divertikeln sich erhebt. Eine besonders mächtige Entwicklung
erreichen diese Faltensysteme zwischen dem ersten und zweiten Hoden, woselbst sie zu einem
aus zahlreichen Lamellen und Duplikaturen bestehenden strangartigen Polster zusammen treten. Einzelne
*) lieber den Bau der Acanthocephalen. Archiv für Anatomie und Physiologie, 1868, pg. 591—592.
2) Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte des Echinorhynchus angustatus. Archiv für Naturgeschichte v.
Troschel. 38. Jahrgang, 1872. 1. Bd. pg. 11—13, Tafel 1, Fig. 18—25, 29—31.
s) Die menschlichen Parasiten und die von ihnen herrührenden Krankheiten. 2. Bd. 1876, pg. 769—785-
Fig. 370—376.
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Duplikaturen erstrecken sich bis zur Leibeswand und gehen dann nicht selten mit deren Peritonealbekleidung
eine Verbindung ein. An solchen Stellen sieht man bald dickere, bald dünnere Längs-
muskelfasern sich loslösen und dem Ligamente sich auflagern. Der Uebergang des Ligamentes von dem
letzten Hoden auf die dünnen Samenleiter ist übrigens ein so plötzlicher, dass es, anstatt glatt anzuliegen,
sich mehrfach zusammenfaltet. Sehr konstant sind zwei Faltenpaare, die von den Seitentheilen
der .Scheide nach der Rücken- und Bauchfläche abgehen. Im weiteren Verlaufe verschmelzen ihre
Ränder und es entsteht im Umkreise der ' Scheide eine neue Umhüllung. Infolge des Auftretens der
acht grossen Kittdrüsen weitet sich die innere Scheide sehr beträchlich aus; die äussere Hülle tritt
stellenweise mit der Leibeswand in Verbindung und nimmt von selbiger zahlreiche Längsmuskelfasern
hinüber. Dicht hinter dem letzten Kittdrüsenpaare verengt sich die Scheide wiederum, und die säulenartige
Bindesubstanz tritt infolge der starken Vermehrung der Muskelfibrillen in den Hintergrund. Bei
Echinorhynchus angustus und Echinorhynchus proteus sind diese Verhältnisse viel einfacher. Das Ligamentum
Suspensorium zieht in Form einer einfachen, cylindrischen Röhre ohne alle Falten über die
Hoden und Kittdrüsen hinweg. Auch ist dem Anschein nach die Muskelwand des Ductus ejaculatorius
unabhängig von dem Ligamente. Sie scheint sich ganz nach Art des Compressor lemniscorum von der
Leibeswand losgelöst zu haben.
Die Hoden bestehen nach L e u c k a r t aus einer derben, aber völlig strukturlosen Tunica propria
und einem wolkig getrübten Hodenparenchym. Vor der Einwanderung der Parasiten in den definitiven
Träger findet sich an der Stelle des letzteren eine zusammenhängende Masse kleiner heller Kernzellen.
Durch fortgesetzte Theilung oder auch durch endogene Bildung ^verwandelt sich eine jede dieser Zellen
in einen Zellenhaufen von circa 0,08 mm Durchmesser. Die Entwickelung der Spermatozoen geschieht
einfach dadurch, dass die gekernten Zellen des Haufens fadenartig auswachsen. Die ausgebildeten
Samenfäden erscheinen als dünne Haare, an denen sich nur ein etwas dickeres Vorderende und ein
dünner Schwanzfaden unterscheiden lassen. Die mit einem kugeligen Kopfe ausgestatteten Fäden, die
P a g e n s t e c h e r , L in d em a n n , S a l e n s k y 1) gesehen haben wollen, sind nach L e u c k a r t als unreife
Spermatozoen zu betrachten.
Die beiden Vasa deferentia stellen bei allen Arten dünnwandige, cylindrische Röhren vor, die
mit einer trichterförmigen Erweiterung aus dem Hoden entspringen und meist schon nach kurzem Verlaufe
sich zu einem gemeinschaftlichen Samenleiter vereinigen. Neben ihnen sieht man gewöhnlich eine
Anzahl Längsmuskelfasern herabziehen, die der Leibeswand entstammen und offenbar zur Fortleitung
des Samens in den muskulösen Samengefässen dienen. Besonders auffallend sind bei dem Riesenkratzer
zwei platte, wie die Schalen einer Schote geformte Bänder, die den spaltförmigen Samengang zwischen
sich nehmen. Zwischen die beiden Scheiden des Ductus ejaculatorius schieben sich zwei helle Schläuche
ein, die durch den Besitz eines deutlichen Kernes sich als einzellige Drüsen zu erkennen geben (nach
v. L in s tow Samenblasen). Die Einmündungsstelle in das Vas efferens konnte L e u c k a jr t nicht ausfindig
machen. Wohl aber sah er eine Strecke weiter nach hinten, also dicht oberhalb des Begattungsapparates
eine sehr ähnliche Drüse vermittelst eines dünnen, aber langen und mehrfach gewundenen
l) Bemerkungen über die Organisation von Echinorhynchus angustatus. Schriften dex’ naturforschenden Gesellschaft
zu Kiew, 1870.
Bibliotheca Zoologien. Heft VII. 4