
gesuchten jugendlichen Formen mit 2 oder 3 Glocken und gelegentlich auch junge Siphonophoren von
Monophyes ähnlichem Habitus. Sie besassen eine völlig runde Schwimmglocke mit relativ sehr kleinem
Schwimmsack und erreichten die immerhin ansehnliche Grösse von 7 mm. Ich glaubte bei oberflächlicher
Betrachtung, dass ein neues grosses Monophyes vorliege, doch brachte die genauere Untersuchung mich
auf die Vermuthung, dass diese Wesen in genetischer Beziehung zum Hippopodius stehen möchten.
Durch meine früheren Untersuchungen lag ja die Erwartung nahe, dass die Larven der Calycophoriden
einen vom ausgebildeten Thier sehr differenten Habitus zur Schau tragen würden.
Thatsächlich,repräsentiren denn auch die originellen in Fig. 1 und 2 auf Taf. II dargestellten
Wesen die Larven des Hippopodius, und der Grund, dass wir bisher über die postembryonale Entwicklung
eines der gemeinsten pelagischen Thiere des Golfes keine Nachrichten haben, liegt wohl hauptsächlich
darin, d a s s d ie m o n o p h y e s a r t ig e n L a rv e n d e s H ip p o p o d iu s in g rö s s e r e n T ie f e n le b e n .
Zur Erläuterung der beiden Figuren bemerke ich noch Folgendes. Die primäre heteromorphe
Schwimmglocke des Hippopodius ähnelt der Glocke von Monophyes gracilis und M. irregularis nicht nur
durch ihre rundliche Form, sondern auch durch den Besitz eines Saftbehälters (s) und einer grössen
Scheide (v). Der bilateral-symmetrische Schwimmsack ist relativ klein und kehrt seine Mündung schräg
nach oben (die schlitzförmige Oeffnung der Scheide als nach unten gewendet gedacht);,-. Die 4 Radiär-
gefässe desselben und namentlich das grosse untere Gefäss sind breit. Ein bogenförmig verlaufendes
Gefäss stellt die Verbindung mit dem Ende des Saftbehälters her. Letzterer bildet den dorsalen
Abschluss der grossen mit einer schlitzförmigen Oeffnung (Fig. 2) ausmündenden und seitlich compri-
mirten Scheide. Nur das Ende derselben ragt frei in die Umbrellargallerte. Der schlanke und durchsichtige
Magenpolyp mit seinem noch kürzen dem. Schwimmsack zugekehrten Fangfaden sitzt am Anfangs-
theil des Saftbehälters. Er ist ausserordentlich dehnbar und kann seine Mundöffnung aus der Scheide
hervorstrecken. Schon auf diesem frühen Stadium tritt schräg oberhalb des Polypen die Anlage einer
Knospe auf, welche sieh späterhin zu der ersten definitiven pferdehufähnlichen Schwimmglocke des
Hippopodius ausbildet.
Ueber die weitere Entwicklung giebt Fig. 3 Auskunft, welche Schwimmsack (u) und die Knospengruppen
einer älteren Larve schräg von oben gesehen darstellt. Neben dem ersten Magenpolyp (p1) ist
ein zweiter (p2) hervorgeknospt und hinter diesem liegt die Knospe für einen dritten (p3). Die. dorsale
Anlage der ersten definitiven Glocke (c1) hat sich vergrössert und ihr sitzt bereits die Knospe für eine
zweite Glocke (c2) an. Ich konnte diese Larve zwei Tage lebend erhalten, während deren die provisorische
primäre Glocke abgeworfen wurde und gleichzeitig der Saftbehälter (s) schrumpfte. Der zwischen
Schwimmglockenknospen und Magenpolypen gelegene Theil des letzteren streckte sich bedeutend zu
einem Stamme, an dem auf der ventralen Seite drei Magenschläuche und die Knospe für einen vierten
sich inserirten. Der älteste am Ende des Stammes sitzende Magenpolyp hatte seine definitive Grösse
erreicht und ebenso war der Fangfaden mit 6 ausgebildeten nierenförmigen schwefelgelben Batterien,
wie sie für Hippopodius eharakteriseh sind, ausgestattet. Von den am Anfang des Stammes dorsal
gelegenen Glockenanlagen liess die älteste bereits den für die definitiven Glocken typischen Gefässverlauf
erkennen. Dasselbe Stadium fischte ich auch freilebend; nur waren die beiden ersten definitiven Glocken
weit entwickelt und von der charakteristischen pferdehufähnlichen Form. Sie vermittelten durch lebhaftes
Pumpen die Ortsbewegung und ihnen sassen wiederum zwei weitere Glockenknospen an.
D u r c h d ie h ie r m i tg e th e i l t e n B e o b a c h tu n g e n is t n u n a u c h f ü r d ie P o ly p h y id en ,
wie ic h d ie d u r c h m e h r a ls zw e i d e f in i t iv e S c hw im m g lo c k e n c h a r a k t e r i s i r t e n C a ly c
o p h o r id e n b e n e n n e , d e r N a chw e is - e r b r a c h t , d a s s d en d e f in i t iv e n G lo c k e n e in e
h e te rom o rp h e m o n o p h y es ä h n l i c h e p r im ä r e G lo c k e v o r a u s g e h t, w e lch e a b g ew o r f e n
w ird . Die erste Anlage derselben hat bereits Metschnikoff beobachtet; er deutet sie, wie dies nach dem
damaligen Stande der Kenntniss von der postembryonalen Entwicklung der Calycophoriden erklärlich
scheint, als die erste definitive Glocke.
An einer anderen Stelle werde ich noch darlegen, • dass der Organismus der Polyphyiden in
mehrfacher Hinsicht lehrreich ist für das Verständniss der Physophoriden. Nur soviel sei hier hervorgehoben,
dass dieselbe Opposition von Schwimmglockenknospen und Magenschläuchen auch bei den
Physophoriden wiederkehrt. An den Larven des Halistemma rubrum sowohl wie an jenen der Forskalia
(Apolemia) contorta liegen die Knospen für Taster, Magenschläuche und Geschlechtspolypen ventral, während
die Schwimmglocken am Anfangstheil des Stammes dorsal gestellt sind. Hierdurch erklärt sich auch die von
Claus-): zuerst nachgewiesene Umkehrung der Spiraldrehung des Stammes in der Säule der Schwimmglocken.
Ein zweites Beispiel, welches den Werth der pelagischen Tiefseefischerei für Erkenntniss der
Biologie niederer Thiere illustriren mag, entnehme ich der postembryonalen Entwicklung von P h y s o p h o r a
hy d r o s t a t i c a . Bekanntlich hatHaeckel2) zuerst die Embryonalentwicklung der pompösen Physophora
magnifica kennen gelehrt und den Nachweis geführt, dass zunächst ein kappenförmiges provisorisches Deckstück
angelegt wird, welches Luftflasche und Polyp aufliegt und später abgestossen wird. Auch wies
Haeckel nach, dass der primäre Tentakel mit Nesselknöpfen besetzt ist, die eine von der späteren Bildung
abweichende Gestalt besitzen. In diesem Stadium fischte ich während des Frühjahres 1886 mehrmals
die freilebenden Larven der Physophora hydrostatica. Sie besassen ausser primärer Deckschuppe, Polyp
und larvalem Fangfaden drei bis vier lange grünlich schillernde Taster, welche durch energische
Bewegungen auffielen. Andere hatten bereits die Deckschuppe abgeworfen und mehrere Schwimmglockenknospen'
angelegt. Auf letzterem Stadium sind diese Larven bereits von C. Vogt8) beobachtet und
richtig auf Physophora bezogen worden. Ich verweise daher auf dessen Schilderung und Abbildung und
bemerke nur, dass ich im Frühjahre vergeblich nach späteren Stadien mit ausgebildeten Schwnnmglocken
suchte. Da nun die im Golf seltene Physophora mit Beginn des Sommers von der Oberfläche verschwindet,
so war ich wiederum angenehm überrascht, als ich am 10 Oktober aus. einer Tiefe von 900 M. eine
Larve derselben fischte, welöhe ein interessantes Zwischenstadium der von Vogt beschriebenen Jugendformen
und des erwachsenen Thieres repräsentirt. Die* in Fig. 4 abgebildete Larve war vollkommen
durchsichtig, 8 mm gross und bewegte sich lebhaft in dem Gefässe durch Pumpbewegungen zweier
ausgebildeter Schwimmglocken. Unterhalb der Luftflasche sind noch mehrere Schwimmglocken angelegt.
Der Stamm (i) ist kurz und an seiifer Basis bereits flaschenförmig erweitert. An letzterer sitzen vier
Taster (a), welche je nach der Beleuchtung bald grünlich, bald in der zarten rothen Complementärfarbe
schillern. Ihre der Batterieen entbehrenden Angelfäden ( f ) sind schon von ansehnlicher Länge. Zwischen
den ausgebildeten Tastern sitzen einige, zum Theil weit entwickelte Anlagen neuer Taster (a1). Neben
0 C. Claus. Ueber Halistemma Tergestinum. Arb. zool. Inst. Wien Bd. 1. 1878 p - 7.
2) E. Haeckel. Zur Entwicklungsgeschichte der Siphonophoren. Utrecht 1869. p. 17 ff. Taf. 1—5.
s) C. Vogt. L e s Siphonophores de la mer de Nice . Mem. Inst. Nat. Genevois T. I 1853 p. 58, Taf. 6, Fig. 24.