Die Cuticula.
Geschichtlicher TT eberblick.
G ’o e z e 1) schloss aus dem bedeutenden Absorptionsvermögen und dem hierdurch bedingten schnellem
Aufschwellen der aus dem Darmschleime in Wasser übertragenen Kratzer, dass die Haut dieser Helminthen
von zahlreichen Porenkanälchen durchsetzt sein müsse. Dieselbe will T r e u 11 e r 2) denn auch bei
mehreren Spezies beobachtet haben. Ihnen allein schreibt er die Aufnahme der Darmsäfte und somit
die Ernährung zu. Auch Z e d e r 3) fand Poren bei allen von ihm untersuchten Arten. Bei einigen
Kratzern sollen selbige zu einer solchen Grösse heran waschen, dass man sie ohne Schwierigkeit mit unbewaffnetem
Auge nachweisen könne. Wie fest man überhaupt in damaliger Zeit von der Nothwendigkeit
solcher Durchlassöffnungen überzeugt war, kann man daraus ersehen, dass selbst Forscher wie W e s trum b 4)
die Anwesenheit von Poren nicht in Abrede zu stellen wagten, trotzdem sie bei keiner einzigen Art dieselben
hatten wahrnehmen können. Als weiteren Beweis für die Existenz solcher Hautkanälchen führt
C lo q u e t0) an, dass man beim Echinorchynchus gigas durch Zusammendrücken der Haut zwischen den
Fingern eine weisslieh trübe Flüssigkeit hervorpressen könne. Diese Angabe hat sich nach den
C r e p 1 i n ' sehen6) Experimenten nicht bewahrheitet. Einer anderen Beobachtung C r e p 1 i n ' s möchte ich.
an dieser Stelle gedenken. Die im Wasser aufgeschwollenen, drehrunden Kratzer sollen nämlich nach
einiger Zeit das aufgenommene Wasser, wieder von sich geben und erschlaffen. Es müsste demnach die-
Absorption unter dem Willen des betreffenden Individuums stehen, eine Ansicht, die auch späterhin
von M e h li s 7) und von v. S i e b o ld 8) vertreten wurde.
Beim Echinorliynchus polymorphus fand G r e e f f 9), dass die Cuticula eine äusserst feine Querstreifung
erkennen lasse. Die dunkleren Querstriche deutet G r e e f f als feine Poren, durch welche das-
*) Naturgeschichte der Eingeweidewürmer, pag. 147.
2) Quaedam de Echinorhynchorum -natura; p g . 8.
8) Nachtrag zu G o e z e ’s Naturgeschichte, p g . 104.
4) D e helminthibus acanthocephalis pg. 49, 60, 61.
8) Anatomie des vers intestinaux. pg. 68.
6) Ersch und Gruber. I. T h e il, 30. pg. 377. Novae Observationes de Entozois. pg. 27. Onken’s Isis. 1831, 2, pg. 16X.
7) Oken’s Isis. 1831, 2 , p g . 168.
®) Lehrbuch der v e rgleichenden Anatomie, p g. 115. Anm. 5.
®) Bau und En tw ick lu n g von Echinorliynchus miliarius. pg. 128.
Wasser und die Nährflüssigkeiten in den Körper geleitet würden. Bei anderen Spezies hat der genannte
Forscher Hautporen nicht nachweisen können. Für Echinorliynchus angustatus stellen S a l e n s k y 1) und
v o n L in s tow 2) eine Streifung der Cuticula in Abrede.
L e u c k a r t 8) unterscheidet an der Cuticula sämmtlicher Kratzer trotz ihrer Dünne zwei Lagen,
von denen die äussere eine homogene Beschaffenheit hat, während die innere von senkrecht stehenden feinen
Porenkanälchen durchsetzt wird. B a l t z e r 4) bestätigt diese Beobachtung, möchte aber lieber die
Radiärstreifung der inneren Schicht für den Ausdruck einer Fasserung halten. S ä f f t i g e n 5) rechnet
zur Cuticula nur die äussere der beiden von L e u c k a r t beschriebenen Schichten; die „Streifencuticula“
betrachtet er als äusserstes Fibrillensystem des Subcuticulargewebes.
Anatomie und Histologie.
Die Acanthocephalen besitzen hinsichtlich des Baues der Haut eine gewisse Aehnlichheit mit den
Nematoden. Bei beiden Gruppen finden wir unter der Cuticula ein zelliges Subcuticulargewebe (Hypo-
dermis) von muskulösem Charakter, welches als die Matrix der ersteren aufzufassen ist. Daneben bleiben
aber in der Bildung und Anordnung der die Hautschicht zusammensetzenden Elemente zahlreiche und
gewichtige Unterschiede. So finden wir, dass bei den Nematoden die aus mehrfachen Lagen gebildete
Cuticula den bei weitem ansehnlichsten Theil der Haut ausmacht. Bei den Echinorchynchen ist es hingegen
die Subcuticula, die durch ihre excessive Entwicklung auffällt, während die Cuticula sich zu einem
äusserst dünnen Häutchen reduzirt. Als weitere Eigenthümliehkeit kommt hinzu, dass die Subcuticula
der Kratzer sehr frühe die zellige Struktur einbüsst, und ein äusserst komplicirtes Fasergeflecht aus
sich hervorgehen lässt, in das überdies ein aus vielfach anastomosirenden Röhren gebildetes Gefässsystem
eingebettet ist. Betrachten wir zunächst die äussere dieser beiden die Haut der Echinorhynchen bildenden
Schichten.
Die Cuticula überzieht als völlig strukturloses, ausserordentlich dünnes Häutchen den gesammten
Körper der Echinorhynchen. Am frischen Präparate lässt sie sich leicht von der milchig trüben oder gelblichen
Subcuticula als eine völlig farblose, stark lichtbrechende Membran unterscheiden. Sie selbst ist von
wenig resistenter Beschaffenheit und dem darunterliegenden Fasergewebe so fest verbunden, dass es nur
mit Hilfe von kaustischem Kali gelingt, sie in einzelnen Stücken abzuheben. Wie schon erwähnt, besitzt
die Cuticula bei allen Kratzern eine sehr geringe Stärke, so dass sie bei Echinorliynchus gigas (s. Tafel 2,
Fig. 7 ct.) kaum die eines Mikrons erreicht, bei den kleineren Kratzern aber, wie Echinorhynclms trichoce-
phalus (s. Tafel 2, Fig. 17 ct.), bis auf 0,6 ,u herabsinkt. Tinktionsflüssigkeiten lässt dieses Häutchen
sehr leicht diffundiren, nimmt jedoch selbst, auch bei längerer Einwirkung, wenig oder gar keine
Farbe an. Bei einigen Spezies, Echinorliynchus poi'rigens, Echinorhynchus strumosus, Echinorliynchus unci-
‘) Schriften der naturforschenden G e sellschaft zu Kiew. 1870. pg. 1 , 2.
a) A rchiv für Naturgeschichte. 1872, pg. 11.
8) D ie m enschlichen P arasiten. 2. Band. pg. 735, 736.
4) A r chiv für Naturgeschichte. 1879. pg. 5.
•) Morphologisches Jahrbuch 1884. pg. 5.