Bevor jedoch die Verwachsung geschieht, hat auch die Gestalt der vorderen Rüsselscheidenzelleik.
sich wesentlich geändert. Schon zu jener Zeit, wo wir die innere Scheide um das Ganglion herumwachsen
sehen, beginnen die inzwischen in der Dorsallinie mit einander verschmolzenen, vorderen, äusseren
Scheidenzellen nach vorn und hinten sich zu verlängern (s. Taf. 10, Fig. 1 R').
Auf diese Weise erhält die innere Rüsselscheide mit Ausnahme eines in der Höhe des Ganglionsbeginnenden
und nach vorn sich mehr und mehr einengenden ventralen Ausschnittes, eine gleichmässig'
dicke, mantelartige Hülle, die sich in Folge ihres weit bedeutenderen Tinktionsvermögen sehr deutlich
von ihrer Unterlage abhebt (s. Taf. 5, Fig. 10 R', Fig. 11 R). Im späteren Larvenleben verdickt sich
die Wandung des inneren Scheidencylinders mehr und mehr, bis schliesslich sein feingeädertes Plasma,
den gesammten Hohlraum zwischen den axial verlaufenden grossen Rüsselretraktoren und der äusseren?
Scheide ausfüllt (s. Taf. 5, Fig. 11).
Das Receptaculum proboscidis wird demnach auch bei Echinorhynchus gigas ursprünglich in der-
Form zweier aufeinanderliegender Muskelsäeke angelegt. Erst späterhin geschieht infolge einer eigenartigen
Metamorphose die Verschmelzung beider Hüllen zu der bekannten massigen Muskelrinne.
In der Periode des Larvenlebens, wo man die ersten Längsstreifen an den Retractores proboscidis
erkennen kann, treten auch in der Peripherie des äusseren Receptaculum deutliche Ringfäserchen
auf, die meist zu Paaren neben einanderliegen. Alle neu entstehenden Fibrillen fügen sich den früher
gebildeten so an, dass Faser über Faser zu liegen kommt. Auf diese Weise wachsen die dünnen
Fibrillenplatten von der Peripherie aus immer tiefer in das Plasma des äusseren Rüsselsackes hinein und
verdrängen dieses allmählich vollständig (s. Taf. 5, Fig. 3 f°, Fig. 4 R, Fig. 7 R, Fig. 8 R). An der
inneren Rüsselscheide wird niemals eine Fibrillenbildung beobachtet. Ihr hellfarbiges und feingeädertes-
Protoplasma fällt einer verflüssigenden Metamorphose anheim und nimmt die in Folge der Verfaserung”
des äusseren Receptaculum hervorgedrängten Rüsseltaschenkerne in sich auf (s. Taf. 5, Fig. 4 Rnc).
Die beiden hinteren Rüsselscheidenkerne gehen in späterer Zeit, ohne Spuren zurückzulassen, zu
Grunde.
Ich habe seither eines Gebildes noch nicht Erwähnung gethan, das vielleicht noch früher angelegt
wird als die Retractores proboscidis und das Receptaculum. Es ist dies jener mächtige Sarco-
lemmaring, der beim erwachsenen Echinorhynchus gigas zwischen Rüsseltasche und Rüsselwand sich ein-
schiebt, zugleich aber auch die drehende Bewegung der Haken vermittelt.
Nachdem Ganglion und Rüsselanlage sich von einander getrennt haben, bemerkt man am unterem
Rande der letzteren einen Gürtel von sechs grossen Kernen, deren jeder im Centrum einer dieken Protoplasmahülle
liegt (Taf. 2, Fig. 11 Rr; Taf. 10, Fig. 5 Rr). Nach dem Auftreten der ersten Häkchen-
sondem diese Zellen eine farblose, vollkommen homogene, zähe Masse ab, die nicht nur die einzelnen!
Kugeln kapselartig umgiebt, sondern selbige auch unter einander verbindet (s. Taf. 2, Fig. 3 Rr;.
Taf. 5, Fig. 2 Rr). Der auf diese Weise entstandene dicke, sechsseitig prismatische Ring spaltet sich
in seiner vorderen Hälfte in zwei Membranen, von denen die innere das Rosteilum von der dritten Haken-
ieihe bis zur Ringmuskelplatte überzieht, um späterhin die nach vom gerichteten, längeren Wurzelfortsätze
der Haken in sich aufzunehmen (s. Taf. 2,- Fig. 1 Rr). Die äussere und schmälere Haut verbindet
sich mit der Rüsselwand zwischen der dritten und vierten Hakenreihe. In dem Winkel, den
sie mit der Hypodermis bildet, liegt ein mit zwei Kernen ausgestattetes, ringförmiges Syncytium, aus dem
«der Constrictor des Rüssels hervorgeht (s. Taf. 2, Fig. lu). Inzwischen hat aber auch der hintere,
die sechs Kerne enthaltende Abschnitt des Ringes sich verlängert und ist mit den Rändern der ihm
-entgegen wachsenden Receptacula in’ Verbindung getreten (s. Taf. 2, Fig. 1 Rr).
In einem der früheren Kapitel habe ich dargethan, dass hinsichtlich der histologischen Bildung
•zwischen den Sarcolemmamembranen der Rüsseltasche und dem Sarcolemmaringe keine tiefgreifenden
Unterschiede obwalten. Anders verhält es sich aber, wenn wir die Genese der betreffenden Substanzen
in das Auge fassen. Der Sarcolemmaring repräsentirt ein selbständiges Gewebe (Bindegewebe), dessen
Bildungs- (Zell-) Elemente jedoch im Laufe der Entwickelung zu Grunde gehen. Die Sarcolemma-
«cheiden des Receptaculum sind nicht das Derivat besonderer Zellen, sondern nur ein secundares
Abscheidungsprodukt von Muskelzellen, das sich in keiner Beziehung von jenen Kittmassen unterscheidet,
■die wir überall da antreffen, wo Muskeln sich flächenartig ausbreiten.
Sehr merkwürdige Aufschlüsse lieferte mir die Untersuchung der Entwickelungsgeschichte jener
■ausserhalb des Receptaculum befindlichen Längsmuskeln.
Ich habe schon darauf hingewiesen, dass das Syncytium, aus dem die Ring- und Längsmuskulatur
■der Körperwand hervorgehen, anfangs sich auf die hintere Hälfte des centralen Kemballens beschränkt
und erst späterhin zu der ringförmigen Hülle des Ganglions auswächst. Eine scheinbare Fortsetzung
•dieser sackartigen Hülle bildet ein kurzer Hohleylinder,' der aus einem zähflüssigen Protoplasma besteht
und das vordere Ende des Ganglion, sowie die hintere Hälfte des Rüsselzapfens einschliesst.
Die ersten Veränderungen, die mit dem sich schnell verdickenden Mantel vorgehen, werden verursacht
durch das Auftreten einer schmalen Ringspalte. Anfangs ist diese Spalte nur sehr klein und
kann als solche nur am hinteren Rande deutlich erkannt werden; bald aber verlängert sie sich nach
vorn und führt so einen Zerfall der homogenen Plasmamasse in zwei aufeinander liegende Schichten
herbei. Die äussere dieser beiden Lagen ist es nun, die zum Retractor colli wird (s. Taf. 5, Fig. 2
Rcnc.). Ihr hinterer Theil enthält zwei Kernpaare, die ursprünglich den Durchbruchstellen der grossen
Lateralnervenstämme gegenüber liegen (s. Taf. 10, Fig. 1 Rc), dann aber weiter nach hinten rücken
•(s. Taf. 5, Fig. 8 Rc; Taf. 2, Fig. 11 Rcnc). Beim erwachsenen Echinorhynchus gigas sind diese
Kerne noch in der Vierzahl vorhanden und an den Seiten der Compressores lemniscorum gelegen. Zwei
weitere Kerne trifft man in der Höhe der vorderen Retraktorkeme an (s. Taf. 5, Fig. 3 Rcnc); sie
:gehen im späteren Larvenleben zu Grunde.
Um die Zeit, wo das zwischen dem Retractor colli und der Hypodermis emporwachsende Haut-
muskelsyncytium die Rüsselanlage erreicht, treten am Hinterrande des Retractor colli, und zwar inmitten
•der Rücken- und Bauchfläche, zwei schlitzförmige Spalten auf, die immer tiefer und tiefer in die Plasmamasse
eindringen und schliesslich den Zerfall in zwei Halbcylinder zur Folge haben (s. Taf. 5, Fig. 10
Rcnc). Inzwischen heben sich die Retractores colli von dem axialen, den Rüsselapparat liefernden
Muskelzellkomplexe ab, und es entsteht zwischen beiden Gebilden ein weiter Lückenraum, die Leibeshöhle.
Gleichzeitig bildet sich zwischen den Retractores colli und der Leibeswand eine Höhle, die aber
anfangs mit der Leibeshöhle nicht in Verbindung steht, weil die Retraktoren vorn und hinten mit der
muskulösen Auskleidung der Körperwand in Verbindung bleiben. Erst durch die Spaltung der Refractores
colli wird die Kommunikation beider Räume hergestellt (s. Taf. 5, Fig. 9 Rc). Ich halte den
Retractor colli für ein weit geeigneteres Objekt, um die Verfaserung, die Zerspleissung und das Ent