förmigen Rüssel mit darauf folgendem dünnen Halse zu sein1). Wenn aber ein derartiges Haftorgan zur-
vollen Geltung kommen soll, so darf natürlicherweise die durch die Einbohrung erzeugte Wunde nicht den
Durchmesser des Rüsselkopfes erreichen. Deshalb findet man bei allen grösseren Spezies in der
Aequatorialzone der Rüsselkugel eine kräftige Ringmuskulatur — bei Echinorhynchus gigas liegen die-
Fasern in drei Schichten über einander —, die bei den ersten Bohrungen sich zusammenzieht und dem
Rüssel eine cylindrische oder wenigstens eine länglich ovale Gestalt verleiht. Erst späterhin, wenn das-
Haftorgan sich bis zur erforderlichen Tiefe eingegraben hat, erschlaffen die Konstrictoren und der Rüssel
nimmt wieder seine ursprüngliche Kugelgestalt an.
Nach einem sehr ähnlichen Prinzipe ist die mächtige Leibesanschwellung des EcTiinorhynchus
porrigens gebaut2).
Unter der dicken, mit zahllosen Stacheln besetzten Hypodermis breitet sich hier ein wohl entwickeltes
Ringfasernetz aus. Durch seine Kontraktion verwandelt es das kolbige Leibesende in eine schlanke
Spindel, die ohne besondere Schwierigkeit dem Halse in die Darmwunde zu folgen vermag. Als Antagonisten
dieser Ringfibern funktioniren die septenartig nach innen einspringenden Transversalmuskeln.-
Ihre Zusammenziehung gibt nach dem Erschlaffen der Ringfasern der Leibesanschwellung die kurze,
gedrungene Kugelform wieder. Die hierdurch erzielte Fixation ist eine so zuverlässige, dass Echinorhynchus
porrigens gar nicht nöthig hat, sich seines Rüssels als Widerhakenapparates zu bedienen. Bei der-
Mehrzahl der aus der Darmwand der Balaenoptera befreiten Echinorhynchen fand ich den Rüssel und
den Hals vollkommen in der Ampulle verborgen.
Die einzige Art, der die Retractores colli fehlen, ist, soweit unsere heutigen Erfahrungen reichen,
Echinorhynchus proteus. In seiner Jugend besitzt er einen vollkommen cylindrischen Hals. Erst dann,,
wenn er sich in die Darmhäute eingebohrt hat, beginnt der vorderste Halsabschnitt sich zu erweitern
und allmählich zu einer Kugel anzuschwellen. In dem Hohlraume zwischen der dünnen Hypodermis
und dem von der Rüsselbasis herabhängenden Receptaculum häuit sich eine körnige Exsudatmasse an,
die mit zunehmendem Alter ziemlich zähe wird und die Einstülpungsfähigkeit des Hakenrüssels wesentlich
beeinträchtigt. Natürlicherweise kann der geschlechtsreife Echinorhynchus proteus infolge des Auftretens-
dieser mächtigen starren Halskugel unter keinen Umständen seinen Rüssel aus der Darmwand wieder
entfernen. Für ihn würden die Retractores colli völlig nutzlos und überflüssig sein.
*) D i e s in g führt in seinem Systema helminthum sechzehn Arten mit kugeligem Rüssel an. Vergl. 2. Bd. pg. 20 etc-
2) In älteren Werken (R u d o lp h i, W e s t r um b , D i e s in g etc.) findet man diese Anschwellung als Receptaculum,
den darauf folgenden dünnen, cylindrischen, durch eine ringförmige Einschnürung von übrigen Körper abgesetztem.
und gewöhnlich in der Darmwand der Palaenoptera steckenden Vorderleib als „Hals“ beschrieben.
Die Entwickelungsgeschichte des muskulösen Rüsselapparates.
Greschiehtlicher TJeberblick.
Die Bildungsgeschichte des Receptaculum und der mit ihm in Zusammenhang stehenden Muskeln
wurde uns durch die vortrefflichen Untersuchungen L e u c k a r t ’s erschlossen, deren Resultate in
drei Abhandlungen niedergelegt wird. Wir haben zunächst nur die erste derselben in das Auge zu fassen
die sieb lediglich mit der Entwickelungsgeschichte des Echinorhynchus proteus im Gammarus pulex
beschäftigt.1)
Nach L e u c k a r t zerfällt der aus dem Embryonalkerne entstandene längliche Zellhaufen in
drei scharf gegen einander sich absetzende Segmente. Das vordere Ende des Ballens verwandelt sich
frühzeitig durch Aufhellung im Innern in eine linsenförmige, von einer einfachen Zellschicht umhüllte
Blase, aus der späterhin die Rüsselhöhle und die Retractores proboscidis hervorgehen. Nach hinten folgt
auf dieses Gebilde ein ovaler, zweischichtiger Zellenhaufen. Die protoplasmatische Hülle ist das spätere
Receptaculum, der von ihr umschlossene Kern aber die Anlage des Ganglion cephalicum. Die erste Andeutung
der Retractores receptaeuli (Retinacula?) nahm L e u c k a r t bei Würmern von 0,4 bis 0,45 mm
Länge wahr, also in einer Zeit, wo durch Abheben der Hautmuskulatur von den Geschlechtsorganen die
Leibeshöhle ihren Ursprung nimmt.
Zwei Jahre später gelang es G r e e f f ,2) durch eine Reihe von Beobachtungen, die er an
den ebenfalls in der Leibeshöhle des Gammarus pulex schmarotzenden Larven des Echinorhynchus poly-
morphus machte, die Richtigkeit der L eu ck a rt'sch en Befunde über allen Zweifel zu erheben. Ich halte
es für unnöthig, auf die Entwickelungsgeschichte dieses Wurmes einzugehen, da selbige in allen hier in
Betracht kommenden Punkten mit der de§ Echinorhynchus proteus übereinstimmt.
Auch v. L in s to w 8) widmet eine Abhandlung dem gleichen Gegenstände, aber seine Angaben
sind mit denen der beiden vorher genannten Forscher nicht in Einklang zu bringen, v. L in s tow behauptet
nämlich, dass die Rüsseltasche schon zu einer Zeit vorhanden sei, wo vom Ganglion cephalicum noch
keine Spur wahrgenoramen werden könne. Die Muskelwand des Receptaculum lässt v. L in s tow
von der Basis (wahrscheinlich dem Grunde der Scheide) aus sich bilden und von hier aus auch die
Retractores proboscidis schlingenartig emporwachsen.
Die letzte Lieferung L e u c k a r t 's grossen Parasitenwerkes4) enthält eine sehr ausführliche
Schilderung der Rüsselentwickelung, die aber in mancher Hinsicht von der früheren Darstellung
abweicht.
J) Helminthologische Experimentaluntersuchungen, III. Ueber Echinorhynchus. Nachrichten der G. A. Universität
und der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1862, No. 22, pg. 440—442, 445.
2) Untersuchungen über den Bau und die Naturgeschichte von Echinorhynchus miliarius Zenker (Echinorhynchus
polymorphus). Archiv für Naturgeschichte, 30. Jahrgang, 1864, pg. 118—120. Taf. II, Fig. 4 A.
®) Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte des Echinorhynchus angustatus. Archiv für Naturgeschichte,
38. Jahrgang, 1872. pg. 8—9.
4) Acanthocephali, K r a t z e r . Die menschlichen Parasiten, 2. Bd., 1876, pg. 757, 826—828, 830, 833—834.