Eigene Beobaelitungeu.
Das Nervencentrum der Acanthocephalen besteht aus einem mächtigen Ganglion cephalicum und
liegt — wie wir dies seit v. S i e b o 1 d ’s Untersuchungen wissen zwischen den Retractores proboscidis-
in einer wechselnden Entfernung vom hinteren Ende der Rüsselscheide. Bei einigen Arten kann man es
schon bei Anwendung eines geringen Druckes — z. B. durch Auflegen eines grösseren Deckgläschens-
— durch die Wandungen der Rüsseltasche erkennen. Um aber die Form und die Lage der zelligen
Elemente und den Verlauf der aus letzteren hervortretenden Nervenfäden zu studiren, ist es unbedingt
erforderlich, das Ganglion zu isoliren. Dies kann sehr leicht auf folgende Weise geschehen. Nach
Oeftnung des Hautmuskelschlauches durchschneidet man die beiden Retinaeula und den Retractor recept-
«aculi möglichst nahe ihren vorderen Enden und das Receptaculum dicht unterhalb der Rüsselbasis..
Hierauf zerzupft man vermittelst feiner Nadeln den vorderen Rand der Rüsseltasche, bis dass die wellig
gebogenen Fasern der grossen Rüsselretraktoren hervorschauen. Die letzteren erfasst man mit den
Spitzen einer kleinen Pincette und zieht sie, indem man mit einer Nadel die ausgefransten Ränder der
Scheide zurückhält, aus letzterer hervor. Spaltet man nun den Muskelstumpf von der vorderen Schnittfläche
beginnend, in seiner ganzen Länge, so wird das Ganglion sammt den von ihm ausgehenden Nerven
herausfalleu.
Das blossgelegte Ganglion hat bei allen Species eine länglich ovale Gestalt und ist in dorso-
ventraler Richtung mehr oder minder stark abgeplattet. Von den seitlichen Rändern gehen nach allen»
Richtungen hin scharf conturirte Fäserchen aus, die entweder isolirt bleiben oder mit einigen anderen
Fasern zu Bündeln zusammentreten. Weder die Zahl der Ganglienkugeln, noch die Menge der aus-
tretenden Fasern ist bei den verschiedenen Arten die gleiche. So zähle ich bei Echinorliynchus liaeruca
nicht weniger als 54 Nervenzellen und ebensoviele Nervenfasern. Bei Echinorhynclms gigas hingegen ist
die Menge der Ganglien kugeln um die Hälfte grösser als die der austretenden Nerven (86 : 56).
Auf Querschnitten lassen sich am Ganglion cephalicum zwei Schichten unterscheiden, und zwareine
äussere aus lauter polyedrischen Zellen zusammengesetzte Rinde und ein lediglich aus Fasern
bestehender Kern (s. Tafel 5, Fig. 14 Gcph; Fig. 24 Gcph; Tafel 8 , Fig. 34 Gcph). Was zunächst
die Ganglionrinde angeht, so besteht selbige aus einer einfachen, oder doppelten Lage schöner, grösser,,
durch die gegenseitige Berührung polyedrisch abgeplatteter Ganglionzellen. Die Grösse der einzelnen
Zellen schwankt bei den verschiedenen Species zwischen 0,02—0,055 mm.*) Der Zellleib selbst ist im
Leben ziemlich homogen und vollkommen farblos. Auf gut gefärbten Schnitten lässt sich jedoch ein
wohl entwickeltes, granulirtes Plasmafadennetzwerk leicht nachweisen. Sehr intensiv tingirt erscheint
stets das Chromatingerüst des Kernes, eines ovalen im Centrum des Plasmaleibes gelegenen Bläschens-
;aben folgende Zahlen für die:
! der Ganglienzellen;
Echinorhyncku8
Länge, Breite, Dicke des
3 2 0— 3 5 0 3 3 0— 3 4 0 fi, 1 4 0— 1 5 0
1 5 0— 1 7 0 // , 1 3 0— 1 3 5 fi, 1 0 0— 10 5
1 2 0— 1 3 0 ft, 9 0— 9 5 fi, 6 5— 7 0 /"J
1 4 5— 1 5 5 ft, 1 0 0— 1 0 6 fi, 8 0— 8 3 ß\
1 8 5— 1 9 5 9 8— 1 0 5 / / , ' 4 6— 5 0 /* ;
2 4 0— 2 5 0 fi, 1 1 0— 1 1 5 fi, 5 0— 6 0
Bei Anwendung schwacher Vergrösserung könnte man die Chromatineinscblüsse des Nueleus für dicht
aneinander gelagerte eckige Körner halten. Bei starker Vergrösserung lassen sich jedoch dünne Fäden,
die die einzelnen Chromatinhäufchen unten einander verbinden, deutlich erkennen. Das Chromatingerüst
des ruhenden Ganglienzellkernes hat also ebenfalls die uns bekannte Form; es besteht aus einem Netzwerke
feiner Fäden, dessen Kreuzungspunkte durch Anhäufungen chromatischer Substanz gekennzeichnet
sind. Die Zellen der Ganglionrinde entsenden nach aussen und innen Ausläufer, welche entweder die
Zellen unter sich verbinden, oder das Ganglion verlassen und als sogenannte Nervenfasern nach den
Verschiedenen Organtheilen sich begeben. Um aber den Zusammenhang der Zellen mit den Ausläufern
etwas genauer zu untersuchen, muss man entweder aus den einzelnen aüf einander folgenden Schnittansichten
sich ein Gesammtbild reeonstruiren, oder, was weit einfacher ist, das frische Ganglion in
physiologischer Kochsalzlösung zerzupfen und so die einzelnen Nervenzellen isoliren. Mag man nun den
einen oder den anderen Weg einschlagen, stets wird man zu dem höchst interessanten Resultate
gelangen, dass nicht sämmtliche Fasern eines austretenden Nerven aus Zellen der nächsten Umgebung
■entspringen.
Recht schön lässt sich die Richtigkeit dieser Behauptung für die beiden grossen hinteren Seitennerven
von Echinorhynclms angustatus nachweisen. Von den 18 Fasern dieses mächtigen Nervenbündels endigen
in den Zellen der hinteren Ganglionecke nur etwa .8 oder 10. Die übrigen dringen in das Innere des
Gangl ions ein, strahlen dann büschelförmig • auseinander und treten mit den Zellen der gegenüberliegenden
Wandungen in Verbindung. Die gleiche Beobachtung machte schon B a l t z e r an dem vorderen Mediannerven
des Echinorhynclms angustatus. Es ist dies ein Strang von vier Nervenfasern, von denen zwei
aus Zellen der oberen Ganglionspitze, zwei aber aus ziemlich weit nach unten gelegenen Zellen stammen.
Es findet demnach im Inneren des Ganglions eine Kreuzung der Nervenfasern statt.
Ausser diesen austretenden meist einfach .cy lindrischen Nervenfasern existiren noch zahlreiche
■andere Fasern, gleichfalls Ausläufer evidenter Ganglienzellen, welche das Ganglion cephalicum überhaupt
nicht verlassen, sondern lediglich die Verbindung der einzelnen Zellen vermitteln. Die Verbindung der
Ganglien untereinander kann auf zweierlei Art bewerkstelligt werden, erstens durch Faserzerspleissung
und zweitens dadurch, dass ein und dieselbe Zelle nach mehreren Richtungen hin Ausläufer treibt. Im
ersteren Falle müssen wir die Ganglienzellen als unipolar, im letzteren als multipolar bezeichnen. Der
vorwaltende Typus ist der erstere. Die ganze vordere Hälfte und die Seitentheile der Ganglionrinde
bauen sich lediglich aus unipolaren Nervenzellen auf. Letztere haben meist die Gestalt einer Birne, die
nach hinten in einem konisch sich ein engenden Zapfen ausläuft. Dieser Zapfen zerfällt nun in Folge
■einer sich öfters wiederholenden Längsspaltung in mehrere Aeste, die nun mit Aesten anderer Ganglienzellen
in Verbindung treten. Auf diese Weise entsteht ein äusserst complicirtes Flechtwerk von Nervenfasern,
welches den Innenraum des Ganglion cephalicum vollständig ausfüllt. Vacuolen oder Reste von
retikulärem Plasma, wie solche S ä f f t ig e n bei dem Ganglion von Echinorliynchus angustatus gesehen
haben will, konnte ich nirgends finden. Hinsichtlich des feineren Baues unterscheiden sich die im
Inneren des Ganglion verlaufenden Verbindungsfasem wesentlich von den eigentlichen Nerven. Letztere
besitzen nämlich eine sehr scharf conturirte, farblose Neurolemmascheide, welche in Form eines dünnen
Häutchens der homogenen Substanz der Nervenfaser allerort dicht aufliegt. Diese Neurolemmascheiden
•endigen nicht an der Ganglionoberfläche, sondern lassen sich auch bei allen Fasern, welche im Innern