Z e d e r 1) wurde durch ein reichhaltiges, grossentheils von G o e z e Unterlassenes Material in den
Stand gesetzt, die M ü lle r 'sehen Befunde nicht nur zu bestätigen, sondern denselben auch manche neue
Beobachtung hinzuzufügen. So fand Z e d e r , dass die von F r . v. P a u la S c h r a n k 2) entdeckte einziehbare
Schwanzblase keineswegs eine Eigenthümliehkeit des Echinorhynchus vesiculosus sei, sondern dass
sie auch bei den Männchen der anderen Arten vorkomme. Da die Schwanzblase nicht immer sichtbar
war, so vermuthete Z e d e r , dass sie nur bei der Begattung zum Vorschein komme und zur Erleichterung
derselben diene. Die heraushängenden Fäden hält er für Zeugungsglieder.
R u d o lp h i3) deutete die von M ü lle r und Z e d e r gesehenen retortenförmigen Körper1 (Kitt-
dritsen) als Hoden und behauptet, dass selbige mit der Schwanzblase auf das Innigste verwachsen seien und
mit ihr kurz vor der Begattung nach aussen hervorgestülpt würden. Dementsprechend nimmt R u d o lp h i
an, dass die Befruchtung der Eier ähnlich wie bei den Batrachiern und Fischen im Freien stattfinde.
Im Jahre 1818 veröffentlichte N i t z s c h 4) in der allgemeinen Encyclopädie von E r s c h und
G r u b e r einen Aufsatz, der mit einem Male Licht über die gesammten Organisationsverhältnisse des
Männchens verbreitete. Bei dem ausser ihm nur noch von B lo c h beobachteten Männchen des Ecliino-
rhynchus gigas fand er zwei gurkenförmige, grosse Hoden, welche in einer kleinen Entfernung hinter
einander, so dass der hintere ungefähr die Mitte der Länge des Wurmes einahm, an der inneren Muskelschicht
durch Gefässfäden fest sassen. Von diesen Hoden gingen zwei dünne Fäden (Samengänge) in
eine lang gestreckte, jederseits mit vier Lappen oder Divertikeln versehene Sameiiblase, welche sodann
durch eine kurze, dicke, ebene Röhre (ductus ejaculatorius) mit einer erweiterten Blase am Hinterende
des Wurmes endete. Diese erweiterte Blase ist unstreitig das Organ, welches bei dem Männchen öfters
austritt, indem es sich vermuthlieh umstülpt; es erscheint alsdann oft ordentlich sackartig und dient vielleicht
zum Umfassen des meist spitzeren Hintertheils der weiblichen Individuen.
Obgleich R u d o lp h i5) die Darstellung N i t z s e h e ’s vom Baue der männlichen Geschlechtsorgane
in seiner Entozoorum synopsis recapitulirt, so hält er doch noch an seiner früher aufgestellten
Thesis von der Befruchtung der Eier ausserhalb des weiblichen Körpers fest.
B o j a n u s 6) dagegen tritt mit aller Entschiedenheit für N itz s e h e ’s Auffassung ein und sucht
durch eine Reihe trefflicher Abbildungen deren Richtigkeit zu begründen. Bei dieser Gelegenheit erfahren
wir, dass bei Echinorhynchus gigas neben den Männchen mit 8 Kittdrüsen (Samenblasen nach
Bojanus) auch solche Vorkommen, die nur deren 6 besitzen.
Fast gleichzeitig mit der letzterwähnten Abhandlung erschien W e s t r u m b ’s grosse Monographie
*) E rs te r Nachtrag zur Naturgeschichte d er Eingeweidewürmer von E. G o e z e , m it Zusätzen und Anmerkungen
herausgegeben von G. H. Z e d e r . 1800. pg. 111—112, 140—141.
*) F ö rtek n in g pk n&gra h ittils obeskrifne Jntestinal-Kräk. Kongliga Svcnska Yetenskaps Aeademiens Nya
Handlingar. 1790. pg. 124. No. 26.
*) Entozoorum sive vermium intestinalium historia natura lis. Bd. I. 1808. pg. 290—293. tab. 4. fig. 4 ff.
■) Allgemeine Encyclopaedie d er Wissenschaften von J. S. E r s c h un d J . G. G r u b e r . 1. Section. 1. Th.
A rtik e l: Acanthocephala. pg. 242. 1818; 1. Section. 7. Th. T a fe l: Acanthocepliala. Fig. 2—3. 1821.
*) Entozoorum synopsis cui accedunt mantissa duplex e t indices locupletissimi. 1819. pg. 586—588.
•) Enthelminthica, Oken’s Isis. Jahrg. 1821. Bd. I. 2. Heft. pg. 180—182. Taf. 3, Fig. 36—40.
•der Acanthocephalenl). Selbige enthält unter anderem eine kurze Schilderung des anatomischen Baues
■der männlichen Geschlechtsorgane von circa einem Dutzend Arten. Im Grossen und Ganzen erhebt
«ich W e s t r u m b nicht über die Anschauungen N i t z s c h e ’s. Ein besonderes Interesse gewinnt die
Abhandlung nur durch die zahlreichen und trefflichen Abbildungen, aus denen man meist mehr entnehmen
kann, als aus dem zugehörigen Texte. Auch W e s trum b nimmt an, dass die Befruchtung der
Eier ausserhalb des mütterlichen Körpers stattfinde. Und zwar sollen die aus der am hinteren Leibesende
des Weibchens befindlichen Geschlechtsöffnung hervortretenden Eier in die glockenförmige Bursa
■des Männchens gelangen und hier mit dem Sperma in Berührung kommen.
C lo q u e t2) gibt eine ziemlich vollständige Beschreibung des männlichen Geschlechtsapparates
von Echinorhynchus gigas, aus der Folgendes herauszuheben wäre. Die beiden hintereinander liegenden,
zylindrischen, 6—7 Linien langen Hoden sind am hinteren Ende des Receptaculum vermittelst einer
ligamentösen Scheide befestigt, die in ihrem unteren Theile als Vas deferens functionirt. Im letzten
Dritttheile des Körpers vereinigen sich die beiden Vasa deferentia zu einem weiten häutigen Canale, der
mit einer wechselnden Anzahl (5 oder 6) länglich ovaler, geräumiger Divertikel (Samenblasen) ausgestattet
ist. Auf diesen Abschnitt der Leitungswege folgt ein 3—4 Linien langer, cylindrischer Penis
(Ductus ejaculatorius) und ein konischer Zapfen, der nach aussen umgestülpt werden kann (Bursa copu-
latrix). Zur Bewegung des Penis dienen vier lange Muskeln, von denen zwei als Retractoren, zwei aber
als Protrusoren Verwendung finden. Die beiden vorderen, lateralen Retractoren erreichen eine Länge
von 7—8 Linien. Sie befestigen sich mit ihren Enden vorn am Penis, umfassen diesen, sowie den An-
fangstheil des Samengefässes, und ziehen dann in diagonaler Richtung zur Leibeswand, um sich daselbst
mit den Längsfasern zu vereinen. Die Protrusoren sind um vieles kürzer als die Retractoren. Sie
heften sich dicht unterhalb der Retractoren an dem Ductus ejaculatorius an und mischen sich den Fasern
-der Leibesmuskulatur am Schwanzende bei. Der untere, nach aussen vorstülpbare Theil des Penis besteht
aus zwei lose aufeinander liegenden Häuten. Die äussere derselben ist vollkommen weiss und
stimmt in allen Eigenschaften mit der Körperhaut überein. Die innere Membran aber ist weich und
lässt eine deutliche Querfaserung erkennen. Sie wird in ihrer Mitte von der männlichen Geschlechts-
Öffnung durchbohrt. Der- äusserst glückliche Fund zweier in Begattung begriffener Individuen setzte
•C lo q u e t in den Stand, die von N i t z s c h c behauptete innere Befruchtung über allen Zweifel zu erheben.
Ueber die Herkunft und den Zweck der meist bräunlich gefärbten Kittmasse, die in der Umgebung
der Vulva des begatteten Weibchens gefunden wird, scheint C lo q u e t sich nicht vollkommen
klar geworden zu sein.
B u r o w 8) schreibt mit Unrecht dem Echinorhynchus strumosus 4 Paare von Hoden zu, indem er
die ähnlich gestalteten, regelmäsig zu Paaren angeordneten Kittdrüsen für Hoden hält. Die Hoden, die
Kittdrüsen und die Leitungswege sind von einer ligamentösen Scheide umhüllt, die vom Receptaculum
*) De helminthibus acanthocephalis. 1821. pg. 53—55, pg. 62—64; Taf. 2, Fig. 1—3: Echinorhynchus gigas-
F ig . 11—13: Ecli. major; Fig. 25: Ech. porrigenx-, Taf. 3, F ig. 1—2: Ech. caudatus; 4—6: Ech. Lauceae; Fig. 8: Ech. poly-
rnorplms ; F ig. 16: Ech. hystrix-, F ig. 18: Ech. haeruca ; F ig. 22, 24, 28: Ech. jjroteus.
-) Anatomie des vers intestinaux Ascaride lombricoide e t Échinorhynque géant. 1824. pg. 89—94, 99—103;
T af. 6. F ig . 1—9 ; Taf. 8. Fig. 3—6, 13.
*) Echinorhynçhi strumosi anatome. Dissertatio zootoraica. 1836. pg. 19—20. tab. fig. 7.