Die Diagnosen der Familien können demnach, da sie zur Bestimmung nicht geeignet sind, nich
beibehalten werden. Dagegen muss ich anerkennen, dass die Gruppirung der Gattungen im Allgemeinen
der natürlichen Verwandtschaft entspricht. Nur im Einzelnen habe ich einige Ausstellungen zu machen.
So halte ich es für nöthig, Versura von den Cassiopeiden zu trennen, da jene durch die dreiflügeligen
Mund arme, ferner durch die breiten Subgenitalostien und durch die Musculatur der Subumbrella sich von
diesen unterscheidet. Ob Grossostoma ebenfalls von Cassiopeia getrennt werden und mit Versura vereinigt
bleiben muss, kann ich nicht entscheiden, da die kurzen Beschreibungen ihrer Arten keine selbstständige
Beurtheilung gestatten. Ich schliesse mich in dieser Frage an Haeckel an, der doch wenigstens eine Art
dieser Gattung gesehen hat. Ferner kann ich Claus darin nicht beipflichten, dass er Phyllorhiza zu den
Cepheiden rechnet. Obwohl ich diese Meduse nicht gesehen habe, scheint es mir klar, dass dieselbe deut-_
lieh 3flügelige, nicht gabelspaltige Mundarme besitzt Phyllorhiza muss daher zu Lychnorhiza gestellt
werden, wo sie auch Haeckel unterbringt, der sie aus eigener Anschauung kennt.
Vergleicht man endlich die Diagnosen der Stomolophiden und Rhizostomiden bei Claus, so ergiebt
sich, dass beide "Familien wesentlich nur durch verwachsene resp. freie Mundarme sich unterscheiden. Da
derselbe Unterschied nun nach Claus nicht hinreicht, die Gattungen der Archirhiziden in zwei Familien
zu trennen, so liegt auch kein Grund vor, Stomolophiden und Rhizostomiden als besondere Familien zu
betrachten.
Nachdem ich einige der Momente hervorgehoben ,habe, welche eine Aenderung des Systems wünschens-
werth erscheinen lassen, will ich die Prinzipien entwickeln, die mich bei der Aufstellung des neuen Systems
leiten. Jedes natürliche System hat den Zweck, möglichst scharf begrenzte Gruppen durch Verwandtschaft
zusammengehöriger Arten zur leichteren Uebersicht zusammenzustellen. Die beiden Anforderungen aber,
dass das System den natürlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gleichzeitig übersichtlich sein soll,
widersprechen einander, denn in der Natur giebt es kein System, d. h. die verschiedenen Arten sind durch
verwandtschaftliche Beziehungen verbunden, jede Gruppirung derselben ist jedoch mehr oder weniger willkürlich
und nur durch practische Rücksichten geboten. Deshalb werden sich immer Beziehungen und Ueber-
gänge unter den sogenannten natürlichen Gruppen finden, die als Mängel des Systems hervortreten. Um
solche auffallende Mängel möglichst zu vermeiden, wählte ich als Haupteintheilungsprinzip der Rhizostomen
die Beschaffenheit der Mundarme, deren Bedeutung für die. Classification ja in allen früheren Systemen
schon anerkannt wurde. Die Mundarme sind nächst dem Schirm die auffallendsten Organe der Medusen.
Sie sind es, die das ganze Aussehen, den Habitus derselben im höchsten Grade beeinflussen, während die
Verschiedenheiten des Schirms weniger characteristisch sind.
Rhizostomata.*)
1. Rhizostomata Simplicia. Mundarme einfach, ungetheilt.
Arcliirhiza Haeckel. Mundarme frei, Subgenitalporticus fehlt.**)
A. p r im o r d i a l i s . H a e c k e l. 48 Randlappen; Arme cylindrisch, so lang als der Schirmradius
Adradialcanäle unverästelt. Fundort: Bassstrasse.
A. a u ro s a . H a e c k e l. 80_Randlappen; Arme conisch, l A/amal so lang als der Schirmradius = r
Adradialcanäle verästelt. Neuseeland.
Haplorhiza. Haeckel. Mundarme frei; Subgenitalporticus vorhanden.
H. s im p le x . H a e c k e l. 48 Randlappen, Ocularlappen vorspringend; Subgenitalostien so breit
als die Armpfeiler. Bassstrasée.
H. p u n c t a t a . H a e c k e l. 176 Randlappen, Ocularlappen eingezogen; [Subgenitalostien 3mal so
breit als die Pfeiler. Küste von Nordaustralien, Arnheims Land.
Cannorhiza. Haeckel. Mundarme verwachsen.
C. c o n n e x a . H a e c k e l. 80 Randlappen; Subgenitalostien so breit als die Pfeiler. Südpacifischer
Ocean bei Neuseeland.’ •
2. Rhizostomata dichotoma. Mundarme gabeltheilig.
Cephea. P é ro n et Lesueur. Mundarme einfach gabeltheilig***), mit zahlreichen Peitschenfilamenten;
Exumbrella mit Höckern bedeckt.
C. F o r s k a 1 e a. H a e c k e 1. Gabellappen der Arme doppelt so lang als der Oberarm; Ocular-
einschnitte der Exumbrella sehr tief; Velarlappen rechteckig; zwischen den Armbasen 16 grosse
und starke Peitschenfilamente und zahlreiche kleinere. Rothes Meer bei Djedda.
C. fu s c a . P é r o n e t L e s u e u r . Gabellappen der Arme dreimal so lang als der Oberarm; Ocular-
einschnitte der Exumbrella seicht; Peitschenfilamente zahlreich, von der Armbasis an Grösse distal
abnehmend; Velarlappen stumpf abgerundet. Indischer Ocean, Malabar, Nordwestküste von
Australien.
C. d ip lo p i lu s . H a e c k e l. Gabellappen der Arme so lang als der Oberarm; zahlreiche Peitschenfilamente,
24—32 stärkere darunter; Velarlappen zugespitzt, fast eiförmig dreieckig. Sandwichinseln.
*) In der hier folgenden Zusammenstellung fehlen die Arten Phyllorhiza punctata, v. Lendenfeld, Pseudorhiza aurosa.
v. Lendenfeld und Monorhiza Haeckelii Haacke. Es ist mir nicht möglich, nach den vorhandenen Abbildungen und Beschreibungen
ein sicheres TJrtheü über ‘ die Gestalt ihrer Mundarme zu gewinnen. Die Familie der Chaunostomiden, in welcher die
beiden letzteren vereinigt wurden, characterisirt durch die bleibende centrale Mundöffnung, ist jedoch'meiner Ansicht nach unhaltbar,
da auch behänderen Rhizostomen, z. B. wie ich beobachtete bei Stomolophus, die Mundöffnung persistirt. Monorhiza
Haeckelii scheint einige Aehnlichkeit mit Leptobrachia und Leonura zu zeigen. Dafür spricht die übereinstimmende Täfelung der
Exumbrella und die analoge Bildung der Mundarme. Wenn wir nämlich die Arme als rudimentär und das von Haacke nur
einmal beobachtete Auftreten von Armkrausen an dem Terminalknopf als Rückschlag betrachten, so lassen sich an diesem am
wenigsten rückgebüdeten Mundarm 3 Abschnitte ähnlich wie bei jenen Gattungen erkennen: 1) obere Saugkrausen; 2) ein mittlerer
3kantiger Theü ohne Saugkrausen, der sogenannte Terminalknopf, und diesem anhängend 3) untere 3flügelige Saugkrausen.
**) Nur hier habe ich das Fehlen resp. Auftreten eines Subgenitalporticus als Gatfungsmerkmal gelten lassen, weil keine
wesentlichen Unterschiede erwähnt werden.
***) Nur bei C. conifera sind die beiden Gabellappen distal in zwei kleine Läppchen gespalten.