festem Bau entwickeln durfte, oder ob ihr als Varietät eine grössere Selbständigkeit zukommt, wage
ich nicht zu entscheiden. Dass ihre Entwickelung nicht die nothwendige Folge der äussern Umstände
ist, dafür spricht, dass in durchweg stillen Gewässern wie dem Preiler Teich und dem Teich von Heubude
neben der massenhaft auftretenden PI. fungosa die Form coralloides überhaupt nicht zu entdecken
war. Die Statoblasten fand ich im Mittel etwas kleiner als bei fungosa, nämlich L. : Br. = 38 : 30
(gegen 41 : 32). —s:
Wenn ich, wie man sieht, die seit alters als Gattungen geschiedene Plumatella repens und AIcyonella
fungosa wenigstens als Arten aufrecht erhalte, so geschieht das einerseits, weil man die systematische
Trennung zweier in ihren typischen Vertretern so abweichend gebildeten Formen nicht eher aufzugeben
Veranlassung hat, als bis ihre Identität durch vollwichtige Gründe belegt ist, ferner aber, weil ich auf
Thatsachen gestossen bin, welche mir zu Gunsten dieser Trennung sehr in die Wagschale zu fallen scheinen.
Kraepelin hat die genannten Arten als blosse Wachsthumsformen einer einzigen untergeordnet,
die er als PI. polymorplia bezeichnet hat. Er hat damit einem Gedanken Ausdruck gegeben, dessen sich
kaum irgend Jemand, der die verwirrende'Formenfülle, unserer Bryozoenfauna mit Aufmerksamkeit
betrachtet, zu erwehren vermag, und den schon i. J. 1849 C. Th. v. Siebold so bestimmt als möglich
geäussert hat. „Alcyonella stagnorum [= fungósa], sagt er in den Preuss. Prov.-Blättern S. 202 , fehlt
übrigens in Preussen auch nicht, doch halte ich diese von PI. campanulata [ = repens] nicht verschieden.
Letztere ist eine junge Kolonie mit regelmässigen ästigen Ausbreitungen, wie sie Eichhorn beschrieben
hat und wie ich sie an Stengeln und an der unteren Fläche der Blätter von Nymphaeen oft gefunden
habe, während Ale. stagnorum eine alte Kolonie dieses Blumenpolypen darstellt, cféssen Verästelungen
einander mannigfach zu einem dicken Knollen oder dichten Basen durchwachsen haben.a
Diese Auffassung hat Kraepelin zu stützen gesucht, indem er auf die Thatsache hinwies, dass
nicht nur die Polypide den gleichen anatomischen Bau zeigen; sondern dass auch die Grösse der Statoblasten
und der Gesamthabitus der erwachsenen Kolonien in extremen Fällen übereinstimmen.
Ich kann alles dies aus eigner Erfahrung bestätigen, ohne doch darum gezwungen zu sein; der
Schlussfolgerung Kraepelins ohne Weiteres beizutreten.
Es ist gewiss richtig, dass die Unterscheidungsmerkmale, welche Allrnan aus der grössem oder
geringem Zahl der Tentakeln, der mehr oder minder zackigen Ausrandung des Kelchs, der Production
zweier oder nur einer Art von Statoblasten hemahm, als durchaus variabel für die systematische Abgrenzung
der beiden Formen ohne Belang sind.
In ihrer Form sind die Statoblasten einander völlig ähnlich. Was die Grösse betrifft, so muss
ich Kraepelin zugeben, dass dieselbe in weiten Grenzen. schwankt, und dass man in typischen Alcyonellen
zuweilen Statoblasten findet, welche scheinbar sehr wohl einer Plumatella gehören könnten. Aber in der
Auslese von Maassen, welche Kraepelin auf S. 113 seines citirten Werkes giebt, scheint er mir doch die
extremen und vereinzelten Fälle allzusehr zu betonen, und wenn er demnächst auf Grund der Tabelle
folgert, „dass die massigen (alcyonelloiden) Formen in keiner Weise von den locker hirschgeweihartigen
(plumatelloiden) durch Grösse oder Gestalt der Statoblasten unterschieden sind“, so halte ich einen solchen
Schluss nicht für gerechtfertigt.
Um die völlige Uebereinstimmung der Statoblasten hinsichtlich ihrer Grösse darzuthun, kann es
nicht genügen, sie in einem einzelnen Falle nachzuweisen, wo die obere Grenze der einen in die
untere der ändern Form übergreift und man Gefahr läuft, abnorme Erscheinungen gegenüber dem
Kegulären und Allgemeinen zu bevorzugen, sondern da kann nur die aus einer Mehrzahl von Beobachtungen
gezogene Summe, mit einem Wort der mittlere Werth, massgebend sein. Das Bemühen,
denselben für die verschiedenen Formen festzustellen, hat mich zu Resultaten geführt, welche denn doch
den Eindruck der Tabellen Kraepelins bedeutend abschwächen und einen Unterschied in der Grösse der
Statoblasten, der dort völlig zu verschwimmen schien, klar hervortreten lassen. Ich gebe im Folgenden
eine Uebersicht der mittleren Maasse unter Hinzufügung der Maximal- und Minimalwerthe in Hundertstel mm.
Die betreffenden Kolonien wurden im Juli und August, z. Th. an verschiedenen Orten gesammelt.
I. Gewöhnliche PI. repens. 20 reife St...........................
arösster St.
L. Br.'
36 p 27 p
Kleinster St.
L. Br.
29 27
Mittlere
L.
33,4
Grösse.
Br.
26,3
II. Dsgl. andere Kol. 30 St................................................ 26 30 25 32,2 25,0
III. 36 26 30 23 33,6 24,8
IV. Dsgl. dunkle, gekielte Form. 30 S t . ..................... 26 33 23 34,3 26,6
V. Dsgl. dichte, rasenartige Form auf Nupharbl. 30 St. 36 26 29 24 33,0 25,4
VI. Dsgl. dichte, fungoide Kol. an Phragmites.
20 St................................................................................... 38 " 28. 32 24 34,1 26,0
VII. Dsgl. dichte Form an Schachtelhalmen. 20 St. . 35 26 26 22 32,2 24,9
VIII. PI. fungosa var. coralloides. Grosse Kol. ¡40 St. . . 42 33 36 30 38,2 29,9
Vina Aelteste, basale Röhren ders. Kol. 8 St.................... 40 32 37 28 38,1 29,8
Vlllb Jüngste, frei emporragende Zweige ders. Kol. 12 St. 44 31 37 27 39,1 29,8
IX. PI. fung., geschlechtlich entwickelte . Jugendform
(Flabeilum). Die 6 einzigen nahezu vollendeten
freien St. der 24 mm langen Kol................................ 45 32 41 29 43,3 31,0
X. Typische PI. fung. an dünnen Zweigen; 30 St. . 43 30 . 37 29 40,4 32,2
XI. Dsgl. an Steinen, in breiter Fläche entwickelt.
34 39 31 42,4 32,5
XII. Nach Nitsehes Messung an 30 St. ders. Form*) 45 34 . 37 27 40,4 31,3
Ich bemerke, dass diese Angaben grossentheils aus einer Zeit herrühren, wo mir die Auffassung
Kraepelins noch unbekannt war und ich lediglich die Absicht hatte, mir über die zahlreichen Arten, in
welche seit Allman namentlich die repens-Form eingetheilt wurde, auf Grund der Grösse der Statoblasten
ein Urtheil zu bilden. Gleichzeitig suchte ich festzustellen, in wie weit die letztere etwa durch den Bau
und das Alter der Kolonie oder die Gestalt der Röhren modificirt werde. Wie man sieht , war das
Resultat in dieser Hinsicht ein völlig negatives. Weder die Existenz des Kiels und der Furche, noch
die verschiedenartige Bildung der Cuticula scheinen von Einfluss zu sein, und selbst der Bau der Kolonie
lässt seine Wirkung nicht klar hervortreten. Während man erwarten sollte, dass bei den dichten Formen
*) A r ch iv f. An . u. P h y s. 1868 S. 465 ff.