völligen Berührung und gegenseitigen Verschmelzung einander nähern, schliessen sie nach Art eines zusammengezogenen
Tabaksbeutels die Oeffnung, welche über dem mittleren Theil der Keimscheibe entstanden
war (Fig. 145, hh).
So ist nun die Ringfurche und der von ihr begrenzte mittlere Theil der Keimscheibe von der
Peripherie der äusseren Zellzone ins Innere derselben verlegt worden. Die Keimscheibe hängt wie eine
Glocke von der zweiblättrigen Wand des Statoblasten herab, mit der sie ursprünglich Eins, gleichen Ursprungs
und gleicher Bildung war. Sie ruht eingebettet in dem nährenden Dotter, dem sie behufs
stärkerer Resorption eine beträchtlich vergrösserte Oberfläche zuwendet.
Gleichzeitig ist aber auch die radiäre Form der Keimscheibe verloren gegangen und in die
bilaterale übergeführt worden. Diese wird dadurch angebahnt, dass die Aussenränder der Ringfurche
nicht gleichmässig nach der Mitte zu Vordringen, sondern dass sie sich auf der einen Seite stärker zusammenziehen
als auf der ändern, daher denn ihr Vereinigungspunkt excentrisch und nach der Kante des
Statoblasten zu gelegen ist. Die ganze Keimscheibe wird dadurch in eine schräge Richtung gebracht,
welche in Fig. 143 u. 144 bereits angedeutet, in Fig. 145 a noch schärfer zum Ausdruck gekommen ist
Indem wir uns nun den Statoblasten so um seine Axe gedreht denken, dass die Keimscheibe
uns zugeneigt ist, können wir an derselben eine rechte und linke, eine Vorder- und Hinterseite unterscheiden.
Ueber die specielle Bedeutung dieser Theile wie des ganzen Gebildes, welchem sie angehören,
hat uns die bisherige Entwickelung noch keinen Aufschluss gegeben. Ich will daher im voraus mittheilen,
dass die Keimscheibe nichts Anderes ist als die Anlage des e r s t e n P o l y p i d s d e r k ü n f t i g e n
Ko l o n i e , die erste typische Knospe des Stocks, an der wir die Front fortan als Oralseite, den Rücken
als Analseite zu bezeichnen haben. Der aus der Ringfurche hervorgegangene Hohlraum der Keimscheibe
entspricht dem primären Knospenlumen, dem Atrium. Das Ectoderm der Statoblastenwand liefert das
innere, das Mesoderm das äussere Knospenblatt.
Man bemerkt, dass durch die ungleichmässige Zusammenziehung der Keimscheibe das Polypid,
wie bei der Knospenentwickelung im Stock (S. 26), vom Ort seiner Entstehung fort und nach vorn
rückt, dass dies aber nicht durch Uebergang von Zellen der polypoiden Anlage in die Leibeswand,
sondern dadurch geschieht, dass die Zellen der primären Leibeswand sich an der Polypidbildung betheiligen,
ja die letztere ganz und gar erst begründen.
Unabweislich drängt sich hierbei die Frage auf, inwiefern in der radiären Keimplatte das bilaterale
Verhältnis schon vorgezeichnet ist, denn schwerlich können wir annehmen, dass bei den Verschiebungen,
durch welche dasselbe zum Ausdruck kommt, alle Seiten gleich berechtigt und der Erfolg
am Ende von blosser Willkür abhängig sein sollte. Denkbar wären zwei Möglichkeiten. Einmal könnte
es sein, dass die Stelle, wo der Verschluss des Statoblasten erfolgt, in Wirklichkeit nie ganz genau im
Centrum der Schale liegt, und dass daher für die Keimscheibe schon eine gewisse bilaterale Symmetrie
gegeben ist. Eher aber möchte ich glauben, dass in der Natur der für die Polypidbildung bestimmten
Zellen auf dem Wege der Vererbung von vom herein die Art und Weise ihrer Function angedeutet ist,
und dass sich die Keimscheibe ebenso nothwendig in einer bestimmten Symmetrieebne orientirt, wie es
die Tochterknospe im Verhältnis zur Mutter thut.
In den Figuren der Taff. XII und XIII ist, soweit sie Sagittal- oder Flächenschnitte darstellen,
die Oralseite der Knospe nach links gekehrt.
Nachdem sich die Ränder der Ringfurche über dem kegelförmigen Theil der Keimscheibe geschlossen
haben, entsteht am Fuss des Kegels, median und anal, eine bruchsackförmige Ausstülpung
(Fig. 145, an), welche sich kommaförmig gegen den oralen Theil der Knospe hinwendet. Von diesem
her tritt ihr ein Gebilde ähnlicher Art entgegen, welches auf dem Stadium der Fig. 145 eben zur Anlage
gelangt und zwar nicht genau am gegenüberliegenden Pol der Knospe, sondern etwas über demselben
am oralen Abhang des Centralkegels (bei or). Indem es in der Richtung auf das blinde Ende
des hinteren Bruchsacks fortwächst (Fig. 146 u. 147), verschmilzt es mit demselben an der Berührungsstelle,
und die beiderseitigen Hohlräume treten unter Durchbrechung der Scheidewand in offene Com-
munication (Fig. 148). Der so gebildete Kanal stellt die Anlage des Darms dar. Der kürzere und
weniger scharf von der Keimscheibe abgesetzte orale Schlauch repräsentirt den Munddarm, der genetisch
ältere anale das Rectum und den erst spät zu deutscher Differenzirung gelangenden Magen. An der
Durchbruchsstelle bleibt eine Verengerung des Kanals in Form der Cardialklappe bestehen (Taf. XIII,
Fig. 149).
Unterdessen ist auch der obere Theil de1’ Knospe zum Schauplatz wichtiger Veränderungen geworden.
Er hat in Fig. 145, neben welcher man 145 a in Betracht ziehen wolle, im Wesentlichen noch
die Gestalt einer rundlichen Scheibe oder eines flachen Kegels bewahrt, nur bemerkt man gegenüber
der Fig. 144, dass er sich an der Oralseite tiefer nach abwärts geneigt hat, und diese Bewegung nimmt
auch auf den folgenden Stadien, wie Fig. 147 und der Sagittalschnitt Fig. 148 a lehren, ihren Fortgang.
Dabei rückt die Knospe, speciell der Halstheil derselben, in oraler Richtung noch weiter vor, so dass sie
mehr seitwärts im Statoblasten zu liegen kommt. Offenbar ist dies nur eine Fortsetzung jener Verschiebung
, welche schon durch die ungleichmässige Zusammenziehung der Ringfurche cingeleitet war:
Auch nachdem sich die Ränder geschlossen haben, bleibt die Thätigkeit der betheiligten Zellen eine ungleichmässige,
indem die im Umkreis des Knospenhalses anal (Fig. 145 etwa bei x) gelegenen Zellen
sich lebhafter theilen als die vorderen.
Ferner hat sich während der Anlage des hinteren Darmschlauchs (an) vom After her eine Furche
in das Ectoderm des Centralkegels einzusenken begonnen, um in gerader Richtung nach vorn bis zu der
Stelle vorzudringen, wo der Munddarm (or) seine Entstehung nimmt, der gewissermassen als letzter Ausläufer
dieser Furche erscheint. Seitwärts derselben, zur Linken und Rechten der Mittellinie, wölbt sich
der Centralkegel immer stärker empor, er bildet auf diese Weise zwei kurze Zapfen oder Diiten, welche
mit ihren Spitzen gegen den Knospenhals, die spätere Ausstülpungsöffnung, gerichtet sind. Der Hohlraum
der Düten (Fig. 145 a u. 148 a, lh) ist .von dem mesodermalen Blatt ausgekleidet und gänzlich
von der kernhaltigen Dotlermasse erfüllt, die durch die abwärts gekehrten Mündungen in das Lumen
eindrang. Der bisher einfache Conus der Keimscheibe hat somit die Form eines gabeligen Gebildes an.
genommen. Wir erkennen darin den hufeisenförmigen Lophophor (1 der Figg.), dessen dottererfüllte
Arme durch die beiden Zinken der Gabel repräsentirt werden. In Fig. 148 u. 149 sieht man den
äussern Contour der letzteren, welche bereits auf den Stadien Fig. 145 u. 146 als niedrige Wülste angelegt
sind, mittels der Linie 1 als Projection auf die Medianebne wiedergegeben. — Der zwischen
ihnen befindliche Einschnitt, welcher anfangs fast horizontal gestellt ist, dann aber, der Bewegung der
Knospe folgend, einen mehr und mehr senkrechten Verlauf nimmt (Fig. 147), lässt schon früh eine
leichte Vertiefung erkennen (Fig. 145—147, n), die sich bald stärker einbuchtet (Fig. 148) und dem