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U n te r einer grösseren Anzahl im Sommer 1885 eingesammelter und behufs anatomischer Untersuchung
in das zoologische Institut zu Leipzig gebrachter Individuen von Succinea amphibia, befand sich
auch ein Exemplar, das bereits auf den ersten Blick sich als mit Leucochloridium paradoxum behaftet
erwies: in den stark aufgetriebenen Fühlern zeigten sieh die grün und weiss gefärbten Schläuche in lebhaft
pulsierender Bewegung.
Begreiflicher Weise erregte diese Entdeckung im Institute das allgemeinste Interesse, denn bis dahin
war von einem Vorkommen des Parasiten in der Umgebung von Leipzig noch nichts bekannt gewesen,
und Alles wanderte hinaus, um womöglich weitere Exemplare zu erbeuten. Das wollte nun zwar nicht
jedem gelingen, immerhin aber wurde durch diese vereinten Bemühungen festgestellt, dass das Vorkommen
des Leucochloridium paradoxum in den sumpfigen Waldungen der Umgebung von Leipzig ein gar nicht
seltenes ist. Da also gegründete Aussicht vorhanden war, es werde an dem nötigen Material Mangel nicht
eintreten, beschloss ich auf Anraten des Leiters unseres Institutes, des Herrn Geheimrat Leuckart, die
Anatomie und Entwicklungsgeschichte des interessanten Parasiten einer eingehenderen Untersuchung zu
unterwerfen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, auch an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer für
die wohlwollende Anleitung, sowie für das nie ermüdende Interesse und die stetige Förderung, welche er
meiner Arbeit während ihrer ganzen Dauer zu Teil werden liess, meinen herzlichsten Dank auszusprechen.
Desgleichen kann ich nicht umhin, Herrn Professor Dr. Fraisse für die freundliche,Ueberlassung seines
Gartens, sowie für die gern gestattete Benutzung seiner Bibliothek wärmsten Dank zu sagen.
Da die vollständige Kenntnis der eigentümlichen und complizierten Entwicklungs- und Lebensgeschichte
der Saugwürmer erst eine Errungenschaft der letzten Jahrzehnte ist, so kann es nicht Wunder
nehmen, wenn die älteren Forscher, die über die Natur von einzeln auftretenden Entwicklungsstadien jener
Würmer noch völlig im Dunkeln waren, dieselben als Repräsentanten nicht nur besonderer Arten, sondern
sogar eigener Gattungen und Familien auffassten. So verdankt unter vielen anderen auch unser Leucochloridium
paradoxum, das wir heute als die Jugendform des Distomum macrostomum kennen, diesem
Umstande seinen Namen als besondere Form, einen Namen, in dem der Namengeber, C. G. Carus, selbst
deutlich genug ausdrückt, dass er mit dem sonderbaren, grün-weissen Dinge nichts rechtes anzufangen
wusste. In um so höherem Grade, aber musste es in Folge dessen bei seiner auffälligen Gestalt und