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von Pl. repens die Statoblasten eine Annäherung an das Maass der fungosa erkennen lassen, macht sich in
Nr. VII der obigen Tabelle eher das Gegentheil geltend, und nur die var. coralloides nimmt deutlich eine
vermittelnde Stellung zwischen den beiden Typen ein. Scharf genug aber hebt sich trotzdem PL repens
mit einem Durchschnittsverhältnis von 33 : 25 von PL fungosa mit 42 : 32 ab, und dem gegenüber
scheint mir das Argument Kraepelins, welches darauf fusst, dass die Schwankungsweiten beider Formen
in ihren obern und untern Grenzen in einander greifen, einen grossen Theil seiner Zugkraft zu verlieren.
Erwähnt sei noch der Fall, dass 15 Statoblasten einer kleinen fungoiden Kolonie, welche an einem
Blattstiel von Polygonum amphibium angesiedelt war, nur eine mittlere Grösse von 39:30 ergaben, also
etwa die Dimensionen der var. coralloides zeigten. Da ich diese aber an dem betreffenden Fundorte
neben der echten fungosa niemals beobachten konnte, so glaube ich das Exemplar der letzteren zurechnen
zu müssen, wobei ich bemerke, dass zur Zeit, wo es gesammelt wurde, am 30. October, die
Witterungsverhältnisse vermuthlich einen hemmenden Einfluss auf seine Entwickelung ausgeübt und
dieselbe in vieler Hinsicht zu einer abnormen gemacht hatten.
Erweist sich also das mittlere Grössenverhältnis der Statoblasten von PI. repens auf der einen
und PL fungosa auf der anderen Seite als ein nahezu constantes, das durch gewisse Modificationen des
Wachsthums nicht wesentlich alterirt wird, so habe ich umgekehrt oft constatiren können, dass beide
Formen wiederum aus Statoblasten ihren Ursprung nehmen, die den für sie aufgestellten Maassen vollauf
entsprechen. Es geschieht nämlich, dass einer Kolonie die Schalen des Statoblasten, aus dem sie hervorging,
selbst noch auf späteren Stadien anhaften, und in solchen Fällen vermochte ich leicht die; Ueber-
einstimmung • beider, der Form der Kolonie und der Grösse des Statoblasten, zu constatiren. So zeigt
beispielsweise der Mutter-Statoblast der auf Taf. II, Fig. 21 abgebildeten repens-Kolonie das Verhältnis-
35:25 p, das ungefähr auch für die von den Tochterthieren producirten Keime gilt, während die entsprechenden
Zahlen für die an einem Seerosenblatt entwickelte junge fungosa auf Taf. II, Fig. 20
4 2 :30 lauten. Wiederholte Beobachtungen dieser Art lassen schliessen, dass die Statoblasten eines jeden
Typus unabhängig von äusseren Umständen wieder die Form der Kolonie erzeugen, aus der sie selber
hervorgingen.
Ergiebt nun dies alles, dass sich die Abgrenzung der beiden Arten auf Grund der durchschnittlichen
Grösse der Statoblasten sehr wohl aufrecht erhalten lässt, so erscheint es gleichzeitig als
verfehlt, das Ineinandergreifen der Extreme zum Beweis ihrer Identität zu machen : Vielmehr berechtigt
die letztere Thatsache nur zu der Behauptung, dass Pl. repens und fungosa nach der Grösse der Statoblasten
Varietäten einer Art sein k ö n n e n , nicht aber, dass sie es sein m ü s se n .
' Die vorstehenden Angaben betreffen ausschliesslich die freien, mit Schwimmring versehenen Statoblasten.
Ausser diesen werden von allen Plumatellen bis etwa auf Pl. vesicularis Leidy grössere, durch Kittmasse
an dem Substrat festgeleimte Keimkörper, und zwar ohne jede Rücksicht auf die Widerstandsfähigkeit
der Unterlage, producirt. Auch die sitzenden Statoblasten sind bei PL repens im Allgemeinen
kleiner als bei fungosa, im Uebrigen ist keine Differenz nachweisbar.-Die Behauptung Kraepelins, dass
die typische repens-Form der sitzenden Statoblasten entbehre (1. e. S. 123), kann ich nach meinen Erfahrungen
nicht bestätigen.
Ich komme zum Gesamtbau der Kolonien.
Der Habitus beider Formen in ihren typischen Vertretern ist ein so verschiedener, dass noch
Allman sie ohne Bedenken in besondere Genera einreihte, und in der That scheint dies beim ersten
Anblick gerechtfertigt. Aber schon die coralloide Form von PL fungosa zeigt mit ihren frei aufstrebenden
Aesten eine Annäherung an den Bau von Pl. repens, und diese andererseits entwickelt sich, zumal auf
Körpern von beschränktem Flächenraume, bisweilen zu fungoiden Gebilden. Nicht als ob es, wie Krae-
pelin annehmen möchte, durch das Podium bedingt wäre, ob eine Pl. fungosa oder repens darauf entstände.
Ich habe vielmehr auf Körpern, welche die freieste Ausbreitung gestatteten, auf Steinen und
Nuphar-Blättern, unzweifelhafte Alcyonellen, andererseits an dünnen Aesten, Schachtelhalmen und Blattstielen
typische Kolonien von Pl. repens zu vielen Malen beobachten und damit feststellen können, dass
der Ort der Anheftung erst in zweiter Linie bei der Ausbildung des Stockes mitwirkt. Immerhin aber
kann er die Veranlassung werden, dass eine Plumatdla sich mehr compact, eine Alcyonella dagegen
flächenhafter gestaltet, und mitunter ist das Ansehen dieser aberranten Formen ein solches, dass es ausser
etwa der mittleren Grösse der Statoblasten*) kaum ein untrügliches Kriterium zu ihrer Unterscheidung gibt
und der Beobachter lediglich auf seine besonderen Erfahrungen angewiesen ist.
Kraepelin hat nun auch hieraus den, wie ich glaube, gewagten Schluss gezogen, dass wir es mit
Varietäten oder gar blossen Wachsthumsformen einer Art zu thun haben. Nicht allein aber, dass selbst
in den extremsten Fällen doch meist noch ein Unterschied im Bau constatirbar bleibt, stellt sich jene
fungoide Bildung — die übrigens auch für PL emarginata charakteristisch ist — bei Pl. repens immer
nur auf weit vorgeschrittenen Entwickelungsstadien ein, so dass die Annäherung beider Arten als eine
s e c u n d ä r e sich kund giebt. Jugendliche Kolonien lassen den Unterschied in unverkennbarer Deutlichkeit
hervortreten. Ich lege Werth darauf, dass ich unter absolut gleichen Bedingungen schon auf
den ersten Lebensstufen den Typus der Alcyonella und Plumatella nachzuweisen im Stande war. Das
schönste Beispiel dieser Art gebe ich auf Taf. I., Fig. 5 in dreifacher Vergrösserung wieder. Die Abbildung
links zeigt eine junge Pl. fungosa (Ale. Flabellum Allm.), die rechts eine Pl. repens, beide auf demselben
Stadium mit 8 resp. 9 voll entwickelten Polypiden. Beide sind hervorgegangen aus geschlechtlich
erzeugten Embryonen, die sich offenbar gleichzeitig an der Unterseite des nämlichen Blattes (Nuphar
luteum), wenige mm. von einander entfernt, angeheftet hatten — eine Gleichheit der innern und äussern
Bedingungen, wie sie das genaueste Experiment nicht vollkommener hätte darstellen können. Und doch»
welche augenfälligen Unterschiede sind hier zu Tage getreten. Bei PL fungosa die breiten (50—55 p)
gedrungenen Cystide, die scharfe Kielung, die dichtgehäuften Mündungen, der tiefbraune Belag der
Cuticula; bei Pl. repens die schmale (circa 40p), langgezogene Form, die weitentfernten Polypide, die lichte
Färbung. Ich sehe kein Mittel, eine solche Differenz hier anders als durch innere, ererbte Eigentümlichkeiten
zu erklären.
Aehnliche Verhältnisse sind mir, wiewohl selten so schlagend, zu ungezählten Malen entgegengetreten
und sie haben mich wesentlich in der Ansicht bestärkt, dass die Selbständigkeit beider Arten,
die auch mir lange zweifelhaft war, einstweilen aufrecht zu halten sei.
In Fig. 6 u. 7, Taf. I, habe ich noch einige andere auf den ersten Lebensstufen befindliche
Kolonien, alle geschlechtlich entwickelt, zusammengestellt.
*) Die „alcyonelloido P lu m a t e l la welche Kraepelin in Nr. 2 der Tabelle S. 113 anführt, halte ich nach d er Grösse
-der Statobl. für eine wirkliche Alcyonella, ebenso wie die „vasenförmige P l u m Nr. 4, die er in Fig. 110 auch abbildet.