dem die secundaren contractilen Vacuolen, welche ventralwärts von der Hauptvacuole sich ansammeln eine
gewisse Grösse erlangt haben, erfolgt die Systole der Hauptvacuole, indem die dünne Plasmawand durchbrochen
und der Inhalt der Vacuole nach aussen entleert wird. Gleichzeitig damit fliessen die secundaren
Vacuolen zu einer neuen Hauptvacuole zusammen, die wiederum durch eine dünne Plasmaschicht nach
aussen abgeschlossen ist.
Der Makronucleus (N) ist gross, kugelig und feinnetzig gebaut. Er wird gewöhnlich von
mehreren (bis zu 3) kleinen, dicht anliegenden Mikronuclei (ncl) von feinkörnigem Bau begleitet; letztere
besitzen eine dünne Kernmembran. Der Kern wird durch den Strom des Entoplasmas umhergeführt und ist
gewöhnlich in der hinteren Körperhälfte anzutreffen.
N a ssu la aurea gehört ebenfalls zu den seltneren Infusorien; ich traf sie nur ein einziges Mal»
jedoch in ziemlich grösser Menge. In Lebensweise und Bewegungsart differirt sie gar nicht von der erstbeschriebenen
Art, so dass ich hierauf nicht einzugehen brauche. Die Farbe ist goldgelb, kann aber sehr
wechseln und steht sicherlich mit der Natur der aufgenommenen Nahrung in Beziehung.
N. a u re a ernährt sich mit grösser Vorliebe von Oscillariaceen. Bei der Ergreifung der Nahrung
wird, wie ich schon beschrieben habe, der Schlundapparat vorgeschoben und die Oscillarie gelangt in Folge
des durch die Bewegung der adoralen Wimperzone erzeugten Wasserstrudels in die erweiterte Mundöffnung.
Gleich darauf zieht sich der plasmatische Kragen zusammen und der ganze Schlundapparat wird rasch eingezogen.
Währenddessen passirt die Oscillarie langsam durch den Stäbchenapparat, gelangt in das Entoplasma
und wird später von einem schmalen Flüssigkeitssaum umgeben. Somit erhalten wir eine Nahrungs-
vacuole, in welcher die Oscillarie suspendirt ist (Fig. 39 nki). Dieselbe wird von der lebhaften Protoplasmacir-
culation herumgeführt und erfährt dabei gewisse Veränderungen. Zuerst bemerkt man, dass die scharfen
Grenzen des Oscillarienfadens allmählich zu schwinden beginnen, wobei die Nahrungsvacuole eine blauviolette
Farbe annimmt (Fig. 39 nka und nks), die immer intensiver wird. Bald darauf entstehen im Umkreise der
Nahrungsvacuole kleine blaue Tröpfchen, welche mit den benachbarten zusammenfliessen und grössere Tröpfchen
bilden, die im Körper weiter geführt werden. Auf diese Weise wird bei weiter fortschreitender Verdauung
den Nahrungsvacuolen allmählich der gesammte blaue Farbstoff entzogen und in Tröpfchen im vorderen
Körperende (in der Nähe des Pigmentflecks) angehäuft. In der entfärbten Nahrungsvacuole bleiben schliesslich
einzelne braungelbe Nahrungsreste zurück (Fig. 39 nki), welche per anum ausgestossen werden. In
einigen der blauen Tröpfchen bemerkt man noch 1—2 kleine stark lichtbrechende Körperchen, welche
jedoch erst nachträglich gebildet werden müssen, da ich dieselben bei der Entstehung der blauen Tröpfchen
aus den Nahrungsvacuolen niemals wahrnehmen konnte.
Dieser ganze geschilderte Vorgang wäre folgendermassen zu erklären. Wie bekannt, besitzen die
Oscillariaceen, gleich anderen Cyanophyceen ausser dem Chlorophyll noch zwei andere Farbstoffe; einen im
durchfallenden Lichte blau und im auffallenden roth erscheinenden, schon im kalten Wasser löslichen Farb-
stoff-Phycocyan (Kützing) und einen goldgelben P h y co x an th in (Nägeli), welcher nur in Alcohol löslich
ist.*) Bei der Verdauung wird das Phycocyan, wahrscheinlich mit anderen Substanzen, wie z. B. Oelen oder
Fetten entzogen und bildet dann mit diesen den Inhalt der blauen Tröpfchen, deren Färbung von ihm
*) Näheres über diese Farbstoffe bei M. Kraus (40; pag. 29— 35).
herrührt. Dagegen erscheinen die per anum auszustossenden Verdauungsreste durch den in ihnen enthaltenen
Phycoxanthin goldgelb bis braungelb gefärbt. Auch das chemische Verhalten der Körper spricht für diese
Erklärung. Zerdrückt man eine Nassula unter dem Deckelglase, so lösen sich die blauen Tröpfchen im umgebenden
Wasser vollkommen auf, eine Eigenschaft, die das Phycocyan characterisirt. Behandelt man das
Thier mit kochendem Wasser, so verschwindet die Farbe der blauen Tröpfchen im Thierkörper, indem sie
vom Wasser aufgelöst wird; dasselbe geschieht auch beim Absterben der Thiere. Dief braungelben Verdauungsreste
bleiben aber unverändert, weil das Phycoxanthin in Wasser unlöslich ist; dieselben werden jedoch
von Alkohol entfärbt. Was die kleinen, stark lichtbrechenden Inhaltskörper anbetrifft, die nachträglich in
den blauen Tröpfchen auftreten, so wären sie nach ihrem Verhalten gegen Reagenzien für Fett zu erklären.
Sie sind unlöslich in kochendem Wasser, Pepsinlösung und absolutem Alkohol; dagegen löslich in einem
Gemisch von Alkohol und Aether; und werden von 1% Osmiumsäure geschwärzt. Beim Zerfliessen des Thieres
lösen sich die blauen Tröpfchen in Wasser auf, wogegen die kleinen stark lichtbrechenden Körperchen, welche
in einigen Tröpfchen anzutreffen sind, unverändert Zurückbleiben; sie behalten sogar ihre blaue Färbung,
welche erst nach 2—3 Stunden verschwindet. Auf welche Weise diese Fettkörperchen in den blauen Tröpfchen
entstehen, bleibt noch unerklärt. Gleichfalls unerklärt bleibt auch die Thatsache, wesshalb die blauen
Tröpfchen sich an einer Stelle der vorderen Körperregion ansammeln. Unterwirft man das Thier einer
kleinen Pression (unter dem Deckglase), so werden die blauen Tröpfchen von dieser Stelle fortgeführt und im
ganzen Körper vertheilt. Nach aufgehobener Pression sammeln sie sich von neuem an demselben Orte zusammen.
Die verschiedenen auf einander folgenden Stadien der Verdauung sind in Fig. 39 nki—nki
dargestellt.
Die älteren Beschreibungen von N. aurea sind 'ziemlich mangelhaft, namentlich in Bezug auf die
Körperstreifung und den feineren Bau des Ectoplasmas und Reusenapparates. Die adorale Zone wurde schon
von Stein (60; pag. 112 )in ihrem Verlauf richtig, erkannt. Ebenso ist der eine plasmatische Ring,
welcher den Schlundapparat umgiebt, schon von Lieberkühn (42; unedirte Tafeln) beobachtet worden und der
zweite' erst später von B ü ts c h li (7); letzterer beschrieb auch die in der Mehrzahl vorhandenen Mikronuclei.
Dass die Farbe der blauen Vacuolen von anwesendem Phycocyan herrührt, bemerkte bereits noch Cohn
(19; pag. 44); jedoch gelang es ihm nicht, den ganzen Vorgang der Verdauung zu verfolgen. Die von
Ehrenberg als N. o rn a ta (27; pag. 339—340) und von Du ja rd in als N. viridis (24; p. 495) beschriebenen
Arten sind unzweifelhaft mit N. aurea identisch. Dasselbe gilt wohl auch von Chilodon aureus und
o rn a tu s , Ehrbg. (27; pag. 338), worauf schon Stein (60; pag. 111) seinerzeit hingewiesen hat.