Hodenröhre hinauf völlig freie, allerdings noch unreife Samenkörperchen in zwei oder drei Lagen. Dieselben
haben hier noch das grobkörnige Aussehen, das sie weiter nach unten rasch verlieren. Im Samenleiter
treten sie uns dann in ihrer definitiven Form als reife Spermatozoen entgegen. In solcher Gestalt
präsentieren sie sich als kugelige, hüllenlose Körperchena|$ die an der Peripherie einen platten, ovalen,
starkglänzenden Kern tragen. Ihr Protoplasma ist völlig hyalin, nur in der Nähe des Kernes zeigen sich
zumeist kleine, hellere Körnchen! In diesem Zustande werden sie aus dem prall gefüllten Samenleiter
bei der Begattung entleert. Wie ich mich überzeugt habe, erleiden sie auch in den Geschlechtswegen
des Weibchens keine weitere Umbildung. Ihre Wanderung bis zur Samentasche und weiter bis in den
Ovidukt ist eine aktive, sie erfolgt durch selbständige Bewegungen, durch Pseudopodien. Um dieses anziehende
Phänomen beobachten zu können, isoliert man am besten die Spermatozoen Ich habe sie zu
diesem Zwecke in eine procent. Kochsalzlösung gebracht, wobei ich zur Verhütung einer ■ stärkeren
Goncentratiori von Zeit zu Zeit die verdampfte Flüssigkeit durch destilliertes Wasser ersetzte. • Unter solchen
Kautelen gelang es mir, dieselben oft zwei Stunden lebendig zu erhalten und ihr Pseudopodienspiel
zu verfolgen. Schon bei nicht völlig entwickelten Samenkörperchen vermag man das Vorstrecken und
Wiedereinziehen, das peitschenförmige Schlagen dieser Fortsätze wahrzunehmen; am schönsten aber zeigen
die ausgebildeten, reifen diese Bewegungen, mögen sie dem unteren Abschnitte des Hodens oder dem
Receptaculum entstammen..
Die Formveränderung ist eine äusserst mannichfaltige, und mit vollem Rechte hat man sie mit der
einer Amöbe verglichen. Die Länge der Pseudopodien übersteigt nicht selten das sechs- und siebenfache
des eigentlichen Plasmakörpers (ca. 0,004 mm). Oft ragen sie dann wie starre, dünne Stäbe in gerader
Linie nach aussen vor, so dass sie z. B. von Davaine11) bei Tylenchus tritici in der That als „aiguilles“
angesprochen wurden. Mitunter erscheinen sie als breite und stumpfe Fortsätze, dann wieder sind sie spitz
und schwellen in ihrem Verlaufe oft mehrfach knotenartig an; bald befinden sie sich in! grösser Agilität,
verzweigen sich sogar und bilden Anastomosen, bald ruhen sie eine geraume Zeit und erlangen erst nach
und nach ihre Beweglichkeit wiederb).
So tastend kriechen die Spermatozoen an den Uteruswänden entlang in die Samentasche und höher,
bis sie auf ein noch hüllenloses Ei treffen, um dasselbe zu befruchten.
Die Organisation des Weibchens.
Wie der umbildende Einfluss des Parasitismus sich oft nur beim Weibchen äussert, dann aber meist
in excessivem Maasse hervortritt, so hat auch wohl das Schmarotzerleben an dem weiblichen Rübennematoden
so wesentliche Veränderungen hervorgerufen, dass, wie bereits früher gesagt, auf den ersten Blick seine
Zugehörigkeit zu dem schlanken, agilen Männchen kaum wahrscheinlich erscheint. Schon am Anfang unserer
a) Taf. 1. Fig. 7 b. b) Taf. 1. Fig. 7 c—g.
Darstellung haben wir Gelegenheit genommen, auf den Parallelismus hinzuweisen, der in dieser Beziehung
zwischen Heterodera, Allantonema und Tetrameres besteht. Hier wie dort hat das Weibchen im Einklänge
mit seiner parasitären Lebensweise — und Allantonema ist als protandrischer Hermaphrodit ja die
längste Zeit seines Daseins ein weibliches Geschöpf — die äusseren Kriterien eines Nematoden verloren.
Es ist sessil und unbeweglich zu einem wurstförmigen oder kugeligen, plumpen Gebilde geworden. Die
Ursache dieser auffallenden Turgescenz liegt bei Allantonema wie bei Tetrameres hauptsächlich in der
ausserordentlichen Massenentwicklung seines Genitalapparates, während bei unserer Heterodera noch der
Umstand, dass das Mutterthier später als Brutkapsel die Nachkommenschaft vor Unbilden zu schützen hat,
neben der gleichfalls starken Produktivität an Keimen maassgebend für die gewaltige Schwellung des
Körpers ist.
Seiner Gestalt nach kann man das Weibchen11) von Heterodera Schachtii am besten, wie das Schmidt
schon gethan, mit einer Citrone vergleichen, deren beide Pole etwas ausgezogen sind. Der eine dieser
Fortsätze setzt sich ziemlich scharf gegen den übrigen Leib ab, hat die Form eines Flaschenhalses und
trägt in seiner Spitze einen deutlichen Stachel,, durch den er sich sogleich als das Kopfende des Thieres
dokumentiert. Der andere Fortsatz dagegen zeigt keine so deutliche Abschnürimg, sondern verjüngt sich
ganz allmählich zu einer zapfenförmigen Hervorragung, die an ihrem Ende einen senkrecht zur Medianebene
des Thieres gestellten Spalt, den Vulvaspalt, besitzt. Die Grösse des Weibchens variiert zwischen
0,8 mm und 1,3 mm. Die Breite misst dementsprechend 0,6 oder 0,5 bis 0,9 mm. Die Hauptmasse des
aufgetriebenen Leibes hat das Aussehen eines Ovoides, dessen Begrenzungsflächen jedoch nicht allenthalben
dieselben Krümmungen aufweisen. Die eine, weniger gekrümmte, Fläche ist als Bauchfläche durch den in
ihrer Mittellinie gelegenen Porus excretorius leicht kenntlich, während die andere, mehr oder minder stark
convex gebogene, die Rückenfläche darstellt. Sehen wir uns nach der Lage des Afters um, damit wir uns
über das Hinterende genügend orientieren, so treffen wir denselben auf der dorsalen Seite ganz in der Nähe
der Vulva. Diese sonderbare Stellung ist die Folge einer Dislocation, auf die wir später eingehender
zurückkommen werden; denn ursprünglich befindet sich der After, wie bei allen Nematoden, auf der Bauchseite.
Ein eigentliches Schwanzende existiert also beim Weibchen nicht; der Bauch geht kontinuierlich in
den Rücken über. Die Farbe der weiblichen Heterodera ist ein gelbliches Weiss, so dass es schon desshalb
unmöglich wird, sich ohne Zerzupfung oder anderweitige Präparationen eine Einsicht in dessen Organisation
zu verschaffen.
Die äussere. Bedeckung wird, wie beim Männchen, von einer Cuticula gebildet, die in die drei
charakteristischen Schichten zerfällt1*). Sie besitzt jedoch eine weit bedeutendere Dicke, und ist infolgedessen
auch weniger elastisch und biegsam; nur am Vorder- und Hinterende wird sie schmächtiger und
verliert dort auch ihre undurchsichtige Beschaffenheit. Im Gegensätze zum Männchen fehlt ihr jene ausgezeichnete
Ringelung; dafür aber ist die Oberfläche mit feinen Vorsprüngen und Höckerchen bedeckt,
die der Haut ein eigenthümliches granuliertes Aussehen geben. Diese Protuberanzen halten meist eine horizontale
Richtung ein, aber bei ihrer nicht ganz regelmässigen Vertheilung ordnen sie sich in mannigfaltig
geformte Züge; sie verschlingen sich unter einander und treten bald mehr, bald weniger dicht
a) Taf. 1. Fig. 9. b) Taf. 1. Fig. 13.