des Darmes ein: Die Kontraktionen der muskulösen Aussenschicht schreiten nun allmählich vom
Schwänze nach dem Kopfende fort. Die Körnermasse der Medullarsubstanz schiebt sich nach vorn und
sammelt sich direkt hinter der noch immer eingesenkten Stecheischeibe an und treibt den Kopftheil,
dessen Wand noch schlaff ist, zu einer Kugel auf. Der ursprünglich länglich' ovale embryonale Kern-
haufen ist gleichfalls nach vorn gerückt und hat jetzt eine mehr rundliche Form angenommen. Schliesslich
schnüren sich aueh die Kopfwandungen zusammen, und die Stachelscheibe wird, indem die allseitig
eingeengte Medullarsubstanz nach Art eines Stempels gegen ihre Mitte vordrängt, mit ziemlicher
Kraft und Schnelligkeit nach aussen hervorgeschleudert. Die Haken machen dabei eine Drehbewegung
und zwar derart, dass die früher nach oben gekehrten Spitzen zuuächst nach auswärts und dann nach
hinten schlagen und die neben und über ihnen befindlichen Gewebspartien zerreissen.
Nachdem nun der Embryo vermittelst der jetzt schräg abwärts gerichteten Kopfstacheln sich in
der Wunde genügend befestigt hat, so erschlafft seine Muskelhülle. Der Embryo verliert seine
schlanke Gestalt und kehrt allmählich zu seiner ursprünglichen Flaschcnform zurück. Da nun
infolgedessen der Längsmesser sich um eine immerhin ansehnliche Strecke verkürzt, das vordere
Leibesende aber, der nach hinten gerichteten grossen Kopfhaken wegen, in der Wunde festgehalten
wird, so heben sich die grossen Stacheln des aboralen Leibespoles aus der Chitin
bedeckung des Darmes heraus und das Schwanzende wird frei. Um nun die Entfernung zwischen dem
Kopf (dem Bohrapparate) und dem Schwänze (dem Stützpunkte) möglichst zu verringern, krümmt der
Embryo sich wiederum bogenförmig zusammen, drückt seine spitzen abwärts gerichteten Schwanzstacheln
ein entsprechendes Stück oberhalb des ersten Stützpunktes in die Dannwandung ein. Streckt nun der
Embryo sich wiederum gerade aus, so wird sein Kopf fest in die Wunde hineingedrückt und nun kann
das Rostellnm von neuem seine Bohrthätigkeit beginnen, ohne, dass der junge Wurm Gefahr läuft,
durch den stetig sich bewegenden Darminhalt mit fortgerissen zu werden.
Das Schauspiel der Hervorschleuderung des Rostellum wiederholt sieh viele Male; der Embryo
dringt infolge dessen immer tiefer und tiefer in die Wandung des Darmes ein, bis er schliesslich einen
für seine Ernährung passenden Ort findet und hier zur Ruhe kommt.
Die ersten Anfänge der postembryonalen Entwickelung.
Oesohielitliclier Tj eberblick.
Rudolf L e u c k a r t 1) machte im Jahre 1857 einen äusserst interessanten Fund. Bei der Untersuchung
des mit dem Detritus einer grossen Anzahl durch die Verdauungssäfte zerstörter Gammarinen
erfüllten Magens von Gadus Iota entdeckte er einige kleine Kratzerlarven, die in ihrer Rüsselbilduug
den im Darme befindlichen geschlechtsreifen Echinorhynchen sehr nahe standen, und schliesst daraus,
*) Bericht über die wissenschaftlichen Leistungen in der Naturgeschichte der niederen Thiere. Archiv für
Naturgeschichte. 23. Jahrg. 1857. pg. 192.
dass Gadus Iota ctajjgaCnitiv» Wirth « 1er in dem Gammarus pulex eine Zeit lang lebenden Kratzer-
larve sei.
Die gleiche Beobachtung machte van B en e d e n 1) an einer Scholle — Plcuronectns platassa—,
die er im Monate April an der Küste gefangen hatte. Der Darm war von einer grossen Menge von
Echinorhynchen auf den verschiedensten Entwickelungsstufen vollgepfropft, während der Magen noch die
Ucberreste der Kruster, welche diese Echinorhynchen eingeführt hatten, enthielt.
Schon im darauffolgenden Jahre gelang es L e u c k a r t 2) auf experimentellem Wege den Nachweis
zu liefern, dass Echinorhynchus proteus seine erste Entwickelung in der Eeibeshöhle des gemeinen
Flohkrebses durchläuft. Die mit der Nahrung aufgenommenen Embryonen verlassen die durch die Einwirkung
der Verdauungssäfte erweichten Hüllen und durchbohren die Wand des Darmkanales. Schon
nach Verlauf einiger Tage sieht man sie frei in der Leibeshöhle der Gammarinen zwischen den Ein«-e-
weiden und den Muskelsträngen umherkriechen. Diese Wanderungen dauern mehrere Wochen, während
welcher Zeit der Embryo ohne wesentlich sich zu verändern auf 0.6—-0,7 mm heranwächst. Die Weiterentwickelung
knüpft an den nucleusartigen Körper, der schon im Eie sichtbar war, an. Anfangs ein
Ballen von anscheinend körniger Beschaffenheit, nimmt er allmählich eine deutliche zellige Struktur an.
Unter rascher Grössenzunahme beginnt er sich zu strecken und durch bestimmte Gruppierung seiner
Elemente sich in einen Organconiplex zu verwandeln, den man nach einiger Zeit als den jungen
Echinorhyndms erkennt. Die Schnelligkeit, mit der sich der junge Echinorhynchus vergrössert, ist so beträchtlich,
dass er bei Beginn der vierten Woche bereits den ganzen Larvenkörper, der jetzt 1 mm misst,
durchwachsen hat. Der Eclnnorhynchus hat allmählich das Uebergewicht bekommen und den Embryonalleib
in eine mantelartige Hülle verwandelt. Inzwischen haben aber auch die äusseren Gestaltsverhältnisse
sich geändert. Das bis dahin immer noch dickere Kopfende bleibt gegen den stärker sich auftreibenden
Mittelkörper zurück, bis schliesslich die frühere, konische Leibesform mit einer spindelförmigen vertauscht
ist. Diese Gestalt behält der Embryo bis zur Abstreifung der Embryonalhaut, was gewöhnlich bei einer
Länge von etwa 1,3 mm eintritt. Hat nun die als ein konischer Zapfen hervorschauende Rüsselanlage
ihre definitive Hakenbewaffnung erhalten, so zieht sie sich durch Einstülpung in den Körper
zurück. Die gesammte Entwickelung vom ausschlüpfenden Embryo bis zum fertigen, eirunden, der
Uebertragung in den definitivem Wirth harrenden Echinorhynchus, nimmt einen Zeitraum von 8 bis 10
Wochen in Anspruch.
G r e e f f 3) züchtete aus den orange-rothen Echinorhynehuslarven, welche in der Flussgarneele
der Bonner Umgebung häufig gefunden und von Z e n k e r 4) als zwei verschiedene Species: Echinorhynchus
miliar ius"\m<\ Echinorhynchus diß/uens beschrieben wurden, indem er sie an zwei junge Enten verfütterte,
den geschlechtsreifen Echinorhynchus polymorphns. Da G r e e f f keine Infectionsversuche an den
*) Mémoire sur les Vers Intestinaux. Supplément aux Comptes rendus hebdomadaires des Séances de l’Académie
des Sciences. 1861. pg. 286.
2) Heiminthologische Expérimentaluntersuchungen. III. üeber jEcJrinorhynchvs. Nachrichten von der G. A.
Universität und der Ivönigl. Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen. 1862. Nr. 22, pg. 433 — 447.
3) Untersuchungen über den Bau und die Naturgeschichte von EcMnorhynchus miHarht». Archiv für Naturgeschichte.
1864. pg. 98— 140.
4) Commentatio de Gammari pulicis historia naturali. Jenae, 1832. pg. 18.